Andrej Babiš „Tschechiens Trump“ investiert in Wittenberg

Der Populist und Milliardär Andrej Babiš hat beste Aussichten Tschechiens nächster Premier zu werden. Was viele nicht wissen: Das geschäftliche Netzwerk von Babiš reicht bis in die Lutherstadt Wittenberg.

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Tschechien: Andrej Babiš will an die Macht. Quelle: Götz Schleser für WirtschaftsWoche

Andrej Babiš, mehrfacher Milliardär und ehemaliger Finanzminister Tschechiens, ist ein Mann der Zahlen. Das demonstriert der 63-Jährige mit der Statur eines Marathonläufers gerne. Während des Gesprächs fischt Babiš gelegentlich einen klobigen Taschenrechner aus der Tasche seines Sakkos und rechnete seine Aussagen in Zahlenwerte um. Wie zum Beweis, dass alle Vorwürfe gegen ihn nur Fantasien seiner Gegner sind, hält er seinen Zuhörern dann absolute Zahlenwert in schwarz-weiß vor die verdutzten Gesichter.  

„Tschechischer Berlusconi“ und „Trump aus Tschechien“ lauten die Attribute, die die internationale Presse für den tschechischen Politiker Babiš gefunden hat. Diese Woche könnte der Medienbesitzer und Populist seinen größten politischen Erfolg feiern: Der von ihm geschaffenen Partei ANO (tschechisch für „Ja“) werden beste Chancen vorhergesagt, eine deutliche Mehrheit bei den tschechischen Parlamentswahlen diesen Samstag zu holen. Babiš, der seine Wähler durch kritische Töne gegen Europa und einen harten Kurs gegen Flüchtlinge mobilisiert, könnte als nächster tschechischer Premier in die Prager Burg einziehen.

Für Interesse dürfte die tschechische Wahl auch in der Lutherstadt Wittenberg in Sachsen-Anhalt sorgen. Denn mit dem Chemieunternehmen SKW Piesteriz und der Bäckerei Lieken, die beide zum Reich des tschechischem Konzerns Agrofert von Babiš gehören, ist der Politiker der größte Arbeitgeber von Lutherstadt. Doch die Freude über den Investor in Wittenberg teilen nicht alle. Und das liegt nicht nur an den Betrugsvorwürfen, mit denen Babiš sich in seiner Heimat konfrontiert sieht.

In Wittenberg hat Babiš sich bereits selbst ein Denkmal gesetzt. Gleich neben der Luther-Statue am Wittenberger Marktplatz hat er für ein paar Millionen Euro ein Chemie-Museum errichten lassen. In aufwendigen Simulationen wird darin Chemie erlebbar und ganz nebenbei das Unternehmen SKW Piesteriz beworben. Für Babiš bedeutet das Museum in bester Lage Wittenbergs, die Adelung als Investor. Sogar Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff war vergangenen Oktober bei der Eröffnung des Museums zugegen und sprach lobende Worte auf Babiš.

Auch sonst füllt Babiš gerne die Rolle des Gönners von Wittenberg aus. Auf dem Werksgelände seiner Unternehmen hat er gleich zwei Kitas bauen lassen. Das von ihm errichtete Ärztehaus kann von allen Bürgern der Stadt benutzt werden. Auch eine Feuerwache hat er Wittenberg spendiert. Hätte ihn die Politik gelassen, hätte er sogar den Ausbau der Autobahn nach Wittenberg aus eigener Tasche berappt.

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