EU-Gipfel Türkei fordert weitere drei Milliarden Euro

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Orban: „Die Grenzen müssen geschlossen werden“

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen leben heute 2,7 Millionen syrische Flüchtlinge in der Türkei - und es werden monatlich mehr. Bei der Gipfelvorbereitung war lediglich davon die Rede gewesen, dass die Türkei Wirtschaftsflüchtlinge zurücknehmen könnte. Am Rande des Spitzentreffens berichteten Diplomaten nun, dass möglicherweise auch Syrer in die Türkei zurückgeschickt werden könnten.

Status und Schutz von Flüchtlingen in Deutschland

Wegen Grenzkontrollen, unter anderem in Mazedonien, passierten zuletzt jedoch weniger Menschen diesen Weg. In Griechenland strandeten Zehntausende Menschen. Forderungen, die sogenannte Balkanroute für Flüchtlinge komplett zu schließen, sorgten auch beim Gipfel in Brüssel für Diskussionen.

Merkel sagte dazu: „Es kann nicht sein, dass irgendetwas geschlossen wird.“ Die CDU-Politikerin lehnte damit eine Formulierung in einem Entwurf für die Abschlusserklärung des Gipfels ab. Über sie sollte die Flüchtlingsroute über den westlichen Balkan für „geschlossen“ erklärt werden.

Länder an der Balkanroute verteidigten hingegen die Formulierung. „Ich bin sehr dafür, mit klarer Sprache allen zu sagen: Wir werden alle Routen schließen, die Balkanroute auch“, sagte der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann, dessen Land zuletzt Obergrenzen für Flüchtlinge eingeführt hatte.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban erklärte: „Die Grenzen müssen geschlossen werden.“ Niemand dürfe mehr ohne Erlaubnis und Registrierung durchkommen.

Mit Spannung wurde erwartet, ob sich einige EU-Staaten bereiterklären, der Türkei eine bestimmte Zahl an Flüchtlingen abzunehmen. Ankara poche auf eine solche Kontingentlösung, hieß es von Diplomaten. Die türkische Regierung strebt auch an, dass die von der EU in Aussicht gestellte Visa-Liberalisierung für türkische Staatsbürger schneller kommt als zunächst geplant. Bisher hatte die EU geplant, vom Oktober an eine visafreie Einreise zu gestatten.

Belastet wurden die Verhandlungen zur Flüchtlingsfrage durch das Vorgehen der türkischen Justiz gegen die größte Oppositionszeitung „Zaman“. Sowohl türkische Oppositionspolitiker als auch Staats- und Regierungschefs warnten vor einem Verrat europäischer Prinzipien. „Es kann (...) nicht sein, dass wegen der Flüchtlingsfrage andere Werte, die für Europa wichtig sind, wie Pressefreiheit, einfach über Bord geworfen werden“, sagte Luxemburgs Premier Xavier Bettel.

Die türkische Oppositionspartei HDP übte konkret Kritik an Kanzlerin Merkel. Seit es die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise gebe, schweige die deutsche Regierung zu Menschenrechtsverletzungen und zum Druck auf die Medien, sagte der Ko-Vorsitzende Selahattin Demirtas.

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