Whistleblower-Schutz Korruptionsbekämpfung leichter gemacht

In Deutschland besteht offenbar für Informanten im Bereich der Korruptionsbekämpfung eine Schutzlücke. Die soll nun geschlossen werden. Die Justizministerkonferenz will einen entsprechenden Beschluss fassen.

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Im Bereich der Korruptionsbekämpfung sind Ermittler auch auf Informationen Dritter angewiesen. Quelle: dpa

Berlin Die Justizminister der Länder drängen darauf, den Schutz von Informanten im Bereich der Korruptionsbekämpfung zu verbessern. Das Bundesjustizministerium werde „um Prüfung gebeten, ob und in welcher Weise Vertrauenspersonen zur Korruptionsbekämpfung, die von Stellen der öffentlichen Verwaltung mit dieser Aufgabe betraut worden sind, in den Schutzbereich der strafprozessualen Schutzvorschriften für Berufsgeheimnisträger aufgenommen werden sollten“, heißt es in einem Beschlussvorschlag von Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) für die Herbstkonferenz der Justizminister am 9. November in Berlin hervor. Das Dokument liegt dem Handelsblatt vor.

In einer Vorabstimmung im Strafrechtsausschuss, einem Gremium, das mit Fachleuten der Landesjustizverwaltungen besetzt ist, haben zehn der 16 Länder für den Vorstoß aus Berlin votiert, sechs stimmten dagegen. Der Vorschlag zielt darauf ab, den betreffenden Personen ähnlich wie Rechtsanwälten, Ärzten oder Journalisten im Strafverfahren ein Zeugnisverweigerungsrecht einzuräumen. Damit wären sie nicht gezwungen, die Quelle für ihre Informationen offenzulegen. Die Hinweisgeber, sogenannte Whistleblower, blieben demnach anonym.

„Der Whistleblower-Schutz ist ein wichtiger Teil der Korruptionsbekämpfung“, sagte Berlins Justizsenator Behrendt dem Handelsblatt. „Es wäre wünschenswert, wenn sich der Gesetzgeber durch eine Klarstellung in der Strafprozessordnung zum Whistleblowing bekennt.“

Die Initiative Berlins kommt nicht von ungefähr. Denn Whistleblower, also Personen, die helfen, Missstände, Korruption oder Gesetzesverstöße in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aufzudecken, genießen hierzulande kaum Schutz. Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag von 2013 zwar zugesichert, die internationalen Vorgaben zum Whistleblower-Schutz zu überprüfen, doch geschehen ist bislang nichts.

Durch die „Paradise Papers“ erhielt das Thema diese Woche eine neue Aktualität. Zumal auch erst vor kurzem das EU-Parlament mit einer Resolution die EU-Kommission aufforderte, bis Jahresende einen Vorschlag vorzulegen, wie Whistleblower geschützt werden können. Neben Berlin wollen auch Bremen und Hamburg die Justizministerkonferenz nutzen, in der Whistleblower-Frage Druck auf den Bundesgesetzgeber zu machen.


„Wer nachweislich Unrecht aufdeckt, verdient rechtlichen Schutz“

„Wer nachweislich Unrecht aufdeckt, verdient den Schutz unseres Rechtssystems“, sagte Bremens Justizsenator Martin Günthner (SPD) dem Handelsblatt. Er begrüße daher das Bestreben auf europäischer Ebene, wichtigen Hinweisgebern per Gesetz mehr Sicherheit zu garantieren. Es sei aber „dringend notwendig, dass wir auch auf nationaler Ebene prüfen, inwieweit es hier einer gesetzlichen Regelung zum Schutz von Whistleblowern bedarf“.

Ähnlich äußerte sich der Hamburger Justizsenator Till Steffen (Grüne). „Mutige, die rechtswidrige Vorgänge aufdecken und dadurch dem öffentlichen Interesse dienen, müssen besser vor Strafverfolgung oder Kündigungen geschützt werden. Hierfür brauchen wir gesetzliche Regelungen, wie wir es bereits im Juni 2016 auf der Justizministerkonferenz beschlossen haben und auf der kommenden erneut besprechen werden“, sagte Steffen dem Handelsblatt.

Vor einem Jahr hatten die Länderjustizminister in einem Beschluss gefordert, den deutschen Whistleblower-Schutz, der sich auf „vereinzelte Vorschriften und Einzelfallentscheidungen von Gerichten“ beschränke, auf den Prüfstand zu stellen. Seinerzeit baten die Minister die Bundesregierung um Prüfung, ob der Schutz von Hinweisgebern einer gesetzlichen Regelung bedürfe. „Es ist unbefriedigend, wenn Menschen, die Steuerbetrug in Millionenhöhe aufdecken, sich dann vor Gericht wiederfinden“, pflichtete Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) seinerzeit der Forderung seiner Länderkollegen bei. Allerdings hat die Große Koalition den Prüfauftrag einfach liegen gelassen.

Berlin setzt das Thema nun wieder auf die Tagesordnung. Angesichts noch immer fehlender ausreichender Möglichkeiten zum Schutz von Hinweisgebern werde es weiterhin als notwendig erachtet, „zu prüfen, inwieweit es hier einer gesetzlichen Regelung bedarf“, heißt es in der entsprechenden Beschlussvorlage. „Dies betrifft auch die Frage, ob und inwieweit den Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern Vertraulichkeit zugesichert werden kann.“ Im Strafrechtsausschuss der Justizministerkonferenz stimmten vorab zehn Länder für die Vorlage, vier votierten mit nein und zwei enthielten sich.

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