Banco Espírito Santo Pleitebanken machen Europa zu schaffen

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Kleiner Fortschritt

Ein kleiner Fortschritt ist dagegen die Art der Bankenrettung. Erstmals wurde im Fall der BES ein marodes Institut in eine gute Bank, die „Novo Banco“, und in eine schlechte Bank, eine sogenannte Bad Bank, aufgespalten. Das Geld der Steuerzahler wurde dabei in die gute Bank gepackt. Für die drohenden Verluste der Bad Bank, in der die Risiken verblieben sind, müssen die Eigentümer und die nachrangigen Gläubiger der Pleitebank aufkommen – nicht der Staat. Schätzungsweise 4,4 Milliarden Euro an toxischen Vermögenswerten sind in die Bad Bank übergegangen.

Portugal

Staatskredit für zwei Jahre

Neben dem französischen Anteilseigner Crédit Agricole müssen auch alle übrigen Aktionäre und die nachrangigen Gläubiger schlimmstenfalls mit einem Totalverlust rechnen (siehe Grafik). Aufgabe der Bad Bank ist es, die toxischen Geschäfte nach und nach abzuwickeln. Dafür hat sie allerdings keine Banklizenz mehr und müsste, falls sie ihre Schulden nicht begleichen kann, insolvent gehen. „Wenn nichts mehr übrig ist, gehen die Gläubiger leer aus“, sagt José Brandao de Brito, Chefökonom bei der portugiesischen Bank Millennium BCP. „Der Staat ist nicht mehr im Boot.“

Dennoch könnte auch die verstaatlichte gute Bank, die Novo Banco, die Steuerzahler in den Euro-Ländern noch lange belasten. In sie wurden die Kundeneinlagen, fast alle Kredite sowie die vorrangigen Schuldtitel übertragen. Eigentümer des neuen Instituts ist der portugiesische Bankenabwicklungsfonds „Fundo de Resolução“. Dieser Fonds wird, wie der künftige Europäische Abwicklungsmechanismus SRM (Single Resolution Mechanism), aus Einzahlungen der Finanzinstitute gespeist und soll ab 2016 in einen europäischen Fonds überführt werden. Allerdings zahlen die Banken erst seit 2012 in den Rettungsfonds der Privatbanken ein, in ihm sind also gerade einmal 380 Millionen Euro angehäuft. Das reichte bei Weitem nicht aus, um die BES zu retten. Da traf es sich gut, dass Portugal aus dem Euro-Rettungskredit noch genügend Mittel übrig hatte, um die nötigen 4,9 Milliarden Euro als Darlehen an den portugiesischen Rettungsfonds beizusteuern.

