Wirtschaft im Weitwinkel

Wirkungslose Wahlprogramme gegen steigende Mieten

Die Wohnungspreise und Mieten in den Metropolen steigen und steigen. Alle Parteien haben sich dieses Themas angenommen und Lösungsvorschläge im Wahlprogamm. Bringt die Wahl etwa die Wende? Wohl kaum.

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Diese Städte machen Mieter arm
Die StudieWie viel muss man für das Leben in ein den größten Metropolen der Welt bezahlen? Diese Frage stellte sich die Deutsche Bank und verglich die Preise in 47 Städten weltweit verglichen. Neben Mietpreisen wurden auch andere Lebenshaltungskosten berücksichtigt, wie zum Beispiel Kosten für Sprit, die Mitgliedschaft im Fitnessstudio oder für ein Date. Fest steht: Für das Metropolenflair müssen die Städter einen hohen Preis bezahlen. Die Ergebnisse der Studie in Übersicht.Quelle: Deutsche Bank Quelle: dpa
Platz 19: FrankfurtDie Metropole am Main ist ein teures Pflaster: Um 20 Prozent legten die Preise im Vergleich zum vergangenen Jahr zu – unter den Top 30 des Deutsche-Bank-Ratings ist das der höchste Mietanstieg. Kein Wunder – schließlich wird Frankfurt nach dem Brexit alternativ zu London als Standort für Banken gehandelt. Der Bedarf an Wohnraum nimmt also zu. 1463 US-Dollar zahlen Mieter für eine durchschnittliche Dreizimmerwohnung. Unter die Top 10 der teuersten Städte hat es jedoch keine deutsche Stadt geschafft... Quelle: dpa
Platz 10: Tokio... dagegen ein japanische. Wer in Tokio leben möchte, muss im Schnitt 2010 Dollar für die Miete berappen. Bei den weiteren Lebenshaltungskosten sticht Tokio vor allem in einem ungewöhnlichen Bereich hervor: Fitnessstudios. Diese sind in Tokio im Schnitt am teuersten. Gut 129 Dollar zahlt man da, um nach dem Feierabend zu schwitzen. In Frankfurt sind es gerade einmal gut 45 Dollar. Quelle: dpa
Platz 9: SydneyDie australische Metropole gilt als eine der Städte mit der höchsten Lebensqualität weltweit – dementsprechend hoch sind auch die Lebenshaltungskosten. Für eine Dreizimmerwohnung in mittlerer Lage muss man im Schnitt 2134 Dollar monatlich aufwenden. Quelle: REUTERS
Platz 8: BostonDie US-Metropole an der Atlantikküste ist vor allem für ihr Massachusetts Institute of Technology (MIT) bekannt, welches vor den Toren der Stadt an der University of Cambridge beheimatet ist. Aber auch die Lebenshaltungskosten können sich sehen lassen. Im Schnitt zahlt man für die Dreizimmerwohnung 2225 Dollar Miete. Quelle: AP
Platz 7: ParisDie Stadt der Liebe hat neben ihren zahlreichen Sehenswürdigkeiten auch eine sehr hohe Lebensqualität zu bieten. Entsprechend hoch sind auch die durchschnittlichen Monatsmieten, die man in Paris für eine Dreizimmerwohnung in mittlerer Lage zahlen muss: 2289 Dollar. Quelle: dpa
Platz 6: EdinburghIn Sachen Lebensqualität steht Edinburgh sehr gut da. Platz zwei auf der Deutsche-Bank-Rangliste ist demnach vor allem der Gesundheitsversorgung und der geringen Zeit, die Pendler im Verkehr stecken, geschuldet. Die monatlichen Kosten für die Dreizimmerwohnung aus dem Index kommt allerdings schon fast an New Yorker Verhältnisse heran. 2361 Dollar kostet die entsprechende Miete. Quelle: REUTERS

Tatsache ist, dass die Wohnungspreise kräftig steigen. Im zweiten Quartal verteuerten sich Eigenheime gegenüber der Vorperiode um beachtliche 1,9 Prozent. Davor ging es langsamer aufwärts, wodurch der jährliche Preisanstieg mit aktuell 5,3 Prozent gut einen Prozentpunkt niedriger als 2016 ausfällt. In den sieben größten Städten steigen die Preise dagegen fast doppelt so schnell. Hier ziehen auch die Mieten spürbar mit rund fünf Prozent jährlich an. Vergessen wird aber oft, dass sich in Abwanderungsregionen Eigentümer freuen können, wenn sie überhaupt einen Käufer oder einen geeigneten Mieter finden.

Dass das Wohnen in strukturschwächeren Regionen günstig ist, nutzt den von hohen Preisen und Mieten geplagten Großstadtbewohnern nichts. Weil Wohnen viele Menschen bewegt, ist es zum Thema im Wahlkampf geworden.

Die Konzepte sind dabei größtenteils „alte Bekannte“: So wollen SPD, Grüne und Linke mit Hilfe des sozialen Wohnungsbaus günstigen Wohnraum schaffen und mit einer verschärften Mietpreisbremse den Mietanstieg verlangsamen. Unionsparteien und FDP wollen dagegen den Mietwohnungsbau durch ausgeweitete Abschreibungsmöglichkeiten ankurbeln. Mit Zuschüssen für Familien wollen SPD und Unionsparteien den Eigentumserwerb erleichtern. Letztere wollen wie auch die FDP Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer einführen, damit der Eigenheimkauf nicht an hohen Nebenkosten scheitert.

