Gerade mal 100 Tage ist Theresa May im Amt - und schon muss die britische Premierministerin zurückrudern. Dabei geht es nicht um den Brexit. Mehrere Minister setzen May wegen des geplanten Ausbaus des Flughafens Heathrow unter Druck. Mindestens ein prominenter Tory-Abgeordneter droht gar mit Rückgabe seines Parlamentssitzes. Es ist die erste Revolte gegen die Neue in Downing Street 10. Das Pikante: Auch Außenminister Boris Johnson, der große Zampano beim Brexit-Votum, signalisiert Widerstand - das verspricht heiße Debatten in London.
Dass May den Bau einer dritten Startbahn für Europas größten Flughafen (75 Millionen Passagiere jährlich) favorisiert, gilt als offenes Geheimnis. Um das Dauerthema endlich vom Tisch zu kriegen, peilte sie zunächst eine Abstimmung im Parlament an. Doch der Widerstand in den eigenen Reihen erwischte sie auf dem falschen Fuß. Erste Reaktion: Das Parlamentsvotum ließ sie erst einmal abblasen - nächste Woche will die Regierung eine Art Empfehlung abgeben.
In einem Schreiben an ihre Kabinettsmitglieder gibt die ansonsten so eiserne Lady ihren Widersachern praktisch freie Bahn. Sie hätten „außergewöhnliche und begrenzte“ Freiheiten, ihre Empfehlung zu kritisieren, schreibt May - nur eine Kampagne gegen sie führen dürfen die Startbahn-Gegner nicht. Das erinnert ein wenig an die Freiheiten, die Mays Vorgänger, David Cameron, seinen Ministern in Sachen Brexit zugestanden hatte - am Ende gewannen die EU-Gegner die Schlacht.
Gerungen wird um den Heathrow-Ausbau seit Jahren. Tatsächlich ist der Airport zu 99 Prozent ausgelastet, Verspätungen sind an der Tagesordnung. Auf 23,6 Milliarden Pfund (26,4 Milliarden Euro) werden die Kosten für Bau der Startbahn samt besserer Verkehrsanbindungen veranschlagt. Vor allem die großen Fluggesellschaften sind für die dritte Startbahn, ebenso die britische Wirtschaft. Heathrow gilt als „Airport Number One“, die beste Airport-Adresse am Ort, nicht allzu weit weg von London, mit einer Expressbahn bequem erreichbar.
Doch die Nachteile sind erheblich: Fast 800 Häuser müssten für den Ausbau abgerissen werden, mehrere Hunderttausende Anwohner müssten mehr Lärm ertragen. Experten rechnen mit jahrelangen Protesten von Anwohnern, einschließlich unkalkulierbarer juristischer Grabenkämpfe.
Bester Flughafen Deutschlands
Das Deutsche Kundeninstitut (DKI) hat für WirtschaftsWoche Online die zehn größten Flughäfen Deutschlands untersucht. Ziel war es, die Flughäfen bezüglich ihrer Leistungen, ihres Angebots und der Wahrnehmung durch die Flughafengäste in eine Rangfolge zu bringen. Die Daten stützen sich auf die Befragung bei den Flughafenzentralen zu objetiven Fakten, die Online‐Befragung von 3300 Flughafengästen sowie die Überpfüfung der Kundebetreuung via Mail, Hotline und Social Media durch anonyme Tester.
Ermittelt wurde zum einen der Testsieger „Bester Flughafen Deutschlands“. Zum anderen wurden Rankings für die Unterkategorien „Flugangebot“ (Anzahl der Fluggesellschaften, der angeflogenen Ziele/Länder, Start- und Landebahnen und
Interkontinentalflüge), „Aufenthaltsqualität“ (Ausstattung der Terminals etwa adäquate Sitzmöglichkeiten, Sauberkeit, Waschräume, W‐Lan-Angebote, Gastronomie und Einkaufsangebot, Familienfreundlichkeit sowie Office‐, Freizeit‐ und Entertainmentangebote), „Prozesse“ (effiziente Abwicklung der Prozesse wie Check-In, Security oder verkehrstechnische Anbindung) und „Service“ (Kundenservice per Telefon, E‐Mail und Social Media und die Qualität der Webseite). Die Gewichtung der Kategorien erfolgte nach folgendem Schlüssel: Flugangebot: 25%; Aufenthaltsqualität: 25%, Prozess: 30% und Service: 20%.
