WirtschaftsWoche: Herr Inotai, was haben Sie gegen Viktor Orbán?
András Inotai: Viktor Orbán ist absolut provinzial und alles was der Premier politisch macht, dient nur einem Zweck: seinem Machterhalt. Dieser Idee ordnet Orbán alles unter. Es ist ihm egal, ob seine Politik dem Ansehen des Landes schadet oder die Bevölkerung leidet.
Offenbar leiden die Ungarn unter Orbán weniger, als Sie behaupten. Orbáns Partei, Fidesz, hat 2010 die Wahlen mit einer Zweidrittelmehrheit gewonnen und liegt auch in dem Umfragen für die Parlamentswahlen, die wahrscheinlich im April anstehen, deutlich vorne.
Es sieht so als würde Orbán wieder gewinnen, da haben Sie Recht. Das hat aber mehrere Gründe und liegt nicht in erster Linie an der großen Popularität des Premiers. Zum einen ist die Opposition schwach, sie kümmert sich mehr um Personal-, denn um Sachfragen. Zweitens dürfen Sie nicht vergessen, dass bei der letzten Wahl, 2010, die Wahlbeteiligung sehr gering war. Sie betrug nur 44 Prozent. Die Fidesz-Partei hat ihre Zweidrittelmehrheit mit 35 Prozent der wahlberechtigten Stimmen erreicht.
Zur Person
András Inotai, Jahrgang 1943, war von 1991 bis 2011 Leiter des Instituts für Weltwirtschaft in Budapest, Ungarn. Zurzeit ist er Forschungsdirektor des Instituts. Seine Themenschwerpunkte sind die Globalisierung, die EU-Erweiterung und die Reformen der ungarischen Wirtschaftspolitik im regionalen Vergleich. Inotai ist Mitglied in verschiedenen internationalen wissenschaftlichen Beratungsgremien und gehört mehreren Redaktionsvorständen internationaler Fachzeitschriften an. Inotai arbeitete zudem für die Weltbank und für das Institut für Weltwirtschaft in Kiel.
Ein Großteil der Bürger hat sich von der Politik abgewandt. Die Ungarn glauben nicht mehr, von den Mächtigen vertreten zu werden und bleiben bei den Wahlen oftmals zu Hause. Verantwortliche Politiker sollten die Ungarn aufrufen, wählen zu gehen. Es ist ganz klar: Je höher die Wahlbeteiligung, umso größer ist die Chance, dass Orbán nicht gewinnt oder wenigstens seine Zweidrittelmehrheit nicht verteidigen kann.
Lassen Sie uns über das sprechen, was die Regierung in den vergangenen Jahren erreicht hat. Obwohl fast ganz Europa in der Krise steckt, wächst Ungarns Wirtschaft, zuletzt um knapp 1,0 Prozent.
Das Wachstum, das in Ungarn so gefeiert wird, ist – wie Sie ja auch sagen – klein und zudem kein echtes Wachstum. Die Finanzkrise von 2008/2009 hat das ungarische BIP um 6,8 Prozent zurückgeworfen. Keine Frage: Das war anderswo nicht anders. Aber: Während viele europäischen Länder, nicht nur Deutschland, etwa längst das Vorkrisen-Niveau wieder erreicht haben, liegt Ungarn noch weit unter den Zahlen von 2008, nämlich vier bis fünf Prozentpunkte. Ich finde, darauf kann weder die frühere, noch die heutige Orbán-Regierung wirklich stolz sein.
Das ist Viktor Orbán
Viktor Orbán, 1963 geboren, wuchs in bescheidenen Verhältnissen in einem Dorf bei Szekesfehervar - 70 Kilometer südwestlich von Budapest - auf. Im ländlichen Umfeld seiner Kindheit galt er als schwer erziehbar.
Als Jurastudent in der Hauptstadt Budapest rebellierte Orbán mit Gleichgesinnten gegen den geistlosen Obrigkeitsstaat im späten Kommunismus. Der Fidesz, den er mitbegründete, war die erste unabhängige Jugendorganisation dieser Zeit.
