Abspaltung Schottische Nationalisten hoffen auf Unabhängigkeit

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Schottland soll seine eigenen Steuern festlegen

Ein unabhängiges Schottland sei ökonomisch stark genug, um alleine zu überleben. Das Pfund Sterling, kontrolliert von der Bank of England (BoE), wolle Schottland behalten und auch weiterhin Mitglied der EU und der Nato bleiben. Wer das Gegenteil behaupte, betreibe lediglich eine Einschüchterungskampagne. Pyle ist überzeugt: Wenn das mit Öl und erneuerbaren Energien gesegnete Schottland endlich seine eigenen Steuern festlegen, eintreiben und ausgeben könne, werde dies zu höheren Investitionen, mehr Jobs und zu einem besseren Lebensstandard führen.

Konkret werde eine künftige schottische Regierung die Körperschaftsteuer um drei Prozentpunkte unter das Niveau von Großbritannien senken und die Steuer für Flugreisende um 50 Prozent kürzen, um so den Tourismus anzukurbeln, sagt Pyle. Seinen rhetorischen Schliff und sein selbstsicheres Auftreten hat er in der PR-Abteilung der Royal Bank of Scotland (RBS) und als Berater von Alex Salmond, dem „First Minister“ (Ministerpräsident) von Schottland und SNP-Chef, gelernt. Jetzt sucht der schottische Nationalist vor allem den Dialog mit den Unternehmen, um sie von den Vorteilen der Unabhängigkeit zu überzeugen.

Doch hier herrscht große Skepsis. Sollte es künftig Grenzen und Zölle zwischen Schottland und England geben, wäre dies für den bilateralen Handel verheerend, sagt Robert Wood, UK-Chefvolkswirt bei der Berenberg Bank. „Wir verkaufen mehr schottische Produkte nach England als in die restliche Welt, und bisher wissen wir nicht einmal, ob wir künftig eine gemeinsame Währung haben werden“, sagt der Labour-Politiker und Ex-Finanzminister Alistair Darling, Leiter der „Better Together“-Kampagne. Dass ein abtrünniges Schottland das Pfund behalten könne, stößt im Süden des Landes auf geballten Widerstand: „Wer Großbritannien verlässt, verlässt auch das Pfund“, polterte Finanzminister George Osborne und wird hierbei von der Labour-Partei und Notenbankchef Mark Carney unterstützt. Reiner Bluff sei dies, kontert Pyle.

Edinburgh ist nach London das zweitgrößte Finanzzentrum Großbritanniens und traditionell eine Hochburg für das Asset-Management, Pensionsfonds und Lebensversicherungen. Welche Währung, welches Steuersystem und welche Finanzaufsicht es dort geben wird, ist eine entscheidende Frage. Und: Wie steht es mit dem EU-Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen? Eine eigene schottische Aufsicht wäre den Finanzdienstleistern dort ein Graus – sie sorgen sich vor neuen Regeln und höheren Kosten.

Schon plant der Versicherungskonzern Standard Life aus Edinburgh, dessen Kunden zu 90 Prozent außerhalb Schottlands leben, im Falle einer Abspaltung Teile des Geschäfts nach Süden zu verlegen. „Es wird immer klarer, dass unsere Kunden sich Sorgen machen, was im Falle der schottischen Unabhängigkeit mit ihren Ersparnissen passiert“, sagt Katherine Garrett-Cox, Chefin von Alliance Trust und Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank, deren Fondsgesellschaft in Dundee zehn Milliarden Pfund verwaltet.

Die Ratingagentur Standard & Poor’s hält den schottischen Bankensektor ohnehin für viel zu groß, als dass eine kleine, auf sich gestellte Volkswirtschaft die Risiken alleine tragen könnte. Deshalb drängen Banken wie die RBS und die Lloyds Bank darauf, die BoE als Notfall-Kreditgeber zu behalten.

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