Zerstörung des Great Barrier Reef „Gabriel macht Deutschland zur Lachnummer“

Die staatliche KfW-Bank finanziert einen Kohlehafen in Australien, der als Gefahr für das zum Weltnaturerbe zählenden Great-Barrier-Riffs gesehen wird. Trotz lauter Kritik schreitet die Bundesregierung nicht ein.

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Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD): Wegen umstrittener KfW-Projekte in der Kritik. Quelle: dpa

Berlin Die Grünen haben Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) scharf dafür kritisiert, dass er eine Entscheidung über die Finanzierung von Kohleprojekten im Ausland der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) weiter verzögert. Im April habe die Bundesregierung „großspurig verkündet“, die Exportförderung für Kohlekraftwerke ernsthaft zu überprüfen. „Nach massivem Druck aus der Kohlelobby hat Gabriel das Thema jetzt auf eine unendliche Warteschleife geschickt“, sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer Handelsblatt Online.

„Das ist eine faktische Beerdigung der bisher einzigen, substanziellen Klimaschutzmaßnahme dieser Bundesregierung.“ Damit führe der Wirtschaftsminister wieder einmal vor, dass Klimaschutz für diese Bundesregierung ein nachrangiges Thema sei.

Das Bundeswirtschaftsministerium will den Bundestag erst im Herbst darüber informieren, wie sie zur Förderung von Kohlekraftwerken im Ausland  über die KfW steht. Das geht aus einer Handelsblatt Online vorliegenden Antwort des Ministeriums auf eine entsprechende Frage Krischers hervor.

Das Thema ist brisant, nachdem  jüngst die Grünen und Umweltschützer von Gabriel verlangt hatten, er solle sich als Vorsitzender des KfW-Verwaltungsrats dafür einsetzen, dass die KfW-Bank die Mitfinanzierung eines Hafens zur Kohleverladung nahe dem geschützten Great Barrier Reef in Australien unterlassen solle. Die KfW-Tochter Ipex-Bank ist mit 110 Millionen Euro am Ausbau des Kohlehafens Wiggins Island beteiligt.

Krischer hält eine Vertagung der Entscheidung für inakzeptabel.  „So wird Deutschland international vom Vorreiter zur Lachnummer“, sagte er. Immer wenn es konkret werde, hat in dieser Bundesregierung Kohle Vorrang vor Klimaschutz. Die Arbeitsteilung sehe so aus: Umweltminister Barbara Hendricks (SPD) mache Klimaschutzappelle und Gabriel schaffe Kohle-Fakten.


„Aus dem einstigen Klima-Vorreiter wird ein lahmer Gaul“

Hendricks hatte kürzlich angekündigt, die Ausfuhr von Technologien zur Gewinnung oder Verstromung von Kohle nicht mehr zu fördern. Eine solche Unterstützung, wie sie derzeit beispielsweise von der staatlichen KfW-Bank gewährt wird, passe nicht zur Politik des schrittweisen Ausstiegs aus der Kohlenutzung, hatte sie gesagt.

Doch noch scheut die Große Koalition eine eindeutige Festlegung. Beim Klimaschutz gebe die Bundesregierung ein „jämmerliches Bild“ ab, kritisierte jüngst auch Grünen-Chefin Simone Peter. „Aus dem einstigen Vorreiter wird so ein lahmer Gaul.“ Was den Grünen missfällt, ist nicht nur der KfW-Deal in Australien, sondern dass die Staatsbank seit 2006 rund 2,8 Milliarden Euro für die Finanzierung von Kohlekraftwerken im Ausland zugesagt hat.

Das passt nicht ins Bild einer Klimakanzlerin Angela Merkel (CDU), die Deutschland in Sachen Energiewende immer wieder als Vorreiter für andere Länder rühmt. Denn eigentlich soll der deutsche Treibhausgas-Ausstoß bis 2020 rund 40 Prozent niedriger sein als 1990. Doch Stand heute werden nur 33 Prozent geschafft. Und das trotz der Ökostrom-Förderung von derzeit über 20 Milliarden Euro im Jahr.

Dennoch wird die Bundesregierung nicht müde, auch von anderen Staaten ehrgeizige Zusagen einzufordern, um die klimaschädlichen Treibhausgase zu reduzieren. „Mit der Natur kann man nicht verhandeln“, sagte Umweltministerin Hendricks vergangene Woche beim Petersberger Klimadialog in Berlin. „Das Zögern muss aufhören.“


Merkel peilt verbindliche Klimaziele an

Das informelle Treffen von Vertretern aus rund 35 Staaten sollte Lösungsmöglichkeiten auf dem Weg zu einem Weltklimavertrag ausloten, der bis Ende 2015 stehen soll. Erklärtes Ziel ist es, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen. Spätestens bis März 2015 müssen dafür alle Staaten ihre Minderungsziele übermitteln.

Bundeskanzlerin Merkel will die deutsche G7-Präsidentschaft nutzen, damit ein Vertrag zustande kommt, indem sich 194 Staaten erstmals zu verbindlichen Zielen verpflichten sollen. Merkel sieht es als eine historische Pflicht an, dass die Staaten, die viel Treibhausgas ausgestoßen haben, anderen Staaten beim Aufbau CO2-armer Ökonomien helfen.

Merkel erhofft sich auch, auf diese Weise Deutschlands zuletzt angekratzten Vorreiter-Ruf in Sachen Klima wieder aufzupolieren. Deshalb wird auch die Finanzierung von Kohlekraftwerken im Ausland durch die staatliche KfW-Bank überprüft – Ende offen.

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