Donald Tusk Gute Konjunktur in Europa

Die 28 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union kommen in Brüssel zusammen - es ist wohl der letzte Frühjahrsgipfel, bevor es ernst wird mit dem Brexit.

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Donald Tusk: Gute Konjunktur in Europa Quelle: AP

Vor dem EU-Gipfel an diesem Donnerstag und Freitag mahnt Ratspräsident Donald Tusk zu weiteren Anstrengungen für eine wirtschaftliche Erholung Europas. Der Schwung müsse erhalten bleiben, sagte Tusk. Der Pole steht bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in Brüssel zur Wiederwahl - und kann trotz Widerstands aus seinem Heimatland wohl mit einer Mehrheit rechnen. Auch Kanzlerin Angela Merkel befürwortet eine zweite Amtszeit Tusks bis Ende 2019. Polen hatte am Mittwochabend seinen Widerstand gegen Tusk bekräftigt. Offizieller Kandidat des Landes sei der polnische Europaabgeordnete Jacek Saryusz-Wolski, sagte Außenminister Witold Waszczykoski bei einem Treffen mit seinem deutschen Kollegen Sigmar Gabriel in Warschau. Polens Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit PiS hatte Tusk die Unterstützung versagt. Der Liberale gilt als Feind des PiS-Chefs Jaroslaw Kaczynski.

Vor Beginn des Brüsseler Treffens gibt Merkel im Bundestag eine Regierungserklärung zu Europa ab. Dabei dürfte auch die Debatte über die Zukunft der Gemeinschaft nach dem Ausscheiden Großbritanniens eine Rolle spielen. Die Kanzlerin hatte zuletzt gemeinsam mit dem französischen Präsidenten François Hollande für ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten geworben. Beim Frühjahrsgipfel der EU stehen die Themen Wirtschaft, Wachstum und Beschäftigung traditionell im Zentrum. Diesmal gilt die Ausgangslage als günstig. Tusk erinnerte am Mittwoch daran, dass es erstmals seit fast zehn Jahren in allen 28 EU-Mitgliedstaaten Wachstum gebe. Trotz der weiter hohen Arbeitslosigkeit sei dies eine gute Nachricht.

Die EU-Länder wollen sich nach einem Entwurf der Gipfelerklärung zu weiteren Strukturreformen und einer Ausweitung des Investitionsfonds EFSI bekennen. Auch ihre weitere Unterstützung für fairen Freihandel wollen sie betonen, trotz der protektionistischen Politik des neuen US-Präsidenten Donald Trump. Außerdem soll das baldige Inkrafttreten des Handelspakts CEta mit Kanada gewürdigt werden.

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verlangte, die EU müsse anderen Staaten Paroli bieten, die auf den Weltmärkten mit unredlichen Methoden Handel treiben. „Wir müssen weiterhin unsere Zähne zeigen und gegen unfaire Handelspraktiken vorgehen, wie wir es zum Beispiel mit der Einführung von Antidumpingzöllen auf chinesischen Stahl, auf Mais aus Thailand oder Biodiesel aus den USA, Argentinien und Indonesien getan haben“, schrieb er in einem Gastbeitrag für den „Kölner Stadt-Anzeiger“. Weitere Themen des Gipfels sind am Donnerstag abermals die Flüchtlingskrise, die Sicherheits- und Verteidigungspolitik und der Westbalkan. Die EU zeigt sich besorgt über die „fragile Lage“ in der Region im Südosten Europas und fürchtet einen zunehmenden Einfluss Russlands.

Der Gipfel muss nach Auffassung des führenden CSU-Europapolitikers Manfred Weber auch über die Lage in der Türkei sprechen und Konsequenzen ziehen. „Der Europäische Rat sollte die laufenden Beitrittsgespräche mit der Türkei einfrieren“, sagte Weber der Deutschen Presse-Agentur und anderen europäischen Medien in Paris. Hintergrund sind die Pläne des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für eine Verfassungsgreform, die ihm zu viel mehr Macht verhelfen würde. Am Freitag endet das zweitägige Treffen mit einer Debatte über die Zukunft der EU ohne Großbritannien. Die 27 bleibenden Länder wollen sich auf Eckpunkte einer Erklärung zur Feier des 60. Jahrestags der Römischen Verträge am 25. März einigen. Die Linken-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht forderte einen grundlegenden Kurswechsel in der Europäischen Union. „Wer antieuropäischen Stimmungen den Boden entziehen will, muss sich für einen demokratischen Neuanfang in Europa einsetzen, bei dem soziale Rechte größeres Gewicht bekommen als Kapitalfreiheiten“, sagte Wagenknecht der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Lässt man dagegen die Brüsseler Lobbykraten so weitermachen wie bisher, hat die EU keine Zukunft.“ 

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