Brexit-Referendum "Ich mag keine Nationalisten"

Die meisten Londoner hoffen darauf, dass es mit dem Brexit nichts wird. Die Nacht durchmachen wollen sie aber nicht. Nur die Banker in der City brauchen viel Durchhaltevermögen. Ein Stimmungsbericht aus London.

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Der Rechtsanwalt Sebastian Wallace wirbt in London für den Verbleib. Quelle: dpa

Der Platz vor der historischen Guildhall Kunstgalerie in der Londoner City ist zum Lunch fest in internationaler Hand. Vietnamesisches Streetfood wird neben türkischen Lahmacun, Burritos aus Mexiko und pakistanischem Kebab verkauft. Vor den kleinen Essensständen reihen sich in langen Schlagen die Banker und Geschäftsleute der Londoner City, einem der größten Finanzplätze der Welt. Vielfalt wird hier gelebt, ein Banker mit nigerianischen Wurzeln erzählt seiner Kollegin aus Sambia von seinem neuesten Start-up.

Kaum vorstellbar, dass das alles bald vorbei sein könnte. Schottet Großbritannien sich ab, dürften vor allem die ausländischen Mitarbeiter der großen Konzerne schnell das Weite suchen. Stimmt Großbritannien tatsächlich für den Brexit, also den Austritt aus der EU, ist das gleichzeitig ein Nein zum internationalen Flair und ein Ja, hin zur nationalen Kleinbürgerlichkeit.

An einem Stand verkauft ein Schotte neben Wurstrollen auch Schottische Eier, die, hartgekocht und mit Wurstbrät umwickelt eine Spezialität des Landes sind. Selbst diese könnte es, sollten sich die Brexit-Befürworter durchsetzen, bald nicht mehr geben – viele Beobachter gehen davon aus, dass die nördlichen Nachbarn bei einem „Leave“ ebenfalls schnell das Weite suchen würden.

„Remain“ dominiert die City

Kein Wunder, dass die City, das wichtige Londoner Geschäftsviertel, fest in der Hand der Brexit-Gegner ist. „Die City ist so international“, sagt Peter Gostev, der gegenüber der Bank of England einen kleinen Tisch mit Wahlkampfmaterial aufgebaut hat. 10.000 Sticker mit der Aufschrift „I’m in“ habe er allein in wenigen Stunden verteilt. Tatsächlich blitzt so ein blauer Sticker am Donnerstag in der City an vielen Revers der Sakkos und Blazer.

Damit dominieren die Brexit-Gegner am Wahltag, an dem auch in London traditionell kein offizieller Wahlkampf mehr gemacht wird, das Straßenbild. Vor zahlreichen zentralen U-Bahn-Stationen haben sie Vertreter ihrer „I’m in“-Kampagne postiert.


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