Die EU-Kommission hat am Montag versucht, etwas Druck aus dem Streit über den europäisch-kanadischen Handelspakt Ceta zu nehmen. „Wir müssen jetzt Geduld haben“, sagte ein Sprecher in Brüssel. Die Kommission habe Belgien und der Region Wallonie kein Ultimatum gestellt. Er bejahte die Frage, ob Ceta auch bei einer Absage des für Donnerstag geplanten Termins zur Unterschrift auf dem Tisch bleibe, ging aber nicht näher darauf ein.
Zuvor hatte der wallonische Parlamentspräsident Andre Antoine gesagt, dass es an diesem Montag kein Ja geben könne. Das hatte die EU von Belgien aber verlangt, um am Donnerstag bei einem EU-Kanada-Gipfel den Vertrag unterzeichnen zu können. Ohne das Ja der Wallonie kann Belgien Ceta nicht zustimmen. Antoine schlug vor: "Eine vernünftige Zielmarke wäre Ende des Jahres. Bis dahin könnten wir es schaffen."
Wallonien wolle ein Abkommen, aber es müsse mit einem Minimum an Respekt verhandelt werden, sagte Antoine. "Es gibt einen riesigen Misch-Masch an Texten. Das ist kein seriöses internationales Recht. Zweitens sind Ultimaten und Drohungen nicht Teil der Demokratie", sagte er mit Blick auf die von der EU bis Montagabend gesetzte Frist.
Die Freihandelsabkommen
Ceta ist die Abkürzung für das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada. Es steht für „Comprehensive Economic and Trade Agreement“ (Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen). Die technischen Verhandlungen begannen 2009, beendet wurden sie 2014. Am 27. Oktober soll Ceta unterzeichnet werden. Ziel des Abkommens ist es, durch den Wegfall von Zöllen und „nichttarifären“ Handelsbeschränkungen wie unterschiedlichen Standards und Normen das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.
Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums ist die EU für Kanada nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner. Ceta gilt auch als Blaupause für das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP), das den weltgrößten Wirtschaftsraum mit rund 800 Millionen Verbrauchern schaffen würde. Kritiker sehen durch beide Abkommen unter anderem demokratische Grundprinzipien ausgehöhlt.
TTIP ist ein sich in der Verhandlung befindendes Freihandels- und Investitionsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA. Seit Juli 2013 verhandeln Vertreter beider Regierungen geheim – auch die nationalen Parlamente der EU erhalten keine detaillierten Informationen.
In dem Abkommen geht es um Marktzugänge durch den Abbau von Zöllen. Zudem sollen globale Regeln entwickelt werden – etwa zur Vereinheitlichung von Berufszugängen innerhalb der Handelszone. Auch Gesundheitsstandards und Umweltstandards sollen angeglichen werden.
Als Blaupause für das Abkommen gilt CETA.
Der belgische Ministerpräsident Charles Michel hat ein Treffen der Bundesregierung mit den Regierungen der Regionen für 13.00 Uhr anberaumt, um über eine Ausweg aus der Krise zu beraten. Am Abend wollen dann EU-Ratspräsident Donald Tusk, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau entscheiden, ob der EU-Kanada-Gipfel am Donnerstag stattfindet.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hatte sich am Samstag nach Vermittlungsgesprächen mit der kanadischen Handelsministerin und dem wallonischen Regierungschef optimistisch geäußert, dass zeitnah eine Lösung gefunden werden könne. Handelsministerin Chrystia Freeland sagte, ihr Land halte das Ceta-Abkommen nicht für gescheitert und hoffe weiter auf eine Unterzeichnung am Donnerstag.