Insofern hat sich Merkel bei allem Triumphgejubel ihrer Anhänger einen zweifelhaften Erfolg beschert. Sicher, wenn sie die absolute Mehrheit geschafft hätte – wovon in der CDU-Führung freilich niemand überhaupt geträumt hatte -, dann hätte sie nicht nur einen historischen Erfolg erzielt, sondern auch Handlungsfreiheit gewonnen. Denn bei aller Unzufriedenheit der Euro-Abweichler in den eigenen Reihen: Wer von ihnen hätte wegen der Währung die mit ein oder zwei Stimmen Vorsprung regierende Kanzlerin gestürzt? Gar um den Preis von Neuwahlen und den Verlust des eigenen Mandates?
So aber ist der Union ein Pyrrhussieg gelungen. Zumal der Erfolg, die Vorsitzende mag es erst einmal freuen, in der Tat allein dem Vertrauenskapital Merkels zu verdanken ist. Aber was bleibt eigentlich inhaltlich von der CDU übrig, wenn Merkel einmal weg ist? Das Alleinstellungsmerkmal der Christenunion ist in der Tat, dass sie Merkel in ihren Reihen hat.
Gezeigt hat diese Wahl auch, dass es durchaus auf die richtige Wahlkampfstrategie ankommt. Zu besichtigen ist das vor allem bei den kleinen Parteien. Die Grünen können zwar beklagen, dass die Pädophiliedebatte natürlich im Wahlkampf besonders ungelegen kam. Aber entscheidend waren andere Themen: Die ethische Säuberung der Speisekarten beispielsweise, durch die Essensdiktatur per Veggieday.
Eigentlich eine Belanglosigkeit, aber andererseits ein Sinnbild für das grüne Bevormundungspotential. Und erst recht die Steuerpläne, die gerade in manchem politisch gespaltenen Besserverdienerhaushalt Diskussionen ausgelöst haben dürften. Um es mit einem hübschen Klischee zu beschreiben: Vielleicht hat der bestverdienende Manager seiner Grün-wählenden Ehefrau vorgerechnet, dass es nach den Steuerplänen von Trittin und Co. knapp wird, ihren Porsche Cayenne zu betanken, um zum Bio-Supermarkt zu fahren und die Öko-Karotten für die Lieben daheim zu besorgen.
Zudem spielten die Ökopaxe den scheinbaren Vorteil ihres in einer Urabstimmung schlau herausgemendelten Spitzenduos nicht aus. Die als Köder für bürgerliche Wähler gedachte Katrin Göring-Eckart führte sich in Ton und Inhalt fast aggressiver und sozialistischer auf als der Vormann des linken Flügels, Jürgen Trittin.
Nicht minder bei der FDP. Sie hat sich – auch mangels Heldentaten in den vergangenen zwei Jahren - nicht als marktwirtschaftliches Korrektiv des Koalitionspartners präsentieren können, sondern allenfalls als mehrheitsbeschaffendes Anhängsel. Höhepunkt dieser Magerbilanz war die Angstschweiß verströmende Zweitstimmenkampagne ohne jeglichen Inhalt jenseits von Machterhalt und Merkelfron.
Das angesichts der ökonomisch fragwürdigen Eurorettungspolitik gerade viele Wähler der FDP den Rücken kehrten, ist dann schon weniger verwunderlich. Den Liberalen war es nicht gelungen, ihren inneren Widerspruch zu klären oder zu erklären: Bedingungslose Europapartei und Partei der ökonomischen Vernunft – das passt nun nicht mehr zusammen.
Trotzdem fehlt jetzt auch noch das leiseste Stimmchen, das sich gegen den bemutternden Mehltaustaat erheben könnte. Ein relatives Glück noch für die FDP, dass es auch die Alternative für Deutschland nicht in den Bundestag geschafft hat. Denn sie wäre dann das für alle bürgerlichen Wähler sichtbare Kontrastprogramm zur CDU gewesen. So müssen beide – FDP und AfD – in der außerparlamentarischen Opposition überwintern.