Der einzige Punkt, in dem sich die europäischen Staats- und Regierungschefs beim Gipfel-Abendessen einig waren, ist der Umgang mit Griechenland. Das Land soll in der Eurozone bleiben – es muss aber die Spar- und Reformvorhaben umsetzen.
Es sei der "starke Wunsch" der EU-Kommission, dass das hoch verschuldete Griechenland Teil des Euro-Raums bleibe, sagte EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso. Frankreichs Präsident Hollande erklärte, sein Land habe sich nicht auf einen Austritt Griechenlands vorzubereiten: "Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um die Griechen vom Verbleib in der Euro-Zone zu überzeugen." Auch Kanzlerin Merkel habe dem griechischen Übergangsministerpräsidenten in einem bilateralen Gespräch in Brüssel versichert, dass Deutschland sich für einen Verbleib in der Euro-Zone einsetzen wolle, hieß es in Regierungskreisen. Dafür müsse das Land aber auch die Abkommen mit der Internationalen Gemeinschaft einhalten.
Die Bedingungen der SPD für ein Ja zum Fiskalpakt
Die SPD hat ihre Bedingungen für ein Ja zum europäischen Fiskalpakt konkretisiert. Eine Zustimmung in Bundestag und Bundesrat wird es demnach nur geben, wenn parallel zu dem Pakt, der für mehr Haushaltsdisziplin in Europa sorgen soll, ein umfangreiches Wachstums- und Beschäftigungsprogramm auf den Weg gebracht wird. Neue Schulden sollen dafür nicht gemacht werden.
In einigen Staaten Europas ist bereits jeder zweite Jugendliche arbeitslos. Jeder soll daher über eine „Jugendgarantie“ das Recht auf Aus- oder Weiterbildung unmittelbar nach dem Schulabschluss bekommen. Unternehmen sollen zeitlich befristete Zuschüsse erhalten, um Jugendliche auszubilden und neu einzustellen.
Gewerkschaften und europäische Unternehmen sollen - moderiert von der EU-Kommission - grenzüberschreitende Ausbildungs- und Jobprogramme für Jugendliche entwickeln. Finanziert werden soll dies aus bisher nicht ausgegebenen Mitteln des Europäischen Sozialfonds.
Ein Wachstums- und Beschäftigungsprogramm soll Arbeitsplätze vor allem in den krisengeplagten südlichen EU-Ländern schaffen - etwa beim Ausbau erneuerbarer Energien oder moderner Verkehrswege. Der neue Fonds soll durch vorhandene Gelder gespeist, die strengen Kofinanzierungsregeln sollen gelockert werden.
Insgesamt liegen derzeit laut SPD in drei EU-Strukturfonds 232 Milliarden Euro. Zudem soll die Europäische Investitionsbank stärker in Wachstumsprojekte investieren. Die Finanztransaktionssteuer soll kommen, auch wenn sie nicht alle Euro-Länder mitmachen.
Die SPD fordert einen europäischen Schuldentilgungsfonds für hoch verschuldete Länder. Das bedeutet, dass nationale Altschulden, die 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, von der europäischen Gemeinschaft getragen werden. Das Land muss sich aber zum Schuldenabbau verpflichten.
Zudem will die SPD eine europäische Bankenaufsicht. Banken, die hohe Risiken eingehen, sollen selbst dafür haften und gegebenenfalls Pleite gehen. Als Gegengewicht zu den privaten Ratingagenturen soll eine europäische Ratingagentur die Bonität von Ländern bewerten.
Ob das Volk dazu bereit ist, wird sich bei der Neuwahl des griechischen Parlaments am 17. Juni entscheiden. Sollten die Linksradikalen gewinnen, wird es schwer für Athen, eine Zukunft im Euroraum zu haben.
"Griechenland hat keine Chance"
Unabhängig vom Wahlausgang in Griechenland sieht Wirtschaftsprofessor Andreas Freytag für das Land schwarz. "Griechenland hat keine echte Chance im Euroraum. Ich sehe für das Land nur eine Perspektive. Es muss seine Wettbewerbsfähigkeit zurückerlangen, dafür muss es real deutlich abwerten; dies kann entweder durch Lohn- und Preissenkungen oder durch eine Währungsabwertung geschehen. Letzteres ist bestimmt einfacher."
Die Zukunft von Griechenland bleibt ungewiss. Das zentrale Thema ist das südeuropäische Land allerdings nicht mehr. Stattdessen streiten sich die Staats- und Regierungschefs über den Umgang mit Schulden, die Aufgaben des Rettungsschirmes ESM und die Einführung von Eurobonds. Eine Diskussion, die in die Sackgasse führt: Entweder die Eurozone treibt weiter auseinander – oder die Gemeinschaft begibt sich auf einen ökonomischen Ritt auf der Rasierklinge.