Annegret Kramp-Karrenbauer im Interview „Die Länder lassen sich nicht kaufen“

Die saarländische Schulministerin Annegret Kramp-Karrenbauer fordert klare Ziele für den Bildungsgipfel.

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Annegret Kramp-Karrenbauer Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Bundeskanzlerin Angela Merkel lädt im Oktober zum Bildungsgipfel. Wird dabei mehr herauskommen als ein paar schöne Bilder?

Kramp-Karrenbauer: Die Menschen erwarten, dass mehr herauskommt. Zweck des Treffens ist es, dass die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin klare Ziele für die Bildungspolitik und die verbindliche Umsetzung vereinbaren.

Welche Ziele könnten das sein?

Wir sollten etwa vereinbaren, die rund acht Milliarden Euro, die bis 2015 durch den Rückgang der Schülerzahlen in den Bundesländern frei werden, im Bildungssystem zu belassen. Zudem könnte man Quoten vereinbaren, die dazu anspornen, dass mehr Kinder mit Migrationshintergrund höhere Schulabschlüsse erzielen. Feste Ziele sollte es auch geben, um die Zahl derjenigen zu erhöhen, die mit einer Berufsausbildung ein Hochschulstudium beginnen.

Fromme Wünsche im Bereich Bildung gab es immer mal wieder. Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Ziele diesmal erreicht werden?

Wir sollten einen klaren Fahrplan erstellen, wann welche Ergebnisse überprüft werden, und auch pädagogische Ansätze auswerten, die Erfolge sichern.

Viele Ministerpräsidenten haben keine Lust auf den Gipfel, sie reklamieren die Zuständigkeit der Länder in der Bildungspolitik. Wie viel Milliarden muss die Kanzlerin lockermachen, um die Länder ins Boot zu holen?

Die Länder werden sich ganz sicher nicht kaufen lassen. Jeder Versuch des Bundes, die Länder an einem goldenen Zügel in eine Richtung zu ziehen, ist kontraproduktiv. Aber gegen eine gelungene Kooperation spricht nichts – etwa so wie beim Ausbau der Krippenplätze. So etwas geht nur mit Vereinbarungen auf Augenhöhe. Ein Negativbeispiel war das rot-grüne Ganztagsschulprogramm des Bundes. Viele Länder fühlten sich durch diesen Alleingang des Bundes in eine Richtung gedrängt, die sie nicht wollten.

Wo sind Kooperationen möglich?

In meiner Funktion als saarländische Bildungsministerin habe ich Vorschläge gemacht, wie ich mir bei der Sprachförderung von Migrantenkindern oder bei der Sozialarbeit an Brennpunktschulen Kooperationen vorstelle. Da können wir Dinge mit schon vorhandenen Aktivitäten des Bundes oder der Kommunen verzahnen. Und was den Bund anbelangt: Wenn von dort kluge Vorschläge kommen, sollte man sicherstellen, dass diese nicht mit anderer Leute Geld finanziert werden.

Wo wird es Konflikte mit SPD-geführten Ländern geben?

Bei Fragen nach der Gliederung des Schulsystems, einer längeren Grundschulzeit oder verpflichtenden Ganztagsschulen gibt es grundlegende Unterschiede zwischen Union und SPD.

Ist der Bildungs-Föderalismus nicht längst gescheitert? Brauchen wir mehr Zentralismus in der Bildungspolitik?

Sicher, die Menschen spüren Nachteile, wenn sie zum Beispiel von einem Bundesland in ein anderes umziehen. Deshalb sage ich: Die Länder haben auch eine Bringschuld. Wenn sie die Zuständigkeit für die Bildung haben, dann müssen sie in bestimmten Bereichen gemeinsam handeln, sodass Freizügigkeit oder die Anerkennung von Abschlüssen gewährleistet sind. Wer das nicht schafft, untergräbt die Akzeptanz des Systems. Aber es gibt ja durchaus Fortschritte: Die Länder haben jetzt gemeinsame Bildungsstandards für den Haupt- und Realschulabschluss mit entsprechenden Lehrplänen. Jetzt arbeiten wir an Standards für das Abitur und an einem gemeinsamen Aufgabenpool.

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