Werner knallhart

Washington oder Berlin: Welche Hauptstadt ist cooler?

Die mächtigste Frau der Welt regiert auch künftig aus Berlin, und nicht aus Washington. Punkt für uns. Aber wie punkten die beiden Metropolen ansonsten? Ein ziemlich subjektiver Vergleich.

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Welche Hauptstädte besonders wichtig sind
Athen Quelle: dpa Picture-Alliance
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Die Führungsnation der freien Welt hat sich eine einigermaßen kompakt anmutende Hauptstadt ausgesucht. Washington mit offiziell rund 600.000 Einwohnern - gerade mal doppelt so viele wie Karlsruhe, nach dessen Vorbild in Washington die Straßen um das Weiße Haus herum drapiert wurden: fächerartig. Ganz bewusst dem Karlsruher Schloss nachempfunden. Während das rechteckige Straßenmuster Manhattans ja von Mannheim inspiriert ist. Kein Witz! Aber ich schweife ab.

Washington ohne das Umland ist den Einwohnern nach so groß wie Düsseldorf. Aber bei aller Liebe zum Rheinland: Washington wirkt irgendwie mondäner. Und was fällt einem ein beim Wort mondän? Berlin natürlich. Nein? Doch, doch. DOCH! Deshalb lohnt mal ein Vergleich Washington/Berlin. Also, welche Stadt punktet wo?

1. Die Wahrzeichen

Das ist ja pipi-einfach. Denn witzigerweise gibt es zu den jeweiligen Sehenswürdigkeiten immer ein Pendant.

von Silke Fredrich, Nora Jakob, Katharina Matheis, Nico Hornig, Jana Reiblein

a. Das Weiße Haus und Schloss Bellevue. Beide sind weiß, beide liegen an einem Park. In beiden arbeiten Präsidenten. 0 zu 0 unentschieden.

b. Das Kapitol und der Reichstag. Beide haben eine Kuppel, aber in der vom Reichstag kann man von oben in den Plenarsaal gucken. Und wenn der Hausmeister die Spiegellamellen in der Kuppel exakt ausrichtet, kann er die Redner im Bundestag blenden wie mit einem riesigen Geodreieck. Kein Wunder, dass der Reichstag das meistbesuchte Parlamentsgebäude der Welt ist. 1 zu 0 für Berlin.

c. Washington Monument und Siegessäule. Das Washington Monument ist eine 169 Meter hohe weiße Säule aus Marmor. Die Berliner Siegessäule kommt nur auf 67 Meter. Dafür hat sie eine goldene Viktoria oben drauf und sieht nicht aus wie ein riesiger Interdental-Stick. Hmm. Einerseits, andererseits. Das Washington Monument bietet dank der Höhe eine bessere Aussicht auf die Stadt. Verdammt! Aber Moment, das hat die Siegessäule gar nicht nötig. In Berlin gibt es den riesigen Fernsehturm mit Drehplattform. Sticht! 2 zu 0 für Berlin.

2. Museen

Die renommierteren Museen hat Berlin zu bieten. Dazu kommen die geschichtsträchtigen Originalschauplätze und die Mahnmale, die Touristen aus aller Welt in ihren Bann ziehen. In Washington herrscht dafür in praktisch allen Museen freier Eintritt: auch im beeindruckenden Museum zur amerikanischen Geschichte und im berühmten Holocaust-Museum. Die Museen in Washington sind voll mit Familien mit Kindern. Museum als Wochenendausflug für jeden. Und Besucher werden meist durch Rundgänge mit Leitsystem durch die Ausstellung gelotst. Praktisch! Beide Städte punkten. Aktueller Stand: 3 zu 1.

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3. Die Hamburger

Wer mal so einen richtig geilen Hamburger essen will, der fährt nach Berlin. Ja, ernsthaft! Ich war ganz erschüttert über die Qualität der Burger in D.C. Selbst in renommierten Burgerläden kamen sie meist eher drüsch und mit wenig originellem Belag daher. Highlights: gebratene Pilze und Blauschimmel-Soße. Leckerer Standard. Wer aber richtig viel drauf haben will, muss extra bezahlen und kommt da schnell auf 15 Dollar pro Burger. Und dann das Brötchen! Kinners, ich weiß, Deutsche meckern immer übers Brot im Ausland, aber ich hätte einmal fast Butter dazu bestellt. Und keine Mayo weit und breit.

Unschlagbar: Berliner Hamburger

In Berlin toppen das die heimischen Läden leicht: mit Sojabällchen, Halloumi, Sauerkraut, gegrilltem Gemüse, Aioli, Bio-Rind, Büffelmozzarella, Birne und Ziegenkäse.

Auch, wenn man in D.C. immerhin gefragt wird, wie lange man sein Rindfleisch gebraten haben will: Gegen einen Berliner Hamburger kommen die Amis nicht mehr an.

4 zu 1 für Berlin.

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4.  Preise im Café

Der Kaffee schmeckt in Washington bis auf den neu aufköchelnden Filterkaffee hier und da genauso wie in Berlin. Aber die Preise liegen allesamt auf oder über Starbucks-Niveau. Einen schönen Cappuccino für 2 Euro 20, das gibt es nur in Berlin.

