Brexit May macht sich auf harte Verhandlungen gefasst

Beim EU-Gipfel haben die verbleibenden EU-Länder ihre Leitlinien für die Brexit-Verhandlungen verabschiedet. Die britische Premierministerin Theresa May erwartet harte Verhandlungen - und will ebenfalls Härte zeigen.

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Großbritanniens Premierministerin Theresa May. Quelle: REUTERS

Nach dem Brexit-Sondergipfel der EU erwartet die britische Premierministerin Theresa May harte Verhandlungen mit der Europäischen Union. Das Treffen am Samstag in Brüssel und einige andere Kommentare von europäischen Staats- und Regierungschefs ließen darauf schließen, sagte May am Sonntag dem Sender BBC. Sie bekräftigte ihre Position, lieber keine Vereinbarung mit der EU als eine schlechte abzuschließen. Neuen Umfragen zufolge holt die Opposition vor der Neuwahl des Unterhauses am 8. Juni in der Wählergunst auf. May kann aber weiter mit einem klaren Wahlsieg und damit Rückendeckung vor den Brexit-Verhandlungen rechnen.

Auf dem Sondergipfel der übrigen 27 Mitgliedsstaaten hatten die Staats- und Regierungschefs die Leitlinien für die Gespräche mit Großbritannien vereinbart. Diese wurden bereits nach wenigen Minuten Beratungen einstimmig und unter Applaus vereinbart. Sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch EU-Ratspräsident Donald Tusk lobten die Einheit der EU-27. Für Missstimmung sorgte in Brüssel allerdings ein Bericht, dass Großbritannien wegen der bevorstehenden Wahl die Auszahlung von sechs Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt blockiere.

May unterstrich, dass sie bereit sei, vom Verhandlungstisch aufzustehen, wenn sie mit einem sich abzeichnenden Resultat nicht einverstanden wäre. "Ich würde das nicht sagen, wenn ich es nicht so meinen würde", sagte sie dem Sender ITV. Mit einem richtigen und starken Ansatz in den Verhandlungen könne aber ein guter Deal für Großbritannien erreicht werden.

In Brüssel bestehen Sorgen über den Stand der Vorbereitungen in London für die komplizierten Verhandlungen. Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mahnten die britische Regierung, sich keine Illusionen über den Ablauf der Gespräche zu machen. Die EU werde zunächst über die Austrittsmodalitäten verhandeln. Erst wenn man dort zu substantiellen Ergebnissen gekommen sei, könne man auch über das künftige Verhältnis Großbritanniens zur EU reden, betonte Merkel. Allerdings sei EU-Unterhändler Michel Barnier sehr optimistisch, dass man bereits im Herbst mit der zweiten Verhandlungsphase beginnen könne.

May hatte die Neuwahl des Parlaments durchgesetzt, um ihre Verhandlungsposition zu stärken. Drei am Samstag veröffentlichte Umfragen signalisierten eine wachsende Zustimmung zur Labour-Partei. Mays' Konservative dürften demnach die Wahl zwar mit einem Vorsprung von elf bis 17 Prozentpunkten gewinnen. Vor einer Woche hatte der Abstand zwischen der Labour Partei und den Tories aber noch bis zu 25 Punkte betragen. So schrumpfte der Vorsprung in einer You-Gov-Umfrage von 23 auf 13 Punkte. Möglicherweise hätten sich einige Unentschlossene mittlerweile für Labour entscheiden, sagte YouGov-Experte Anthony Wells.

Verärgerung über britische Geld-Blockade

Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtet von einer britischen Blockade gegen die Auszahlung von sechs Milliarden Euro an zusätzlichen EU-Mitteln, die etwa für den Aufbau der neuen Grenz- und Küstenwache und für die Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten vorgesehen sind. Während der Schritt in der EU-Kommission als ein britischer Warnschuss vor den schwierigen Finanzverhandlungen mit der EU beim Austritt angesehen wurde, wies ein britischer Diplomat diesen Vorwurf zurück. Vor einer Parlamentswahl müssten in London sensible Finanzentscheidungen zurückgehalten werden.

Auch die Frage des Verhältnisses zwischen Irland und dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland muss geklärt werden. Dort hatten die Spannungen zwischen Protestanten und Katholiken in den vergangenen Jahren abgenommen. Durch den Brexit könnte sich dieser Konflikt wieder verschärfen. Merkel hat diese Frage als eine von "Krieg und Frieden bezeichnet". Die EU beschloss am Samstag, dass sie Nordirland bei einer Vereinigung mit Irland als Teil der EU ansehen werde. Dazu müsste es aber zuvor ein Referendum geben, das im Friedensabkommen für Nordirland von 1998 auch vorgesehen ist. Sowohl die irische als auch die britische Regierung müssten einer Volksabstimmung zustimmen.

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