Anlagestrategie mit Brexit So trotzen Sie allen Crash-Gefahren

Anleger sehen sich nach dem Brexit zahlreichen Risiken ausgesetzt. Das ist nicht ungewöhnlich. Nichts zu tun aber wäre die Variante, die garantiert keine Rendite bringt. Ein kleiner Investmentkompass.

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Anlagestrategie nach dem Brexit. Quelle: dpa Picture-Alliance

Wer am vergangenen Freitag nichts anderes getan hätte, als abends auf die Kurstafel des britischen Leitindex FTSE zu schauen, hätte nichts Schlimmes erahnt. Zwar stand am Ende ein Minus von 2,5 Prozent. Doch das könnte ein üblicher Freitag gewesen sein, mit Abgaben vor dem Wochenende wegen Zins- und Konjunkturunsicherheiten zum Beispiel oder einfach nur weil das Wetter schlecht war: Regen drückt laut Verhaltensforschern auch auf das Gemüt der Investoren.

Doch der Freitag war alles andere als normal. Genau genommen, gab es sogar eine große Überraschung – weil das Kursminus in London nur 2,5 Prozent und nicht mehr betrug; in Frankfurt waren die Kurse zum Handelsende fast dreimal so stark gestürzt. Der Goldpreis dagegen sprang um zeitweise zehn Prozent binnen weniger Handelssitzungen hoch.

Auch deshalb hat nicht jeder Minuszeichen in seinem Depot.

Das sagen Ökonomen zum Brexit-Entscheid

Mit einer simplen Strategie können Anleger an den Chancen von Aktien teilhaben und gleichzeitig die Risiken begrenzen. Die WirtschaftsWoche hat die Strategie mehrfach vorgestellt (etwa in Ausgabe 3/2012) und regelmäßig verfolgt. Seit Anfang 2009 brachte ein Mischdepot aus Aktien, Anleihen, Gold und Cash insgesamt 88 Prozent Gewinn, 2012 gestartete Anleger liegen gut 30 Prozent vorn.

Kaum zu glauben: Selbst den Brexit-Freitag beendete das Mischdepot mit 1,3 Prozent Gewinn. Eine ausgewogene Mischung im Depot, die Anleger einmal jährlich anpassen, sollte sich auch weiterhin auszahlen.

Sichere und rentierliche Investments nach dem Brexit

Keine Angst vor Aktien

Trotz aller Unsicherheit führt kein Weg an Aktien vorbei.

Mit der langfristigen Beteiligung an Unternehmen haben Anleger – in 15-Jahres-Zeiträumen gedacht – seit mehr als 50 Jahren kein Geld mehr verloren, selbst wenn sie zum schlechtesten Zeitpunkt eingestiegen waren. Zweifellos jedoch sind Aktien immer noch nicht günstig, auf Basis der jüngsten Ergebnisse kostet der Dax etwa die 21-fachen Jahresgewinne der in ihm enthaltenen Unternehmen. Richtig günstig wäre das Zehnfache. Und doch: Auswirkungen des Brexits werden mit großer Wahrscheinlichkeit „nicht groß genug sein, um die Weltwirtschaft in eine Rezession zu treiben“, sagt Joachim Fels, Global Economic Advisor des Anlagegiganten Pimco.

These: Die Börsen haben ihre Tiefs noch nicht erreicht.

Das bisherige Jahrestief um 8700 Punkte wird in nächster Zeit anvisiert; auch ein nochmaliger starker Absturz in die Zone 7000/7500 Punkte ist gut möglich. Das Allzeithoch von mehr als 12 300 Punkten aus dem Frühjahr 2015 wird dieses Jahr nicht mehr übertroffen.

