Wohlstandsillusion Der gefährliche Boom

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Deutschland ist anfällig

Deutschland ist wegen seiner auf Hochtouren laufenden Konjunktur besonders anfällig. „Langfristig kann Deutschlands Wirtschaft ohne Überlastungsschäden nur mit Raten von höchstens 1,5 Prozent wachsen“, sagt Stefan Kooths, Konjunkturchef am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW): „Der Boom mag sich gut anfühlen, doch er legt die Saat für die nächste Krise“. Am Ende könnte Deutschland wieder werden, was es zu Beginn des Jahrtausends schon einmal war: der kranke Mann Europas.

Hongkong ist nach Ansicht der IMD Business School der attraktivste Ort für Unternehmen. Deutschland ist nicht unter den besten zehn zu finden. Im Bereich Digitalisierung sieht es noch schlechter aus.

Dass dies keineswegs übertrieben ist, zeigen die Erfahrungen Frankreichs. Am Anfang des vergangenen Jahrzehnts hatte die EZB mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Schwäche Deutschlands die Leitzinsen in der Eurozone auf 2,0 Prozent gesenkt. Für die boomenden Länder im Süden Europas und für Frankreich war das viel zu niedrig. Das billige Geld aus Frankfurt bescherte unserem Nachbarn im Westen einen Konsum- und Immobilienboom – und nahm den Reformdruck von der Regierung.

Von 2003 bis 2005 legte die Wirtschaftsleistung in Frankreich deutlich stärker zu als in Deutschland, der Wachstumsvorsprung lag bei 1,4 Prozentpunkten. Zugleich aber liefen die Löhne aus dem Ruder, von 2000 bis 2005 sprangen die Lohnstückkosten in Frankreich um 10 Prozent in die Höhe – ähnlich stark wie in Deutschland seit 2009. Als  Frankreichs Boom  im Zuge der Finanzkrise platzte, stürzte die Wirtschaft ab. Wegen der zuvor aufgebauten Verzerrungen der Produktionsstruktur und der zunehmenden Eingriffe der Regierung in die Wirtschaft hat sie sich bis heute nicht richtig von dem Einbruch erholt.

Die wettbewerbsfähigsten Länder der Welt 2017

„Feuert die EZB den aktuellen Boom in Deutschland weiter mit Billiggeld an, droht Deutschland das gleiche Schicksal wie Frankreich“, warnt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank.

Wie der konsumgetriebene Aufschwung Deutschland langfristig schadet, wie sehr die  Immobilien hierzulande bereits überbewertet sind, warum wir in Zukunft mit einer Insolvenzwelle rechnen müssen und welche Probleme sich hinter Deutschlands Exportüberschüssen verbergen, erfahren Sie in der neuen  WirtschaftsWoche. Mit dem WiWo-Digitalpass erhalten Sie die neue Ausgabe bereits am Donnerstagabend in der App oder als eMagazin. Alle Abo-Varianten finden Sie auf unserer Info-Seite.

Wie entsteht ein Boom-Bust-Zyklus?

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