Winterkorn-Debatte FDP schlägt Gehaltskorridor für Top-Manager vor

Die hohen Rentenbezüge für Ex-CW-Chef Winterkorn haben eine neue Debatte über die Vergütung von Top-Managern ausgelöst. FDP-Wirtschaftsminister Wissing fordert schärfere Regeln. Auch SPD und Grüne sehen Handlungsbedarf.

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Erhält auch als Rentner sehr hohe Bezüge: Ex-VW-Chef Martin Winterkorn. Quelle: dpa

Berlin Dass der frühere Vorstandschef von Volkswagen, Martin Winterkorn, nach seinem vertragsgemäßen Ausscheiden bei dem Autobauer satte Rentenbezüge erhält, ist eigentlich wenig verwunderlich. Denn Volkswagen hatte für Winterkorns Pensionsansprüche bereits im Frühjahr 2015 eine Rückstellung von knapp 29 Millionen Euro gebildet.

Das sogenannte Ruhegehalt für Winterkorn – festgesetzt als Anteil von 70 Prozent an der letzten Grundvergütung – beläuft sich demnach auf rund 1,2 Millionen Euro oder umgerechnet knapp 3100 Euro pro Tag. Die Rechnung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dennoch ist die Empörung nun groß, zumal Winterkorn als ehemaligem VW-Chef eine große Mitverantwortung für den Abgasskandal angelastet wird.

Deutschlands oberster Aktionärsschützer, DSW-Präsident Ulrich Hocker, nannte den Vorgang eine „Riesensauerei“. Er forderte in „Bild“ eine Kündigungsklausel für Konzerne: „Wenn Top-Manager einem Unternehmen nachhaltig geschadet haben, müssen die Unternehmen die Rente deutlich reduzieren oder sogar vollständig einfrieren können.“

Dass der Dieselskandal VW und seinen Aktionären massiv geschadet hat, sei unstrittig, so Hocker. Eine Mitschuld hat Winterkorn aber immer bestritten. „Ich tue dies im Interesse des Unternehmens, obwohl ich mir keines Fehlverhaltens bewusst bin“, ließ er im Herbst 2015 nach seinem Rücktritt verlesen. Sein Fall wirft dennoch ein Schlaglicht auf die Vergütung von Managern. Das Thema hat die Politik schon länger auf dem Schirm. Durch Winterkorn erhält die Debatte nun neue Nahrung.

Der Wirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz, Volker Wissing (FDP), sprach sich für mehr Transparenz bei der Vergütung von Top-Managern aus. „Ich bin für eine Publizitätspflicht. Aktiengesellschaften sollten verpflichtet werden, im Aufsichtsrat für jede Führungsposition einen Gehaltskorridor festzulegen und dies zu veröffentlichen“, sagte Wissing dem Handelsblatt. „Das hat den Vorteil, dass das Gehalt abstrakt mit der Position verknüpft wird und nicht mit einer bestimmten Person.“

Eine Abweichung von diesem Gehaltskorridor sollte nach Wissings Vorstellung einen Beschluss der Aktionärsversammlung erfordern. „Dann wird öffentlich und transparent über das Gehalt gesprochen und Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter können ihre Positionen dazu darstellen“, sagte der FDP-Politiker.


Grünen-Vorstoß gegen „goldene Betriebsrenten“

Die SPD hält eine härtere Gangart bei der Vergütung von Managern für unabdingbar und hat dabei die gesamte Wirtschaft im Blick. Vor allem bei der Bezahlung von Boni sehen die Sozialdemokraten Regulierungsbedarf. „Die Frage, wie wir mit unangemessenen Boni umgehen, geht weit über das Aktienrecht hinaus. Denn Boni werden nicht nur in Aktiengesellschaften gezahlt“, sagte der Vize-Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, dem Handelsblatt. „Da die Wirtschaft aber nicht in der Lage zu sein scheint, aus eigener Vernunft Selbstbedienungsmentalitäten abzustellen, wird die SPD-Fraktion im Januar einen klaren Vorschlag machen, welche gesetzlichen Regeln wir einziehen wollen.“

Auch die Grünen sehen Handlungsbedarf. Fraktionsvize Kerstin Andreae kündigte einen eigenen Gesetzesvorstoß gegen erhöhte Managergehälter, Abfindungen und Rentenansprüche an. „Es geht hier nicht um Neid, sondern darum, dass Winterkorn mit rund 93.000 Euro im Monat eine Rente bekommt, die höher ist, als die Jahreseinkommen der meisten Deutschen“, sagte Andreae. Für einen Teil davon müssten die deutschen Steuerzahler aufkommen, da das Unternehmen steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten nutze. Ebenso für überhöhte Gehälter, Boni und Abfindungen.

Andreae kritisiert, dass Winterkorn eine „große Mitverantwortung“ für den Abgasskandal trage, dies aber keine finanziellen oder rechtlichen Auswirkungen habe. „Leidtragende sind vor allem die Beschäftigten, denn ihnen drohen in den kommenden Monaten Gehaltskürzungen oder der Verlust ihres Arbeitsplatzes.“

Winterkorn sei aber kein Einzelfall, betonte die Grünen-Politikerin. Und daher seien endlich wirksame Regeln nötig, „damit diese goldenen Betriebsrenten nicht auch noch von der Allgemeinheit mitfinanziert werden“.

Nach den Vorstellungen der Grünen soll die Vergütung von Vorständen börsennotierter Unternehmen künftig von der Hauptversammlung beschlossen werden. Dabei solle die steuerliche Abzugsfähigkeit auf 500.000 Euro begrenzt werden, damit die Allgemeinheit exorbitante Gehälter nicht länger mitfinanzieren müsse.

Bonuszahlungen müssten zudem am Gewinn orientiert sein und dürften künftig zusammen mit anderen variablen Gehaltsbestandteilen wie Tantiemen und Aktienoptionen maximal ein Viertel des Gesamtgehalts ausmachen. Erfolgsbeteiligungen sollten überdies künftig grundsätzlich langfristig orientiert sein, und ihnen solle auch die Beteiligung an den Verlusten des Unternehmens gegenüberstehen. Um mehr Transparenz bei den Vergütungen zu erreichen, sei zudem die Vergütung aller Organmitglieder jährlich offenzulegen.

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