Und noch ein Wort zum Werner-knallhart-Croissant-Index: Ja, in Deutschland schmecken Croissants nicht selten nach Toastbrot. Aber wer weiß wo, bekommt herrlich duftende, knusprig-zarte Exemplare für zwischen 1 bis 2 Euro sogar im Café.

In Washington wirbt eine Bäckereikette derzeit mit "zwei Croissants für 5 Dollar". Einzelpreis gerne mal um die 3 Dollar 50. Plus Steuern plus 15 Prozent Trinkgeld. Dazu die neueste Marotte am Wochenende: Einige Cafés in Washington schalten das WLAN aus. Damit die Leute nicht so lange bleiben. 5 zu 1 für Berlin.

5. Fahrrad fahren

In Berlin sind Fahrradfahrer die natürlichen Feinde der Autofahrer. In Washington ist Radfahren so neu, da konnte dieser Hass noch nicht gedeihen. Auf dem Rad fühlt man sich in D.C. geradezu als der Schützling der Autofahrer. Zum Glück, denn Radwege gibt es nur in ruhigen Wohngebieten, also dort, wo sie nicht stören. Auf den vierspurigen Hauptstraßen geht man auf zwei Rädern fast unter. Aber weil nicht so gerast wird wie in Berlin, wird man nicht so schnell totgefahren.

Der Clou: In Washington kann seit 2010 jeder, der eine Kreditkarte hat, innerhalb von Sekunden ohne Mitgliedschaft ein Fahrrad an einer Station ausleihen. Auch Touristen.

Nachteil in Washington ist der Erfolg des Systems. Morgens sind die Stationen in den Wohngebieten leergefegt, die Stationen rund um die Büros downtown überfüllt. Man wird das Rad dann dort nicht los. Abends ist es umgekehrt. Parkplatzprobleme für Fahrräder. Mehr Stationen wären die Lösung.

In Berlin muss man Mitglied sein. Das schreckt Touristen ab. Außerdem muss das Rad wurschtelig mit einem Bügelschloss verrammelt werden. In Washington schnappen die Räder in der Station ein und werden automatisch verriegelt. Fertig. Punkt für D.C. Stand: 5 zu 2.

In Berlin will keiner Präsident werden

Ab 2017 wird das aber wohl umschlagen. Die Deutsche Bahn kooperiert in Berlin zukünftig mit Lidl. Die beiden bieten dann 3500 Räder an, die man innerhalb des Stadtbahnrings an jeder Straßenecke abstellen kann - ganz ohne Abstellstationen.

6. Busse und Bahnen

Berliner, die sich in ihren Bussen und Bahnen vor Ärger ein Magengeschwür holen, sollten schnell eine Therapiestunde in der Metro von Washington machen. Dort sind zentrale Stadtteile wie das hippe Viertel Adams Morgan komplett vom U-Bahn-Verkehr abgeschnitten. Aber mit den unzuverlässigen, seltenen, lauten Bussen fährt man dort nur im Notfall. Wer online nach Fahrplänen sucht, erntet Fehlermeldungen. Von modernen Doppeldecker-Metrobussen wie dem Berliner M29, der alle fünf Minuten kommt, träumen die Washingtoner noch nicht mal, weil einfach zu absurd.

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Ich habe auf die Uhr geguckt: Wenn die rumpeligen, in Urzeiten mit Teppichboden ausgelegten U-Bahnen in D.C. in einem Bahnhof stehen bleiben, dauert es bis zu sechs Sekunden, bis die Türen endlich öffnen. Die Zeit reicht, um sich ausführlich darüber zu wundern. In Berlin sausen die Türen schon auf, da rollt der Zug noch. Irre! In Deutschland, dem Land der sonst oft so begrenzten Möglichkeiten!

6 zu 2 für Berlin.

Immerhin: In Washington gibt es Carsharing Car2go aus Stuttgart. Klappt aber nicht für ausländische Besucher, selbst wenn die in Europa Car2go-Kunden sind. Nach zehn Minuten beidseitigen Rätselratens über die Gründe an der Telefon-Hotline kam raus: "Geht nicht wegen Datenschutz." Das gleiche für Amerikaner in Europa. TTIP hilf!

7. Wetter

Berlin und Washington haben eins gemeinsam: In beiden Städten vergessen die Menschen über den Sommer, dass danach der Winter kommt. Fällt die erste Schneeflocke, bricht alles zusammen. In Berlin eher der Bus- und S-Bahn-Verkehr, in Washington der Autoverkehr (Busse und Bahnen schwächeln dort ja rund ums Jahr). Winterreifen sind unüblich, der Räumdienst kommt nicht nach. Ganze Straßenzüge werden gesperrt.

Den Washingtonern muss man aber zugutehalten: Lange, klirrend kalte, verschneite Winter sind eher in Berlin zu erwarten. Dafür sind die schwül-heißen Sommer in Washington nur vor der Klimaanlage zu ertragen. Wer weg kann, flieht. Berlin hingegen ist mit trockenen, milden Sommern gesegnet. Der Sommer geht an Berlin, der Winter an Washington. Ein Punkt für beide.

Endstand: 7 zu 3 für Berlin.

Da fragt man sich wirklich, was das Gekloppe ums Präsidenten-Amt in Washington sollte. Und in Berlin will's keiner werden.

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