Sondern?
Notwendig sind mehr pragmatische Schritte. Immer noch existieren zu viele nationale Hürden. So müsste es etwa einen funktionierenden europäischen Rüstungsmarkt geben, aber dafür sind die nationale Hürden zu beseitigen.
Was für Hürden sind das?
Es sind die jeweiligen Nationen, die Waffen bestellen und die Planungen vornehmen. Hier fehlt es an Zusammenarbeit zwischen den EU-Staaten. Die Staaten sind gemeinsam in einem Bündnis – da sollte es eine gemeinsame Bedarfsplanung geben: Was brauchen die Staaten an militärischem Gerät? Wofür brauchen sie es? Wer soll es herstellen? Und da geht es letzten Endes um die Verteilung des Kuchens.
Braucht die Bundeswehr mehr Geld?
Die Bundesregierung hat bisher nicht vor, die Finanzmittel für die Bundeswehr wesentlich aufzustocken. Im Haushaltsplan für 2015 gehört der Verteidigungsetat zu den wenigen Posten, bei denen gekürzt wurde - wenn auch nur um 0,5 Prozent. Bis 2018 ist eine leichte Steigerung von 32,3 auf 36,86 Milliarden Euro vorgesehen. Angesichts der Ausrüstungslücken bei der Bundeswehr wird jetzt der Ruf nach einer deutlich stärkeren Erhöhung lauter. Was spricht dafür und was dagegen?
Quelle: dpa
Deutschland will mehr Verantwortung in der Welt übernehmen. Bei den Verteidigungsausgaben liegt es aber weit hinter den wichtigsten Nato-Partnern zurück. Während der Bundesregierung Armee und Ausrüstung nur 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wert sind, investieren die USA 4,4 Prozent in ihr Militär, Großbritannien 2,4 Prozent und Frankreich 1,9 Prozent. Erklärtes Nato-Ziel ist es, zwei Prozent des BIP für die Verteidigung auszugeben. Das bekräftigte das Bündnis auch bei seinem Gipfeltreffen in Wales Anfang September - mit dem Einverständnis von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Zumindest bei der Beschaffung von Ersatzteilen gibt es eine Finanzlücke. Die Mittel dafür wurden 2010 gekürzt. Militärs beklagen, dass die Bundeswehr heute noch darunter zu leiden hat.
Auf die Bundeswehr kommen immer wieder neue Aufgaben hinzu. Die Nato will ihre Reaktionsfähigkeit im Krisenfall verbessern. Der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus wird möglicherweise noch Jahre dauern. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat den Vereinten Nationen auch ein stärkeres Engagement Deutschlands bei Blauhelmeinsätzen in Aussicht gestellt. Das alles geht nicht ohne modernes, robustes und gut gepflegtes Material.
Die Bundeswehrreform wurde nach dem Prinzip „Breite vor Tiefe“ entworfen. Das heißt: Die Truppe soll alles können und braucht dafür in jedem Bereich die entsprechende Ausrüstung. Das kostet. Bleibt man bei diesem Prinzip, muss auch Geld dafür zur Verfügung gestellt werden.
Das Rüstungsproblem der Bundeswehr ist nicht in erster Linie ein finanzielles Problem, sondern ein Managementproblem. Das macht sich schon daran bemerkbar, dass im vergangenen Jahr insgesamt 1,5 Milliarden Euro des Verteidigungsetats gar nicht ausgeschöpft wurden.
Das Prinzip „Breite vor Tiefe“ widerspricht den Bestrebungen von Nato und EU, innerhalb der Bündnisse Aufgaben zu teilen. Diese Bemühungen kommen bisher allerdings nur schleppend voran. Man könnte sich stärker dafür einsetzen, um zu einem effizienteren Rüstungssektor zu kommen.
Je mehr verschiedene Militärgeräte es gibt und je geringer die Stückzahlen, desto größer ist auch der Wartungs-, Instandhaltungs- und Ausbildungsaufwand. Deswegen könnte eine stärkere Spezialisierung der Bundeswehr Kosten sparen.
Bei der Beschaffung neuer Rüstungsgüter kommt es regelmäßig zu Verzögerungen und Kostensteigerungen, denen man durch ein besseres Vertragsmanagement entgegenwirken kann. Nur einige Beispiele: Der Kampfhubschrauber „Tiger“ sollte im Dezember 2002 ausgeliefert werden. Daraus wurde Juli 2010. Auf den Transporthubschrauber NH90 musste die Bundeswehr sogar neun Jahre länger warten als ursprünglich vorgesehen. Die Kosten für die Fregatte 125 haben sich im Laufe der Entwicklung von 656 Millionen auf 758 Millionen Euro erhöht. Der Preis für ein Transportflugzeug A400M stieg wegen einer nachträglichen Reduzierung der Stückzahl von 124,79 auf 175,31 Millionen Euro.
Kooperationen auf Produzentenebene gibt es doch bereits. Die Sorgendrohne Euro Hawk und der Eurocopter Tiger sind zum Beispiel Gemeinschaftsprojekte. Sie scheinen aber mehr Probleme zu bereiten als zu lösen.
Kooperation heißt ja nicht, dass es einfacher wird. Ab einem gewissen Punkt bringen die teilhabenden Nationen unterschiedliche Interessen ein: Die Franzosen haben andere Vorstellungen von einem Helikopter und seinem Gebrauch als die Deutschen. Dann muss das System in verschiedenen Varianten hergestellt werden. Das ist ineffizient und teuer.
Das Problem ist oft die Förderung der heimischen Industrie. Warum muss Airbus beispielsweise für den A400M einen neuen Antrieb herstellen, wenn es ein kanadisches Unternehmen gibt, das einen viel erprobten Antrieb vorweisen kann?
Da stecken nationale Wirtschaftsinteressen hinter. Das ist reine Industriepolitik.
Ist das ein neues Phänomen?
Nein, das war schon immer so. Als die Bundeswehr beispielsweise in den Neunziger Jahren anfing, umzurüsten, um eine Armee des Einsatzes zu werden, stellte sie fest, es fehlt an strategischen Transportmitteln. Auf dem Markt war ein preisgünstiges Flugzeug, die ukrainische Antonow, das den Anforderungen entsprach.
Trotzdem wurde ein neues Projekt aufgelegt: Der Airbus A400M. Der A400M ist nicht einmal in der Lage, das zu erfüllen, was gefordert war. Deutschland, Frankreich und die anderen beteiligten Staaten zogen die Förderung der heimischen Industrie trotzdem vor. Hinter solchen Entscheidungen stecken immer auch nationale, ökonomische und industriepolitische Interessen.
Sind solche Kooperationen eher Vorzeigeprojekt, um der Welt zu zeigen: Wir kooperieren militärisch, wir haben mit Airbus, vormals EADS, ein deutsch-französisches Großunternehmen?
Hinter EADS steckt mehr als bloße Symbolik. Aber die Grundregel ist: Die meisten Rüstungsindustrien sind national. Und EADS ist mit seinem Versuch gescheitert, mit der britischen Rüstungsfirma BAE Systems zu fusionieren – und zwar auf Druck der Bundesregierung. Die Folge: EADS will sich mehr auf den zivilen Flugsektor konzentrieren.