Bankenkrise in Italien Die 20-Milliarden-Euro-Frage

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Krise und kein Ende

Von Sienas Stadtheiliger Katharina sagt man, sie habe Eigennutz kritisiert und Verschwendung verdammt. Doch trotz ihrer Mahnungen blieb sie illusionslos: Die Welt, befand sie kurz vor ihrem Tod, schaffe nur eins: Leiden. Das habe Gott so gewollt, um den Weg ins Jenseits erstrebenswert scheinen zu lassen.

Heute liegen einige von Katharinas Überresten in der örtlichen Basilika. Und wie es scheint, hat man nicht nur Wert darauf gelegt, die Gebeine zu verwahren, sondern auch, ihre düsteren Prophezeiungen Wahrheit werden zu lassen.

Denn zum zweiten Mal innerhalb von vier Jahren kämpft die ortsansässige Bank ums Überleben. Es war im Sommer dieses Jahres, als die EZB die Banker in Siena aufschreckte. Kredite im Wert von 47 Milliarden Euro des Gesamtkreditportfolios von etwa 110 Milliarden Euro der Bank seien akut ausfallgefährdet. Die Bank müsse sich bis Ende des Jahres fünf Milliarden Euro beschaffen. Privat, bitte schön.

So bedrohlich sind die größten Banken der Welt
Klasse 1 – UBS, Santander, Royal Bank of Scotland Quelle: AP
Klasse 1 – Morgan Stanley Quelle: REUTERS
Klasse 1 – Standard Chartered Quelle: REUTERS
Klasse 1 – Unicredit Quelle: dpa
Klasse 2 – Barclays Quelle: dpa
Klasse 2 – Wells Fargo Quelle: REUTERS
Klasse 2 – Industrial and Commercial Bank of China Quelle: REUTERS

Ein Bankenkonsortium versucht seither, einen privaten Rettungsplan umzusetzen. Es wurden nachrangige Anleihen in Aktien umgetauscht, und immer mal machten Gerüchte von neuen privaten Ankerinvestoren die Runde. Bisher aber floss kaum Geld.

Und so ist dieser Tage ein ungewöhnliches Duo im Dauereinsatz: Finanzminister Padoan und Marco Morelli, ein Mann, wie man sich einen international kompatiblen Finanzer vorstellt. Der Banker wurde im Spätsommer von Padoan installiert, dessen Ministerium schon jetzt mit etwa vier Prozent größter Aktionär ist. Seitdem versucht Morelli als eine Art Handelsreisender das Unmögliche: die Bank aus eigener Kraft zu retten. Auch jetzt will er noch einmal an die Inhaber von Obligationen appellieren, ihre Titel freiwillig in Aktien umzutauschen, nachdem auf diese Weise bisher eine Milliarde Euro an neuem Eigenkapital zusammengekommen ist.

Eine Branche, viele Probleme

Der Kampf um die Zukunft der Bank ist auch deswegen so hart, weil er stellvertretend für weite Teile der Branche in Italien geführt wird. Das Land zählt ganze 64 Banken pro 100.000 Einwohner, im Schnitt der Euro-Zone sind es 37. Und die meisten dieser Institute haben ein missliches Geschäftsmodell: Sie leben vom Zinsgeschäft aus Unternehmenskrediten. Deren Marge aber ist derzeit quasi abgeschafft. Da die Wirtschaft stagniert, fallen immer mehr Unternehmenskredite aus. "Wir haben eindeutig zu viele Banken", sagt Carlo Messina, Chef der zweitgrößten Bank des Landes Intesa Sanpaolo. Es müsse Fusionen geben, um stärkere Institute zu schaffen. Nur: Seine Worte verhallen.

Selbst große Zusammenschlüsse aber würden das Kernproblem kaum lösen: Nahezu alle Banken sind - ähnlich wie MPS - mit Privatanlegern verbandelt. Nach Zahlen der Notenbank Banca d’Italia halten Sparer Bankenanleihen im Wert von 200 Milliarden Euro. Als einige Anleger vor zwölf Monaten mit der Anleihe einer Regionalbank Geld verloren, nahm sich ein Rentner das Leben. Der Mann war sein Erspartes los. Seitdem gilt es in Italien, EZB hin, deutscher Finanzminister her, als ausgeschlossen, Privatanleger zu belangen.

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