Einwanderungspolitik Die große Völkerwanderung - und was zu tun ist

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Asylverfahren, die keine Auswirkungen haben

Für Fremde, die das Territorium eines anderen Landes betreten, gibt es sechs soziologisch-juristische Einordnungs-Kategorien: 1. Gastarbeiter, 2. Migranten als Einwanderer (erwünscht), 3. Migranten als Zuwanderer (unerwünscht), 4. Illegale Armutsflüchtlinge, 5. Kriegsflüchtlinge nach internationalem Recht und 6. politisch Verfolgte, die das Recht haben nach Art. 16 GG Asyl zu bekommen. Diese Kategorien sind nicht vertauschbar. Eine humanitäre Politik kann daher keine Einwanderungspolitik ersetzen. Dieser internationale Standard des Wissens über den Gegenstand scheint heute in Europa nicht zu gelten.  

Zur Kategorie 1 gehören die Türken, Spanier und Italiener, die nach 1960 rechtlich befristet kamen. Die anderen fünf Kategorien werden in Deutschland meist durcheinander gebracht und in den Topf „Asylsuchende“ hineingeworfen. Es ist lächerlich, wie der deutsche Staat aufwendige Verfahren zur Überprüfung von Asylanträgen durchführt, die im Resultat dann belanglos sind, da fast alle abgelehnten Asylbewerber (zur Zeit in Deutschland ca. eine halbe Million) zunächst Duldungsstatus bekommen, der nach wenigen Jahren zum Daueraufenthaltsrecht mit vollem Zugang zu sozialstaatlichen Leistungen wird.

Es stellt sich die zynische Frage: Warum werden überhaupt solch aufwendige Asylverfahren durchgeführt, wenn sie gar keine Auswirkung bzw. Geltung haben? In Essen zum Beispiel wird ein Drittel der dort seit dem Libanon-Krieg 1975-1990 lebenden Libanesen seit drei Generationen rechtlich nur „geduldet“. Sie leben in ihren Clans in einer Parallelgesellschaft, finanziert vom Sozialstaat und sehr oft durch Kriminalität. Man kann vermuten, dass viele neue Migranten dem libanesischen Modell von Essen folgen werden.

Deutschland fehlt eine verantwortungsvolle Einwanderungspolitik. Das beschädigt massiv das Ansehen des Staates. Wir müssen Einwanderung und Asyl endlich voneinander trennen.
von Ferdinand Knauß

Zuwanderung ist naturwüchsig und chaotisch, so wie in Deutschland von September bis Dezember 2015, als alle Grenzkontrollen abgeschafft wurden und 1,5 Millionen Menschen unkontrolliert kamen. Einwanderung erfolgt dagegen erstens nach Bedarf der Aufnahmegesellschaft und zweitens mit dem Ziel, die eingewanderte Person auf Dauer zum individuellen Mitglied des Gemeinwesens zu machen. Ein Bürger-Status als Citoyen muss durch Arbeit erworben werden und kann nicht geschenkt werden, so wie Gesinnungsethiker dies tun, wenn sie Flüchtlinge, die noch nicht einmal die Landessprache sprechen, zu „neuen Bürgern“ hochstufen.

Trennen muss man auch zwischen Einwanderungspolitik und humanitärer Politik. Es ist unbestreitbar, dass politisch Verfolgte ein Recht auf Asyl haben – dieses Recht ist aber ein individuelles und kein Gruppenrecht. Die Anerkennung einer politischen Verfolgung verleiht dem Antragsteller zudem keinen Dauerstatus sondern berechtigt nur zu einem zeitlich begrenzten Aufenthalt. Sie ist also keine Einwanderung.

Zu diesen meist vernachlässigten Unterscheidungen kommt hinzu: Jeder Staat muss ein „national interest“, als ein nationales Interesse haben und seine Politik dementsprechend gestalten. Viele Islamisten werden in ihren eigenen islamischen Ländern verfolgt, dennoch sollte man ihnen kein Asylrecht in Deutschland gewähren, weil sie ein sicherheitspolitisches Risiko für das deutsche „national interest“ bilden. Dieses Tabu muss man brechen und sagen, dass neben der humanitären Politik auch Sicherheitspolitik eine gleichrangige Rolle spielen muss, wenn der Rechtstaat sich nicht selbst verleugnen will. ung betreiben will.

Sicherheit ist ein zentraler Aspekt der Ein- und Zuwanderungspolitik. Der Migrationsforscher Myron Weiner widmet in seinem großartigen Buch The Global Migration Crisis dem Thema „Security“ ein ganzes Kapitel. Im Gegensatz zu solcher verantwortungsethischen Wissenschaft macht das linksgrüne Narrativ hierzulande die Verbindung von Migration und Sicherheit zum Tabu. Wer sich daran nicht hält, wird als islam- und fremdenfeindlich in alter deutscher Tradition eingestuft, wonach jede „Abweichung gereizt geahndet“ (Adorno) wird.

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