Andreas Dombret "Steuerzahler sollten nicht für Banken haften"

Kurz vor dem Stresstest wird es ernst für Italiens Banken. Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret erklärt, warum er gegen Ausnahmen bei der Regulierung ist – und ermuntert deutsche Institute zu höheren Gebühren.

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Andreas Dombret ist Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank. Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Dombret, Bankaktien sind auf Rekordtiefs gefallen, die Unruhe an den Märkten steigt. Droht die nächste Finanzkrise?

Andreas Dombret: Es gibt Grund zur Sorge, aber nicht zur Panik. Im Vordergrund stehen strukturelle Probleme der Banken. Zudem wächst die Skepsis der Märkte, was die Konjunktur betrifft. Der Brexit verstärkt diese Unsicherheit. Aktuell fehlen schlicht Käufer für Bankaktien.

Besonders dramatisch ist die Lage in Italien, wo Banken unter faulen Krediten leiden ...

... deren Abbau nicht einfach ist und wo deutlich mehr Anstrengungen nötig sind.

Zur Person

Manche Politiker fordern, die Regeln zur Beteiligung von Gläubigern (Bail-in) auszusetzen und Banken mit Steuergeld zu stützen. Eine gute Idee?

Das finde ich nicht. Der Sinn der Regulierung nach der Krise war und ist, dass Steuerzahler nicht mehr automatisch für Verluste von Banken haften. Bail-in-Regeln sollen die Banken so disziplinieren, dass sie die Mindestanforderungen an ihr Eigenkapital einhalten. Wenn wir die Regeln aussetzen, legen wir die Axt an die Bankenunion. Als Aufsicht müssten wir dann darüber nachdenken, die Anforderungen an das harte Eigenkapital der Banken zu erhöhen. Welcher Weg innerhalb des Rahmens der richtige ist, muss der italienische Staat mit der EU-Kommission verhandeln. Ich bin zuversichtlich, dass das italienische Finanzministerium Ende August einen guten Vorschlag präsentiert.

Fürchten Sie, dass Investoren bei anhaltender Unsicherheit Liquidität abziehen und Banken so in Existenznot geraten?

Die Gefahr besteht immer. Aber wir haben ein sehr genaues Bild über die Liquiditätslage der Banken. Sie ist deutlich besser als ausreichend.

Für neue Verwerfungen könnte der Stresstest sorgen, dessen Ergebnisse Ende Juli veröffentlicht werden. Was erwarten Sie?

Den Stresstest führen die EZB und die Aufsichtsbehörde EBA durch, die Bundesbank ist am Rande beteiligt. Sie können davon ausgehen, dass die Kriterien für Kreditrisiken eher strenger sind als 2014.

Bei deutschen Banken stehen Schiffskredite im Fokus. Die Bremer Landesbank ist wegen dieser in eine Schieflage geraten. Was droht der Branche?

Die Lage bei Schiffskrediten hat sich, anders als von den meisten Experten prognostiziert, seit dem letzten Stresstest 2014 noch verschlechtert. Viele Schiffe könnten Banken nur noch zum Schrottwert verkaufen. Sie müssen die veränderte Risiko- und Bewertungslage in ihren Bilanzen erfassen. Mein Eindruck ist, dass genau dies passiert.

"Wir brauchen Brücken"

Also machen Sie sich keine Sorgen um deutsche Banken?

Ihr größtes Problem ist die mangelnde Profitabilität. Nur wenn sie ausreichend verdienen, können sie in guten Zeiten Reserven aufbauen, mit denen sie in schlechteren Jahren Schwankungen ausgleichen.

Wie gefährlich sind die Niedrigzinsen für die Banken?

Wir haben das gemeinsam mit der BaFin im Herbst 2015 eingehend untersucht. Da rechneten die Institute damit, dass sie bei unveränderten Zinsen in den kommenden vier Jahren 25 Prozent ihrer Ertragskraft verlieren. Nun sind die Zinsen weiter gefallen. Wir werden die Umfrage deshalb wiederholen.

Früher wollte er Pfarrer werden, heute ist er Vorstandsmitglied der Bundesbank. Andreas Dombret spricht im Interview darüber, warum er das Leben als Investmentbanker nicht vermisst - und was er Absolventen rät.
von Saskia Littmann, Cornelius Welp

Leitzinsen können Banken nicht ändern. Was sollten sie tun?

Viele deutsche Institute sind zu abhängig von Zinserträgen. So schwierig das ist – sie sollten ihr Geschäftsmodell mittelfristig besser ausbalancieren. Dazu sollten sie auch höhere Gebühren und Beiträge für ihre Dienstleistungen prüfen. Schnelle Effekte lassen sich über Einsparungen erzielen. Da ist allerdings bei deutschen Banken und Sparkassen schon viel geschehen. Angesichts des veränderten Kundenverhaltens sollte aber das Filialnetz ständig auf dem Prüfstand stehen.

Legen Banken selbst riskanter an, um mehr zu verdienen?

Bisher nur sehr eingeschränkt. Ein solches Verhalten wird allerdings umso wahrscheinlicher, je länger die aktuelle Niedrigzinsphase dauert.

Viele Banken finanzieren mehr Immobilien, die Preise steigen. Wie gefährlich ist das?

Wir sehen in einigen Regionen und bei einigen Instituten sehr starkes Kreditwachstum, das die Stabilität bislang aber nicht bedroht. Ich sehe keine Blase, aber erste Wolken am Horizont.

Sind Zusammenschlüsse zwischen Banken sinnvoll?

Wir begrüßen alle Schritte, die zu Effizienzgewinnen führen. Die Zinssituation wird sich nicht kurzfristig ändern, es darf deshalb keine Tabus geben.

Sollten Deutsche und Londoner Börse fusionieren?

Als Aufseher machen wir keine Industriepolitik. Rein ökonomisch hat der Brexit die Logik sogar verstärkt. Wir brauchen Brücken zwischen Großbritannien und dem Rest Europas.

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