1998 übernahm Orbán erstmals die Regierungsgeschäfte. Mit 35 Jahren war er damals der jüngste Ministerpräsident der ungarischen Geschichte.
Als Orbán 2002 überraschend die Wahl und damit die Regierungsmacht verlor, wollte er sich damit nicht abfinden. Er ließ seine Anhänger aufmarschieren und reklamierte auf "Wahlbetrug". Die regierende Linke setzte der Oppositionsführer immer wieder mit Straßenkundgebungen und Volksabstimmungen unter Druck.
Die Wahlen im Frühjahr 2010 brachten Orbán die langersehnte Rückkehr an die Macht, noch dazu mit der verfassungsrelevanten Zweidrittelmehrheit für seine Fidesz-Fraktion.
Nach seiner Rückkehr sprach Orbán umgehend von einer "Revolution der Wahlkabinen" und von der Ankunft eines neuen "Systems der nationalen Zusammenarbeit".
Das bedeutete in der Praxis die Aushöhlung demokratischer Institutionen. Kritiker zufolge ordnet Orbán seine ganze Politik seinen Machtbedürfnissen unter. So würden auch die kürzlich verabschiedeten Verfassungsänderungen vor allem dazu dienen, dass Orbán noch mehr schalten und walten kann, wie er will.
Für die nächsten 15 bis 20 Jahre, so erklärte Orbán vor Partei-Intellektuellen, müsse "ein einziges politisches Kraftfeld die Geschicke der Nation bestimmen".
Wäre denn wirklich mehr drin gewesen?
Nachhaltiges Wirtschaftswachstum, das ist Lehrbuch, entsteht aus drei Faktoren: der inländischen Nachfrage, Investitionen und Export. Die Investitionen befinden sich im Sturzflug, die Exporte stagnieren. Einzig die Binnennachfrage ist in den letzten Monaten des letzten Jahres besser geworden, weil die Strompreise und Verbrauchspreise gesenkt wurden. Das ist populistisch, aber nicht nachhaltig. Hinzu kommt noch, dass der Löwenanteil des Wachstums im Jahre 2013 von der Landwirtschaft produziert wurde. Nach einem katastrophalen Jahr 2012 ist die landwirtschaftliche Produktion zweistellig gestiegen. Mit einem Anteil an der Gesamtwirtschaftsleistung von fünf Prozent hat die Landwirtschaft allein dieses Wachstum geschaffen.
"Die Energiepolitik hat gefährliche Folgen"
Was haben Sie dagegen, dass die großen Stromkonzerne weniger Profite machen und die Bürger entlastet werden?
Ich habe nichts dagegen, die Bürger zu entlasten. Das ist per se gut, keine Frage. Aber es geht doch darum, ob die Politik nachhaltig ist. Ich befürchte: nein! Per Steuererhöhungen für die Versorger wurden die Kosten für die Verbraucher um bis zu 20 Prozent gesenkt. Das Problem ist, dass die Energieunternehmen keine Profite in gleicher Höhe zuvor gemacht haben. Natürlich haben die Konzerne – Stromversorger, Wasserwerke und die Müllabfuhr – Gewinne gemacht, aber sie haben auch kräftig investiert. Wahrscheinlich könnten sie auch Verluste verkraften, aber nicht in der Höhe. Das ist verrückt und hat gefährliche Folgen.
Fürchten Sie ein Ende der Versorgungssicherheit? Wird es bald dunkel in Ungarn?
Die Folgen sind schon jetzt zu sehen. Konzerne aus Deutschland, wie zum Beispiel E.on, oder aus Frankreich, verlassen das Land. Die Kommunen, die ebenfalls leiden, können nicht weg, und müssen sehen, wie sie die Kosten tragen. Das Ergebnis ist: Es gibt keine Investitionen. Das heißt nicht nur, dass keine neue Leitungen gebaut werden und die Infrastruktur nicht verbessert wird. Nein, sogar die Instandhaltung wird vernachlässigt. Das bekommen die Bürger nicht sofort mit. Einen Aufschrei wird es erst geben, wenn es einen Stromausfall gibt. Ich halte das in absehbarer Zeit nicht für unwahrscheinlich. Darüber hinaus gibt es noch zwei weitere Punkt, die man nicht vergessen darf.