Flughafen Berlin‐Tegel
Punkte: 54,6/100
Note: ausreichend
Bestes Flugangebot: Platz acht
Punkte: 12,9/25
Note: mangelhaft
Beste Aufenthaltsqualität: Platz zehn
Punkte: 11,2/25
Note: mangelhaft
Beste Prozesse: Platz zehn
Punkte: 13,4/30
Note: mangelhaft
Bester Service: Platz sechs
Punkte: 17,1/20
Note: sehr gut
Flughafen Stuttgart
Punkte: 66,3/100
Note: befriedigend
Bestes Flugangebot: Platz sieben
Punkte: 13,5/25
Note: ausreichend
Beste Aufenthaltsqualität: Platz acht
Punkte: 16,7/25
Note: befriedigend
Beste Prozesse: Platz acht
Punkte: 19/30
Note: befreidigend
Bester Service: Platz sieben
Punkte: 17.1/20
Note: sehr gut
Airport Bremen
Punkte: 67,3/100
Note: befriedigend
Bestes Flugangebot: Platz zehn
Punkte: 8,3/25
Note: ungenügend
Beste Aufenthaltsqualität: Platz sieben
Punkte: 17,1/25
Note: befriedigend
Beste Prozesse: Platz eins
Punkte: 26,6/30
Note: sehr gut
Bester Service: Platz neun
Punkte: 15,3/20
Note: gut
Airport Nürnberg
Punkte: 68,7/100
Note: befriedigend
Bestes Flugangebot: Platz neun
Punkte: 10,2/25
Note: ungenügend
Beste Aufenthaltsqualität: Platz neun
Punkte: 16,4/25
Note: befriedigend
Beste Prozesse: Platz drei
Punkte: 26,1/30
Note: sehr gut
Bester Service: Platz acht
Punkte: 16/20
Note: gut
Köln Bonn Airport
Punkte: 69,3/100
Note: befriedigend
Bestes Flugangebot: Platz sechs
Punkte: 13,7/25
Note: ausreichend
Beste Aufenthaltsqualität: Platz vier
Punkte: 20,4/25
Note: gut
Beste Prozesse: Platz vier
Punkte: 23,2/30
Note: gut
Bester Service: Platz vier
Punkte: 12/20
Note: ausreichend
Flughafen Hamburg
Punkte: 72,3/100
Note: gut
Bestes Flugangebot: Platz fünf
Punkte: 14,2/25
Note: ausreichend
Beste Aufenthaltsqualität: Platz drei
Punkte: 19,2/25
Note: gut
Beste Prozesse: Platz sechs
Punkte: 20,6/30
Note: befriedigend
Bester Service: Platz vier
Punkte: 18,3/20
Note: sehr gut
Düsseldorf Airport
Punkte: 74,1/100
Note: gut
Bestes Flugangebot: Platz vier
Punkte: 16,7/25
Note: befriedigend
Beste Aufenthaltsqualität: Platz drei
Punkte: 21,4/25
Note: sehr gut
Beste Prozesse: Platz fünf
Punkte: 21,8/30
Note: gut
Bester Service: Platz fünf
Punkte: 17,3/20
Note: sehr gut
Hannover Airport
Punkte: 84,2/100
Note: gut
Bestes Flugangebot: Platz drei
Punkte: 17,2/25
Note: befriedigend
Beste Aufenthaltsqualität: Platz drei
Punkte: 21,4/25
Note: sehr gut
Beste Prozesse: Platz zwei
Punkte: 26,4/30
Note: sehr gut
Bester Service: Platz drei
Punkte: 19,2/20
Note: sehr gut
Flughafen München
Punkte: 89,1/100
Note: sehr gut
Bestes Flugangebot: Platz zwei
Punkte: 23,2/25
Note: sehr gut
Beste Aufenthaltsqualität: Platz eins
Punkte: 27,7/25 (+ Bonuspunkte)
Note: sehr gut
Beste Prozesse: Platz neun
Punkte: 18,4/30
Note: ausreichend
Bester Service: Platz zwei
Punkte: 19,8/20
Note: sehr gut
Frankfurt Airport
Punkte: 90,2/100
Note: sehr gut
Bestes Flugangebot: Platz 1
Punkte: 25,3/25 (+ Bonuspunkte)
Note: sehr gut
Beste Aufenthaltsqualität: Platz 2
Punkte: 21,4/25
Note: sehr gut
Beste Prozesse: Platz 7
Punkte: 20,5/30
Note: befriedigend
Bester Service: Platz 1
Punkte: 23/20 (+ Bonuspunkte)
Note: sehr gut
Die Alternative heißt Gatwick. Hier wird der Bau einer zweiten Runway plus Verkehrsanbindung auf lediglich knapp acht Milliarden Pfund veranschlagt - ein Drittel der Kosten für Heathrow. In Gatwick müssten auch weitaus weniger Häuser weichen, werden deutlich weniger Proteste und Verzögerungen erwartet. Auch Bürgermeister Sadiq Khan ist für Gatwick.
Der Nachteil: Die großen Airlines betrachten Gatwick mit Skepsis, zu weit weg von London. Tatsächlich liegt Gatwick fast auf halbem Wege nach Brighton, längst nicht so schnell erreichbar wie Heathrow. Nicht ganz unwichtig: Gatwick hat ein Imageproblem, Business-Reisende rümpfen mitunter die Nase, sehen Gatwick beinahe als Billig-Airport.
Das Problem, das alles so richtig vertrackt macht: Mehrere Minister und Tory-Abgeordnete haben ihre Wahlkreise in der Umgebung Heathrows - neben Johnson etwa Bildungsministerin Justine Greening und der Abgeordnete Zac Goldsmith, der unlängst bei den Londoner Bürgermeisterwahlen unterlegen war.
Goldsmiths Drohung ist besonders brisant: Er will bei einer Entscheidung für Heathrow seinen Sitz im Unterhaus zurückgeben - bei dann anstehenden Neuwahlen droht er gar unter der Hand, als unabhängiger Kandidat anzutreten. Mays geschmeidige Reaktion: Die endgültige Entscheidung wird erstmal verschoben - was ebenfalls Proteste hervorruft.