Westerwelle und der Kampf gegen den Krebs Das zweite Leben

Von Guido Westerwelle hat man seit seiner Krebserkrankung nicht viel gehört. Jetzt meldet sich der Ex-Außenminister zurück: ein Buch, Titelseite in der „Bild“, Gespräch im „Spiegel“. Doch angekommen ist er noch nicht.

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Der ehemalige Außenminister Guido Westerwelle im September 2015 in Berlin. Quelle: dpa

Berlin Im April letzten Jahres war Guido Westerwelle zum ersten Mal seit seiner Zeit als Außenminister wieder in New York. An einem wolkenlosen Morgen joggte er eine Runde durch den Central Park, bis ihn ein stechender Schmerz im rechten Knie zum Aufhören zwang: der Meniskus. Die Sportverletzung, so ärgerlich sie war, hat dem ehemaligen FDP-Chef wohl das Leben gerettet.

Zurück in Deutschland, bei den Voruntersuchungen für die geplante Meniskus-OP, stellten die Ärzte fest, dass Westerwelle an akuter myeloischer Leukämie erkrankt war. Zu Deutsch: Blutkrebs, einer der besonders gefährlichen Art. Die Nachricht – nur ein halbes Jahr nach dem Abschied aus dem Auswärtigen Amt – löste damals nicht nur im Berliner Politbetrieb Entsetzen aus.

In der Universitätsklinik Köln musste sich Westerwelle sofort einer Chemotherapie unterziehen. Im Herbst vergangenen Jahres bekam er dort auch eine Knochenmark-Transplantation. Seither war es still um ihn. Über seine Erfahrungen mit der Krankheit hat der 53-Jährige nun ein Buch geschrieben: „Zwischen zwei Leben. Von Liebe, Tod und Zuversicht.“

Die „Bild-Zeitung“ druckte am Freitag erste Auszüge. Auf der Titelseite dazu ein Selfie-Foto, das Westerwelle während der Chemo gemacht hatte: im Klinikbett, mit Kanüle am Körper, ohne Haare auf dem Kopf. Parallel zu der „Bild“-Veröffentlichung gab er dem „Spiegel“ in einem langen Interview Auskunft, wie es ihm heute geht. „Schlimm war, als ich dachte, ich muss sterben. Ich wollte und ich will unbedingt weiterleben. Sie glauben gar nicht, was der Mensch alles aushält.“

In dem 240-Seiten-Buch erzählt Angela Merkels ehemaliger Vizekanzler auch, wie er im Juni 2014 von der Diagnose erfuhr: „Völlig unvorbereitet, ohne die geringsten Symptome, gewissermaßen zufällig und aus heiterem Himmel.“ Recht schnell stellte sich dann heraus, dass die Chemotherapie allein nicht reichen würde, um den Blutkrebs zu besiegen. Zu viele Chromosomen defekt, die Krebszellen extrem verändert.

Keine zwei Monate nach der Diagnose sollte Westerwelle deshalb Knochenmarks-Stammzellen bekommen, was die Überlebenschancen deutlich erhöht. Kurz vor der geplanten Transplantation gab es jedoch neue Komplikationen: Der Spender sprang plötzlich ab. Neue Ängste. Im September gelang es dann doch. Anschließend verbrachte Westerwelle viel Zeit auf Mallorca, wo er ein Haus hat.

Inzwischen geht es ihm deutlich besser. Die Haare sind wieder gewachsen. Er hat jetzt eine andere Blutgruppe, die des neuen Spenders. Westerwelle nennt das sein „zweites Leben“. Voll angekommen ist er aber noch nicht. Aus der Nähe sieht man ihm die Spuren noch an. An das neue Immunsystem muss sich der Körper erst noch gewöhnen. Westerwelle muss regelmäßig Medikamente nehmen. Zwischenzeitlich musste er wegen einer Lungenentzündung zurück in die Klinik.

Mittlerweile zeigt sich Westerwelle aber auch wieder häufiger in der Öffentlichkeit. Vor ein paar Wochen sprach er in Berlin auch ein paar Worte auf einem Empfang der „Westerwelle Foundation“, der Stiftung, die er nach dem Wahldebakel der FDP gegründet hatte. Nächster Termin ist am Sonntag, die Buchpremiere im Berliner Ensemble.

Dann wird gewiss auch sein langjähriger Partner Michael Mronz dabei sein, der ihm über die letzten Monate hinweggeholfen hat. Dem Ehemann ist auch das Buch gewidmet: „Für Michael. Den Mann meiner zwei Leben.“

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