Doch kann mit diesen Maßnahmen die Lage am Wohnungsmarkt nachhaltig entspannt werden? Zweifel sind berechtigt, weil das Kernproblem nicht gelöst wird. Die zugespitzte Lage auf den Wohnungsmärkten in Groß- und Universitätsstädten resultiert aus einem kräftigen Zuzug in die Städte, dem ein über viele Jahre zu geringer Neubau gegenüber gestanden hat. Dadurch sind viele regionale Wohnungsmärkte wie leergefegt. Dieses knappe Angebot treibt zusammen mit dem hohen Wohnungsbedarf und der verbesserten wirtschaftlichen Lage vieler Haushalte die Mieten nach oben.

Die Kaufpreise steigen zudem durch niedrige Hypothekenzinsen. Dagegen kommt der dringend benötigte Wohnungsbau nicht in Fahrt, erstens weil Bauflächen fehlen und zweitens weil die Kapazitäten der Bauwirtschaft schon ausgelastet sind.

In diesen Städten gibt es bezahlbare Wohnungen
Umweltbewusste-Sparfüchse auf viel Raum Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz-13: München Quelle: dpa
Platz-12: Frankfurt am Main Quelle: AP
Platz-11: Stuttgart Quelle: dpa
Platz-10: Hamburg Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz-9: Düsseldorf Quelle: dpa
Platz-9: Berlin Quelle: dpa

Parteien gießen Öl ins Feuer

Der Engpass Bauland wird auch nach der Wahl fortbestehen. Mit diesem konfliktträchtigen Thema verprellt man aber eher Wähler als das man neue dazugewinnt. Schließlich geht der Ausweis von Bauflächen oft mit ausgeprägtem Widerstand, etwa von Anwohnern oder Umweltschützern einher, die sich Gedanken um den Charakter ihres Wohnviertels, Schul- und Kita-Plätze, die schon stark belasteten Verkehrswege und um eine lebenswerte Umwelt machen.

Am fehlenden Geld scheitert der Neubau dagegen nicht. Schließlich suchen viele Investoren händeringend nach Anlagemöglichkeiten, entsprechend hoch ist die Immobiliennachfrage.

Die Ideen der Parteien gießen also noch zusätzlich Öl ins Feuer. Sie sorgen für weithin steigende Immobilienpreise: Mit Steuervorteilen, Eigenheimzuschüssen und Mitteln für den sozialen Wohnungsbau werden die Nachfrage nach Grundstücken, Wohnimmobilien sowie Bauleistungen wie auch insgesamt die Preise weiter in die Höhe getrieben.

Risiken und Nebenwirkungen für den Immobilienmarkt

Mit den Konzepten sind darüber hinaus weitere Risiken und Nebenwirkungen verbunden: In Sozialwohnungen leben mit der Zeit immer weniger Bedürftige; nach Schätzungen ist etwa die Hälfte davon „fehlbelegt“. Regulierende Markteingriffe wie die Mietpreisbremse, die sich bislang als wirkungslos erwiesen hat, lösen das Problem fehlender Wohnungen auch nicht – im Gegenteil, damit werden eher Investoren verschreckt. Aber auch die Eigenheimförderung verfehlt ihr Ziel. Dort wo Wohnungen knapp sind, werden die Zuschüsse schnell auf die Kaufpreise aufgeschlagen. Andernorts können die Zuschüsse Bauwillige dazu verleiteten, sich finanziell zu überfordern. Und finanzkräftigere Bauherren kommen ohne Zuschüsse aus.

Nach der Wahl keine Entspannung in Sicht

Unter dem Strich wird der Wahlausgang die Lage am Wohnungsmarkt nicht entspannen. Zum einen sind Lösungen für mehr Wohnbau wie ein forcierter Baulandausweis, vereinfachte Bauvorschriften oder die Qualifizierung von Baufachkräften eher langfristig angelegt, zumal hier zum Teil auch eher Länder und Kommunen verantwortlich sind.

Auch lässt sich auf die Schnelle der über viele Jahre aufgestaute Wohnungsmangel nicht beseitigen. Die Hoffnung auf ein baldiges Ende des steigenden Preis- und Miettrends in den Ballungsräumen wird sich zerschlagen. Werden die Parteikonzepte wie geplant realisiert, werden sie sogar statt günstiger Wohnungen eher Marktverzerrungen und Belastungen für den Steuerzahler hervorbringen.

Daran scheitert der Immobilienkauf
Hinein-ins Eigenheim? Quelle: dpa
Entfernung-um Arbeitsplatz Quelle: dpa
Hohe-Auflagen und Forderungen der Bank Quelle: dpa
Soziales-Umfeld Quelle: dpa
Passende-Lage Quelle: dpa
Das-passende Grundstück Quelle: dpa
Bau- und Sanierungskosten Quelle: dpa

Allerdings dürfte das Tempo des Preis- und Mietanstiegs allmählich nachlassen: Allein schon wegen des erreichten Niveaus können sich immer weniger Haushalte die Preise oder Mieten leisten. Zudem hat die Bautätigkeit angezogen und sorgt sukzessive für ein steigendes Neubauangebot. Und die angezogene Inflation lässt die Realeinkommen langsamer steigen.

Unter dem Strich ist davon auszugehen, dass die Wohneigentumspreise zwar weiter steigen, aber mit etwas weniger Tempo. Damit steigt auch das Blasenrisiko langsamer, sodass die Finanzaufsicht nicht auf ihre neu geschaffene Kreditbremse treten muss.

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