So kreditwürdig sind die Eurostaaten
Das Centrum für europäische Politik (CEP) hat die Kreditfähigkeit der Euro-Staaten analysiert. Einen besonders intensiven Blick haben die Wissenschaftler auf Belgien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien geworfen. Das Resultat: die Probleme, die zur Euro-Krise geführt haben, bestehen weiterhin - und haben sich sogar auf weitere Länder ausgeweitet. Quelle: dpa
Die Kreditfähigkeit von Spanien nimmt erstmals seit Einführung des Euros zu. Die Ampel für Spaniens Kreditwürdigkeit steht auf grün, das CEP vergibt beim Schuldenindex eine Wertung von 2,3. Ein positiver Wert des CEP-Default-Indexes bei gleichzeitigem gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsüberschuss bedeutet: Das Land benötigt in der betrachteten Periode keine Auslandskredite, es steigert daher seine Kreditfähigkeit. Diese positive Entwicklung dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Land noch weitere Konsolidierungs- und Reformmaßnahmen umsetzen muss, um die in den Krisenjahren drastisch angestiegene Staatsverschuldung und die hohe Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Quelle: dpa
Auch für Irland steht die Ampel auf grün. Der ehemalige Krisenstaat hat, wie die kontinuierliche Zunahme der Kreditfähigkeit seit 2010 zeigt, die Krise überwunden. Der Schuldenindex beträgt 6,7, ist also deutlich positiv. Aufgabe muss es nun sein, die Investitionen, die auf fast Null gesunken sind, zu steigern, um die Wirtschaft wieder voran zu treiben. Quelle: dpa
Für Portugal zeigt die Ampel dagegen rotes Licht: Zwar erodiert die portugiesische Kreditfähigkeit noch immer. Der ununterbrochene Anstieg des Schuldenindexes seit 2011 zeigt jedoch, dass Portugal erhebliche Anstrengungen unternommen und Anpassungen bewältigt hat. Derzeit beträgt der Index -2. Unbeschadet dieser positiven Entwicklungen ist es allerdings fraglich, ob Portugal bereits ohne weitere Finanzhilfen auskommen wird, wenn das Anpassungsprogramm Mitte 2014 ausläuft. Quelle: dpa
Auch Italien gehört zu den Ländern mit einer "verfestigten abnehmenden Kreditfähigkeit", wie es beim CEP heißt. Die seit 2009 zu beobachtende Erosion der Kreditfähigkeit von Italien dauere an. Gegenüber 2012 habe sich der Verfall beschleunigt. Es sei fraglich, ob sich dies auf absehbare Zeit ändere. Denn die hierfür notwendigen Reformen und Konsolidierungsmaßnahmen seien von der italienischen Regierung bisher nicht ergriffen worden. Quelle: dpa
Ganz mies ist die Lage in Griechenland: Mit einem Wert von -9,8 hat Griechenland die schlechteste Kreditwürdigkeit aller 31 untersuchten Staaten. Die Kreditfähigkeit des Landes verfällt weiter und zwar deutlich schneller als die aller anderen Euro-Länder. Die Wiedererlangung der griechischen Kreditfähigkeit ist nicht absehbar, die Ampel steht auf dunkelrot. Quelle: dpa
Eine negative Überraschung kam in diesem Jahr aus dem Norden Europas: Belgien und Finnland weisen im ersten Halbjahr 2013 erstmals eine abnehmende Kreditfähigkeit auf. Da beide Länder noch über Auslandsvermögen verfügen, ist die Schuldentragfähigkeit allerdings noch nicht unmittelbar bedroht, die Ampel zeigt gelb-rot. Der CEP-Default-Index liegt im Falle Belgiens bei -0,5, bei Finnland beträgt er -0,1. Ein negativer Wert kann auf zwei Arten entstehen: 1. Die Nettokapitalimporte übersteigen die kapazitätssteigernden Investitionen. Das Land konsumiert über das im Inland erwirtschafteten Einkommen auch einen Teil des Nettokapitalimports. Die Volkswirtschaft verschuldet sich folglich im Ausland, um Konsumausgaben finanzieren zu können. 2. Kapital verlässt das Land, so dass der gesamtwirtschaftliche Finanzierungssaldo positiv ist. Gleichzeitig jedoch schrumpft der Kapitalstock. Das Land verarmt. Quelle: dpa

Der Fonds hat nun zwei Jahre Zeit, die Novo Banco zu privatisieren – idealerweise zu einem Preis von mehr als 4,9 Milliarden Euro. Andernfalls müsste er das dann ablaufende Staatsdarlehen durch einen Bankkredit oder eine sonstige private Verschuldung ersetzen. „Damit die Bank wirklich so bald wie möglich verkauft wird, erhöhen sich die Zinsen für den Abwicklungsfonds alle drei Monate um fünf Basispunkte“, sagte die portugiesische Finanzministerin Maria Luís Albuquerque.

Doch so schnell, wie die portugiesische Regierung es möchte, wird sie ihr Geld kaum zurückbekommen. „Kurz- bis mittelfristig ist nicht mit einer Reprivatisierung der Bank zu diesem Preis zu rechnen“, warnt Anna-Joy Kühlwein, Kreditexpertin der Landesbank Baden-Württemberg. Das werde ein langer Prozess über Jahre hinweg, wie zuvor in anderen Ländern. In Großbritannien oder in Spanien etwa habe der Staat zwar schon angefangen, erste Tranchen von der Lloyds Banking Group oder Bankia zu verkaufen, aber die Reprivatisierung sei auch dort noch lange nicht abgeschlossen. Das Vertrauen unter den Banken ist längst noch nicht wiederhergestellt.

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