Brexit "Wir brauchen jetzt weniger Europa"

Seite 2/2

"Eine Sozialunion bringt uns nicht weiter"

Heißt konkret?

Eine Sozialunion mit Transfertöpfen und Strukturfonds bringt uns nicht weiter. Die Regionen, die vor zehn oder 20 Jahren sozial schwach waren, sind es auch heute noch. Außer Irland hat niemand die Strukturgelder sinnvoll eingesetzt. Wir müssen uns wieder voll auf den Binnenmarkt konzentrieren, das Herz der Europäischen Union.

Wie können die Briten die EU verlassen und zugleich am Binnenmarkt teilnehmen?

Mit dem norwegischen Modell gibt es eine gute Vorlage.

Aber das Modell Norwegen hieße: Die Briten zahlen ins EU-Budget ein - ohne mitbestimmen zu dürfen.

Wir müssen jetzt ergebnisoffen in die Verhandlungen gehen. Was aber nicht geht: Eine Trotzreaktion der "guten" Europäer. Dann bekommen die Nationalisten und Europaskeptiker weiter Zulauf.

Wie es nach dem Referendum weiter geht
Premierminister David Cameron Quelle: dpa
Artikel 50 Quelle: dpa
Der ungeregelte Austritt Quelle: dpa
Das Modell „Norwegen“: Quelle: dpa
Das Modell „Schweiz“: Quelle: dpa
Das Modell „Kanada“: Quelle: dpa
Das „WTO“-Modell Quelle: REUTERS

Was haben die Europäer falsch gemacht?

Die nationalen Regierungen haben vieles, was sie daheim nicht durchbekommen haben, über Brüssel gespielt. Für alles, was gut war, haben sich die Nationalstaaten dann gefeiert. Alles was schlecht war, haben sie Brüssel angekreidet. Das war polit-strategisch clever, rächt sich jetzt aber.

Und so ist das Bild vom Moloch Brüssel entstanden.

Die EU-Kommission in Brüssel beschäftigt weniger als 30.000 Menschen, die Stadt Köln hat vermutlich mehr Mitarbeiter. Natürlich ist die Brüsseler Selbstherrlichkeit manchmal schwer erträglich. Aber wir sollten auch nicht alles schlecht reden. Wir müssen dafür sorgen, dass Brüssel besser funktioniert.

Haben Sie Sorge um Großbritannien?

Kurzfristig schon. Vor allem besorgt mich, dass es das Vereinigte Königreich zerreißt. Die eine Hälfte wird der anderen ewig Vorhaltungen machen.

Und die Nordiren und Schotten spalten sich womöglich ab.

Ein Little England wäre bitter. Langfristig bin ich aber nicht sicher, was geschieht. Das Referendum ist nicht bindend. Ein neues Parlament könnte nach Parlamentswahlen entscheiden, in der EU zu bleiben.

Was die Bürger kaum akzeptieren dürften.

Ja, aber dann müssen die Briten binnen zwei Jahren mit 120 Ländern Freihandelsabkommen neu verhandeln. Das ist unmöglich. Vielleicht erklären sie schlicht einseitig den Freihandel und machen sich zur großen Freihandelszone Europas. Dann hätte eher der Rest Europas ein Problem.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%