Andrea Voßhoff "Unternehmen müssen mit hohen Bußgeldern rechnen"

Seite 2/2

Datenschutz als Wettbewerbsvorteil

Ihre Behörde ist seit Anfang des Jahres vom Bundesinnenministerium unabhängig. Was wird nun besser?

Die Behörde ist jetzt eine eigenständige oberste Bundesbehörde, in etwa vergleichbar mit dem Bundesrechnungshof. Das stärkt die Stellung der Behörde und damit den Datenschutz erheblich. Durch die Datenschutzgrundverordnung erhalten die Aufsichtsbehörden zudem zusätzlichen Sanktionsmöglichkeiten. Unternehmen müssen bei Verstößen mit hohen Bußgeldern rechnen.

Das heißt, die Unternehmen müssen sich jetzt warm anziehen?

Nur dann, wenn sie den Datenschutz missachten. Die in der Datenschutzgrundverordnung vorgesehenen Sanktionsmöglichkeiten sollten die Unternehmen vielmehr dazu motivieren, den Datenschutz als einen Wettbewerbsvorteil zu verstehen. Datenschutz sollte als Qualitätsmerkmal bei Unternehmensentscheidungen eine stärkere Rolle spielen.

Bislang sind Sanktionen den 16 Datenschutzbeauftragten der Länder vorbehalten. Sie dürfen bislang nur formell anprangern. Macht diese Struktur überhaupt noch Sinn, wenn Ihre Bundesbehörde in Zukunft auch Strafen verhängen darf?

Deutschland ist das einzige Land, in dem die Datenschutzaufsicht föderal aufgebaut ist. Mit der Grundverordnung wird sich daran nichts ändern. Die Herausforderung wird sein, in Rechtsfragen auch national zu einheitlichen Entscheidungen zu kommen. Dazu müssen wir uns in Zukunft noch enger abstimmen, denn Europa erwartet, dass wir mit einer Stimme sprechen.

Wie fällt Ihr Urteil über die Bundesregierung nach der Hälfte der Legislaturperiode aus?

Positiv ist die Herstellung der völligen Unabhängigkeit meiner Behörde und die damit verbundene personelle Aufstockung. Es ist ein wichtiges Signal zur Stärkung der Datenschutzaufsicht. Die Bundesregierung hat zunächst zögerlich, dann aber konsequent an der Umsetzung der europäischen Datenschutzgrundverordnung mitgearbeitet. Jetzt muss die Bundesregierung zügig die notwendigen Anpassungen im nationalen Recht in Angriff nehmen. Aus datenschutzrechtlicher Sicht negativ ist die nach wie vor offene Umsetzung des Beschäftigtendatenschutzes sowie die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung.

Die Sie selbst einmal vor Ihrer Zeit als Bundesdatenschutzbeauftragte unterstützt haben…

Das war vor acht Jahren. In der Zwischenzeit hat es unter anderem ein Urteil des EuGH gegeben, das den massiven Grundrechtseingriff einer Vorratsdatenspeicherung betont und hohe Hürden für eine Wiedereinführung aufgestellt hat. Dies hat mich zu der Bewertung veranlasst, dass der Nutzen für die Sicherheitsbehörden unter den neuen strengen Auflagen nicht mehr in Relation zu dem massiven Grundrechtseingriff steht, den die Vorratsdatenspeicherung für die Bürger bedeutet. Aus diesem Grund habe ich auch das aktuelle Gesetz kritisiert. Ich bezweifle, dass die Vorgaben des EuGH eingehalten werden, nach denen eine flächendeckende Vorratsdatenspeicherung ohne zumindest den Ansatz eines konkreten Anlasses nicht zulässig ist.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%