Strategie: Wichtiger als der Indexstand ist die Betrachtung der einzelnen Aktien. Langfristanleger sollten Geschäftsmodelle kaufen, keine Indizes und keine Konjunkturszenarien, keinen Brexit oder „Doch-nicht-Brexit“. Strategisch interessant sind angesichts internationaler Unsicherheiten von Terror über die US-Wahl bis zur Zinspolitik der US-Notenbank derzeit vor allem Aktien mit einem starken heimischen Bezug. „Die deutsche Industrie bleibt trotz der Gefahren aus der Brexit-Entscheidung gelassen“, konstatiert Daniel Hartmann, Senior Analyst bei Bantleon. Der Mobilfunkvertrieb Freenet, der Versorger Lechwerke, die Stuttgarter Börse Euwax oder die Direktbank Comdirect sind vom Brexit wenig betroffen und bieten feine Dividendenrenditen von bis zu sieben Prozent. Langfristig stabil sind familiendominierte, schuldenfreie Unternehmen wie Dax-Wert Beiersdorf. Und für Schwergewicht Siemens ist Großbritannien zwar der viertgrößte Markt mit vier Milliarden Euro Umsatz (5,3 Prozent der Gesamterlöse). Wer jedoch wie die Münchner seit 1843 auf der britischen Insel tätig ist, für den sollte ein Brexit eher ein laues Lüftchen sein.

Anleihen: Tiefer geht’s immer

Der größte Fehler, den Anleger seit Jahren machen konnten, ist es, den vermeintlich unattraktiven, weil niedrige Zinsen bietenden Anleihemarkt zu meiden. Stattdessen hofften viele immer wieder auf Tagesgeldzinsen von drei oder vier Prozent. Nun bringen die Bankkonten null bis ein kleines bisschen, während mit Anleihen auch dieses Jahr fulminant verdient werden konnte. So hat seit Jahresbeginn beispielsweise eine Investition in eine noch zehn Jahre lang laufende Anleihe des Sportartikelkonzerns Adidas acht Prozent Wertzuwachs gebracht, über Kursgewinne plus Zins.

These: Der Brexit führt tendenziell dazu, dass die Zinsen für Spitzenbonitäten, wie Bundesanleihen sie haben, weiter sehr niedrig bis negativ bleiben.

Sollte die jüngste Dollar-Stärke nicht nur temporär bleiben, könnte dies auf die Rohstoffpreise drücken. Dies würde wiederum die Inflationserwartungen erneut in die Tiefe schicken, (US-)Zinserhöhungen wären spätestens dann obsolet.

Strategie: Gerade wegen der Extremniedrigzinsen sollten Anleger Anleihen nicht außer Acht lassen. Je nach Laufzeit lassen sich bei Adressen von Adidas bis Sixt 0,8 bis 2,4 Prozent Zinsen holen. Im Durchschnitt bringen die Papiere 1,3 Prozent Rendite über 6,7 Jahren Restlaufzeit. Nicht viel, aber doch rentierlicher und womöglich auch sicherer als eine mittelfristige Bankeinlage, gerade bei hohen Summen.

So sähen Kaufkurse für die 30 Dax-Aktien aus

Gold: Kein Comeback, war nie weg

Gold sei riskant, schwanke stark, Anleger machten selten Gewinne – Gerüchte, von denjenigen in die Welt gesetzt, die an Gold nichts verdienen: den Verwaltern von Vermögen in den Banktürmen also. Die Fakten: Der Goldpreis wird 2016 aller Voraussicht nach von den vergangenen 18 Jahren 17 Mal im Plus abgeschlossen haben, in Euro gerechnet, alles andere ist uninteressant.

„Die wachsende Unsicherheit hinsichtlich wirtschaftlicher sowie politischer Entwicklungen beflügelt den Preis“, sagt Ronald-Peter Stöferle, Fondsmanager bei Incrementum.

These: 20 bis 25 Prozent des liquiden Vermögens gehören weiterhin in Gold. Wer Immobilien besitzt, kommt mit der halben Quote aus. Das Edelmetall ist Krisenversicherung, nicht Renditeanlage.

Strategie: Anleger sollten Gold physisch halten, gestreut in Unzen und Barren, oder als Tauschreserve auch in kleineren Einheiten.

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