Denkfabrik Diese Kettenreaktion droht nach dem Brexit

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Weniger Wachstum

Der wegfallende Handel könnte vielmehr nach aktuellen Berechnungen des ifo Instituts die britische Wirtschaftsleistung um bis zu drei Prozent reduzieren. Hinzu kommt, dass mit dem schrumpfenden Handel auch die wirtschaftliche Dynamik insgesamt leidet, die Unternehmen also weniger investieren und Innovationen ausbleiben.

Wenn man das berücksichtigt, könnten die Verluste bis zu 14 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen. Eine Studie der London School of Economics hält gar Verluste von bis zu 20 Prozent für denkbar. Auch in der EU würde der sinkende wirtschaftliche Austausch zu Wachstumsverlusten führen.

Dies gilt insbesondere für Länder wie die Niederlande und Luxemburg, die durch die Finanzindustrie eng mit dem Vereinigten Königreich verbunden sind. Auch in Deutschland wären Verluste zu erwarten – nach ifo-Berechnungen bis zu drei Prozent vom BIP.

Was zudem in der Brexit-Frage noch zu wenig diskutiert wird, sind mögliche Verwerfungen an den Devisenmärkten. Das britische Pfund hat im Vorfeld des Referendums bereits an Wert verloren; die Abwertung würde sich bei einem EU-Austritt wohl beschleunigen. Einige Banken prognostizieren eine Kapitalflucht und einen regelrechten Absturz der britischen Währung auf unter einen Euro. Die britische Notenbank müsste mit Zinserhöhungen dagegenhalten.

Die bekanntesten Brexit-Gegner und -Befürworter
 Christine Lagarde Quelle: dpa
David Cameron Quelle: REUTERS
George Osborne Quelle: REUTERS
 Jean-Claude Juncker Quelle: REUTERS
Michael Gove Quelle: REUTERS
Donald Trump Quelle: AP
Barack Obama Quelle: AP

Das wiederum würde den Häusermarkt in Schieflage bringen – viele Haushalte haben hohe Hypotheken aufgenommen, bei denen die Zinsen jährlich angepasst werden.

Könnte dadurch auch das Vertrauen der Märkte in den Euro leiden? Verabschieden sich die Briten, liegt die Frage nahe, ob weitere Länder die EU (oder den Euro-Raum) verlassen wollen. Derzeit hat zwar kein EU-Staat Austrittsabsichten geäußert. Doch ist zu erwarten, dass angesichts der latenten Unsicherheit der Euro gegenüber der traditionellen Krisenwährung US-Dollar abwertet.

All dies zeigt: Eine Entscheidung für einen Brexit wäre ökonomisch irrational – aber in einem Referendum ist nicht garantiert, dass wirtschaftliche Vernunft den Sieg davonträgt.

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