Die umstrittenen Verfassungsänderungen
Die Höchstrichter dürfen Verfassungsänderungen und -zusätze künftig nur mehr noch verfahrensrechtlich, nicht mehr inhaltlich prüfen. Darüber hinaus ist es ihnen verwehrt, sich auf die eigene Spruchpraxis aus der Zeit vor Inkrafttreten der derzeitigen Verfassung im Januar 2012 zu berufen.
Die vom Ministerpräsidenten ernannte Leiterin des Nationalen Justizamtes bekommt eine Vollmacht, um in bestimmten Fällen die Gerichte zuzuweisen.
Es soll die Möglichkeit geben, dass Wahlwerbung in privaten Medien verboten werden kann.
Wenn Obdachlose auf der Straße übernachten, können sie dafür ins Gefängnis kommen.
Die Regierungsmehrheit im Parlament erhält die Möglichkeit willkürlich über die Zuerkennung des Kirchenstatus zu entscheiden.
Der bisher von der Verfassung gewährte Schutz der Familie soll auf Mann und Frau, die miteinander verheiratet sind und Kinder großziehen, eingeengt werden.
Die Finanzautonomie der Universitäten wird durch von der Regierung eingesetzte Wirtschaftsdirektoren („Kanzler“) eingeengt.
Es gibt per Gesetz die Möglichkeit, Universitätsabgänger, die ohne Studiengebühren studiert haben, auf das Bleiben in Ungarn zu verpflichten.
Und zwar?
Die administrative Preissenkungspolitik führt dazu, dass die Leute nicht zum Sparen erzogen werden. Wenn die Preise künstlich niedrig sind, wird keiner sorgsam mit den Ressourcen umgehen. Warum sollen die Bürger energiesparende Kühlschränke kaufen, warum sollen sie Sparlampen verwenden? Es gibt keine Motivation zum schonenden Umgang mit der Energie und unserer Umwelt. Zweitens: Ein jeder ungarischer Staatsbürger, der Strom oder Wasser verbraucht, genießt die Preissenkungen. Auch die Bürger, die ihr Schwimmbecken heizen. Das ist nicht sozial. Es gibt Bürger, die konnten ihre Stromrechnung nicht zahlen. Denen zu helfen, gehört in den Bereich der sozialen Solidarität. Aber alle Bürger zu subventionieren auf Kosten der Unternehmen und der ungarischen Infrastruktur, ist gegen jede wirtschaftliche Vernunft. Das gilt im Übrigen auch für die einheitliche Einkommensteuer. Seit 2010 muss jeder Ungar, egal, welches Einkommen er bezieht, nur noch 16 Prozent davon versteuern.
Davon müssten Sie profitiert haben!
Das stimmt, ich sollte Orbán danken. (lacht) Im Ernst: Mein Gehalt wurde früher mit 42 Prozent besteuert, jetzt mit 16 Prozent. Das ist für mich schön, aber ich halte es nicht für sozial verträglich, ganz zu schweigen von den negativen Konsequenzen für die Einnahmen des Staatshaushaltes. Es gab vor 2010 Leute, die solch ein kleines Einkommen hatten, dass sie nicht einmal 16 Prozent Steuern zahlen mussten. Die zahlen nun drauf. Das kann wirklich sein. Außerdem leidet der Staatshaushalt. Zwei Milliarden Euro fehlen dem Land – Jahr für Jahr.
"Was nicht passt, wird passend gemacht"
Wieso hat die Regierung die Steuern überhaupt gesenkt? Bislang galt Orbán nicht als Freund der Reichen und Mächtigen.
Die Regierung ist in sozialen wie in Zukunftsfragen unempfindlich. Orbán hatte immer den Traum, eine neue obere Mittelschicht in Ungarn zu schaffen. Erinnern wir uns: Wie alle sozialistischen Länder hatte Ungarn eine breite Mittelschicht, es gab kaum Reiche und kaum Arme. Durch den Transformationsprozess hat sich das geändert. Fidesz trat mit dem Ziel an, eine neue gutbürgerliche Mittelschicht zu schaffen. In Wirklichkeit aber führt all das nur dazu, dass Ungarn gespalten wird, dass die Wirtschaft ruiniert wird und wenige Orbán-Getreue profitieren. Ungarn droht zu einem Mafia-Staat zu werden.
