Zehn Jahre Hartz IV Hartz IV hat den Bund über 400 Milliarden Euro gekostet

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Die Kostenexplosion bei Hartz IV

Ende 2005 summierten sich die Bundesausgaben für die Hartz-Reformen auf 35 Milliarden Euro. Hinzu kamen die Ausgaben der Kommunen, die unter anderem die Wohn- und Heizausgaben der Bedürftigen tragen; sie beliefen sich auf zehn Milliarden Euro.

Auch in den Folgejahren überstiegen die realen Kosten immer wieder die Beträge, mit denen das Finanzministerium gerechnet hatte.

2004 noch hatte der damalige SPD-Finanzminister Hans Eichel 18,7 Milliarden Euro aus Steuermitteln für die bisherige Arbeitslosenhilfe ausgegeben – die Sozialhilfe schlug noch einmal mit rund zehn Milliarden Euro zu Buche.
Nach einem Jahr Hartz IV stand fest: Der Bund gibt mehr Geld aus und bei den Hartz-IV-Beziehern kommt weniger an als zu Zeiten von Sozial- und Arbeitslosenhilfe.

Im Osten Deutschlands herrscht die größte Armutsgefahr
Ein Mann bettelt auf der Königsstraße in Stuttgart: Auch wenn es auf dem Bild nicht so aussieht: In Baden-Württemberg sind mit 11,4 Prozent die Menschen am wenigsten von Armut bedroht. Die Armutsgefährdung beginnt in Deutschland etwa für einen Alleinlebenden, wenn sein Monatseinkommen unter 892 Euro liegt. Quelle: dpa
Direkt dahinter liegt Bayern mit einem Armutsrisiko von 11,3 Prozent. Quelle: dpa
Der Mond scheint in Frankfurt am Main durch einen leichten Wolkenschleier auf den Fluss und die illuminierte Ignatz-Bubis-Brücke. Die Armutsgefährdungsquote liegt im Bundesland Hessen bei 13,7 Prozent. Quelle: dpa
14,0 Prozent der Menschen in Schleswig-Holstein sind armutsgefährdet. Quelle: dpa
In Rheinland-Pfalz sind 15,4 Prozent der Einwohner von der Armut bedroht. Quelle: dpa
Direkt dahinter reiht sich Niedersachsen mit dem großen Unternehmen Volkswagen ein. Hier liegt die Armutsgefährdung bei 16,1 Prozent. Quelle: REUTERS
Die Armutsgefährdungsquote in Hamburg liegt bei 16,9 Prozent. Quelle: dpa

Laut Angaben der "FAZ" hat der Bund von 2005 bis 2013 rund 313 Milliarden Euro ausgegeben; die Kommunen löhnten 92 Milliarden Euro. Ein Großteil der Ausgaben belief sich auf das Arbeitslosengeld II, zu dem die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe zusammengeführt wurden. Mit rund 200 Milliarden Euro sollen die Ausgaben den Bundeshaushalt bis dato belasten.

Doch Hartz IV hat nicht nur Geld gekostet. Peter Hartz, der Vorsitzende der Hartz-Kommission, sagte der "FAZ": Die Reform habe „dazu beigetragen, dass die Arbeitslosigkeit deutlich gesunken ist und wir die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa haben.“

Die Kritiker der Rot-Grünen Arbeitsmarktreformen sehen solche positiven Änderungen nicht. So räumte der Kölner Armutsforscher Christoph Butterwegge im Interview mit WiWo Online zwar ein, dass die Zahl der Arbeitslosen gesunken sei – das sei aber nur statistische Makulatur. Warum, erklärte er anhand der Erwerbsaufstocker:

Angestellte, deren Gehalt unter dem Hartz-IV-Niveau liegt, können es aufstocken lassen. Aktuell gibt es 1,3 Millionen solcher Aufstocker. „Dafür gab die Bundesregierung seit 2005 allein 75 Milliarden aus“, sagte Butterwegge. „Das sind Subventionen vom Staat, die Unternehmen belohnen, die Lohndumping betreiben.“

So hätten es beispielsweise Billiganbieter von Postdienstleistungen mit Hilfe des Bundes geschafft, die Deutsche Post zu zwingen, prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen – um wettbewerbsfähig zu bleiben. „Zu welchem Zweck?“, fragte Butterwegge. „Die offizielle Statistik wurde geschönt – wir haben weniger Arbeitslose.“

Das große Problem: „Das Arbeitsvolumen hat seit der Jahrtausendwende gar nicht zugenommen. Es ist nur anders verteilt worden. Heute gibt es mehr prekäre Beschäftigung, mehr Leiharbeit und mehr nicht immer gewollte Teilzeit.“

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