Das sind harte Worte. Sie müssen Ihre These bitte erklären.
Eine Gruppe von Soziologen hat ein Buch über Ungarn geschrieben. Titel: „Der Mafia-Staat“. Dieses Vokabular ist also nicht meine Erfindung, ich teile die Einschätzung aber. Zu den Hintergründen: Es ist inzwischen so, dass ein Großteil der EU-Fördergelder an die immer gleichen Leute fließt – an Freunde von Freunden der Orbán-Regierung. Das gilt in der Landwirtschaft, wie im Bau, wie im Straßenwesen. Es ist nicht entscheidend, ob die Unternehmen gute Arbeit liefern, sondern ob sie über die nötigen Kontakte verfügen. Und wenn es Hindernisse bei der Zuteilung von Geldern gibt, handelt die Regierung nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht. Haben Sie von dem Streit um die Tabak-Länden in Ungarn gehört?
Ungarns Schwächen
Einzelne Sektoren wie Banken oder Energie haben in Ungarn mit extremen steuerlichen Belastungen zu kämpfen.
Vor allem in technischen Berufen herrscht in Ungarn Fachkräftemangel.
Trotz des günstigen Investitionsumfelds fiel die Investitionsquote Ungarns auf nur noch 17 Prozent.
Durch das schwindende Vertrauen Ungarns im Ausland sinkt der FDI-Zufluss (Foreign Direct Investment, ausländische Direktinvestitionen)
Durch die Zuspitzung der Kreditklemme im Land drohen Insolvenzen und Zahlungsausfälle.
Nur grob. So weit ich weiß, wurden Lizenzen reglementiert, um den Nichtraucherschutz zu stärken.
Naja, so war zumindest die Argumentation der Regierung. Früher war es so: Zigaretten konnte man überall kaufen. Orbán kam auf die Idee, das Geschäft einzudämmen – mit dem Argument, er wolle die Kinder schützen. Deswegen hat man ein neues Netzwerk geschaffen, spezielle Tabak-Läden. Alle, die früher Zigaretten verkauft und Erfahrung im Geschäft hatten, mussten sich neu um Lizenzen bewerben. Die meisten sind leer ausgegangen. Sie wurden ihrer wirtschaftlichen Grundlage beraubt. Die Orbán-Freunde haben rund 80 Prozent der Lizenzen bekommen.
Bei all den negativen Szenarien, die Sie beschreiben, ist es erstaunlich, dass Ungarn noch immer wettbewerbsfähig ist und Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet.
Ungarns Wettbewerbsfähigkeit wird immer mehr untergraben. Das sieht man an den Zahlen noch nicht. In der Tat haben wir einen hohen Handelsbilanzüberschuss. Das ist aber nicht die Folge der rasant steigende Exporte, sondern Folge der zurückgegangenen Importe, weil es keine Investitionen gibt. Wenn ich Geld und eine Projektidee hätte, ich würde sie ganz sicher nicht in Ungarn verwirklichen. Es gibt keine Rechtssicherheit mehr und keine Investitionsbereitschaft. Einzige Ausnahme ist die Automobilindustrie. Daimler und Audi etwa sind weiter in Ungarn aktiv. Vergessen Sie aber nicht, dass der Vertrag mit Daimler noch von der früheren Regierung unterschrieben wurde, da war die Atmosphäre eine ganz andere.
"Der EU sind die Hände gebunden"
Sind die fehlenden wirtschaftlichen Perspektiven auch der Grund, warum immer mehr junge Menschen das Land verlassen?
Das ist eindeutig so. Ungarn war bis 2010 kein Auswanderungsland. Es gab Ärzte, die nach Norwegen oder in die Schweiz gegangen sind oder Informatiker, die es nach Irland, Großbritannien oder in die USA gezogen hat. Aber eigentlich sind die meisten Akademiker im Land geblieben. Aus mehreren Gründen gab es bisher eine hohe Heimatverbundenheit. Nun erleben wir zum ersten Mal eine Auswanderungswelle. Bis zu 500.000 Menschen sollen zuletzt Ungarn verlassen haben. Das sind rund fünf Prozent der Gesamtbevölkerung und fast zehn Prozent der Ungarn im arbeitsfähigen Alter. Es wird heutzutage schon in den Abschlussklassen der Mittelschulen darüber gesprochen, in welches Land man später auswandert oder seine akademische Ausbildung beginnt. Mit 18 Jahren ist vielen Ungarn inzwischen klar: Ich gehe weg.
Ungarns Stärken
Ungarn ist ein Transitland mit gutem Infrastrukturangebot sowie Logistikinfrastruktur und gilt als Brückenkopf zu Ost-/Südosteuropa.
Ungarn verfügt über gut ausgebildete und motivierte Arbeitskräfte bei niedrigem Lohnniveau.
Das Land gilt als günstiges Umfeld für Investitionen im verarbeitenden Sektor, allem voran im Kfz-Bau.
Ungarn kann zudem mit einer hohen Produktivität sowie vergleichsweise niedrigen Steuern für kleine und mittlere Unternehmen und höhere Einkommen punkten.
Die Wirtschaft des Landes profitiert von einer engen Verflechtung zu Deutschland, insbesondere Süddeutschland.
Wie könnte sich Ungarns Zukunft doch noch zum Positiven entwickeln?
Es braucht eine 180-Grad-Wende. Klar ist: Wenn Viktor Orbán die Wahlen wieder gewinnt, dann muss er viele seiner Fehler korrigieren. Ungarns Wirtschaft ist dem Untergang geweiht, wenn die Regierung nicht gegenlenkt. Und dazu braucht man vor allem Vertrauen und nicht wenig Geld. Weder das eine, noch das andere kann die gegenwärtige Regierung bereitstellen. Vertrauen zu schaffen für diejenigen, die jahrelang das internationale Vertrauen untergraben haben, ist fast unmöglich. Geld kann man theoretisch dadurch schaffen, dass bisher gemachte Steuergeschenke zurückgenommen werden. Wie so ein Schritt aber erklärt wird, weiß ich nicht. Man kann aber mit Gewissheit davon ausgehen, dass eine solche Maßnahme große Enttäuschung in der Bevölkerung hervorrufen würde.
Nehmen wir an die Opposition gewinnt: Sie würde vor den gleichen Problemen stehen, wie oben erwähnt. Nur kommt erschwerend hinzu, dass die Fidesz-Partei ihre Leute in allen wichtigen Position untergebracht hat. Die öffentliche Verwaltung, die Medien, das Verfassungsgericht: alle Organe sind vollgestopft mit Parteisoldaten der jetzigen Regierung. Sie sind noch für sieben bis acht Jahre laut Gesetz im Amt und sind sicher nicht erpicht, es der jetzigen Opposition leicht zu machen. Ich bin also wenig optimistisch. Für eine nachhaltige Wende brauchen wir zunächst einen Mentalitätswandel der Bevölkerung, zunehmendes Vertrauen und Investitionen von außen, sowie Zeit und nicht wenig historisches Glück.
Kann die Europäische Union Ungarn bei der Bewältigung der großen Probleme helfen?
Brüssel hat es leider verpasst, der Orbán-Regierung frühzeitig Grenzen zu setzen. 2010 wurde Ungarn noch scharf kritisiert, aber es gab keine Konsequenzen. Verstehen Sie mich nicht falsch: Sanktionen wären nicht das richtige Mittel gewesen. Das hätte die Bürger bestraft und die anti-europäische Stimmung gestärkt. Ich hätte mir gewünscht, dass die Europäischen Volksparteien, zu der Fidesz ja gehört, deutlich gemacht hätten, dass das Verhalten der Orbán-Regierung nicht mit den europäischen Grundsätzen vereinbar ist. Das hätte sicher Eindruck in Budapest gemacht. Im Übergangsjahr mit Wahlen zum Europäischen Parlament und mit der Errichtung einer neuen Kommission scheinen der Europäischen Union die Hände gebunden zu sein, fürchte ich.
.