Euro-Krise Sind Europas Banken noch zu retten?

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Bankenunion frühestens in einem Jahr

Mario Draghi, Präsident der EZB, Eurogruppen Chef Jean Claude Juncker und EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen. Quelle: dpa

Draghi hat Konsequenzen gezogen und gemeinsam mit dem deutschen EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen an der Idee einer Bankenunion gefeilt. Gemeinsam haben sie Bundeskanzlerin Angela Merkel von der Idee einer europäischen Aufsicht überzeugt.

In der Praxis wird es allerdings noch eine ganze Weile dauern. Der finnische Ministerpräsident Jyrki Katainen geht davon aus, dass eine europäische Aufsicht frühestens in einem Jahr funktioniert. Und diese Schätzung könnte noch optimistisch sein, denn auch nach dem Grundsatzbeschluss des jüngsten EU-Gipfels bleiben Fragen.

So haben die Staats- und Regierungschefs beschlossen, die Aufsicht bei der EZB anzusiedeln. Sie berufen sich dabei auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Der sieht aber vor, dass der EZB neue Kompetenzen einstimmig übertragen werden – also nur, wenn auch jene zehn Mitgliedstaaten zustimmen, die der Euro-Zone nicht angehören. Großbritannien hat bereits angekündigt, sich von einer Bankenunion fernhalten zu wollen.

Notenbanker befürchten Überforderung der EZB

Auch Reckers vom Verband der öffentlichen Banken sieht die Rolle der EZB in der Bankenaufsicht kritisch: "Die europäische Bankenaufsicht sollte möglichst viele Aufgaben, etwa Sonderprüfungen einzelner Institute, bei den nationalen Behörden belassen und nur die größten Banken erfassen." Die EZB sei hierfür nur bedingt geeignet, weil sie lediglich für die 17 Euro-Staaten und nicht alle 27 Mitgliedsländer der EU verantwortlich sein kann. Es existiert aber auch ein ganz grundsätzliches Unbehagen bei vielen Notenbankern, die Banken-Aufsicht der EZB zu übertragen. Sie sind der Meinung, die EZB sei damit überfordert und sollte sich auf ihr Mandat der Preisstabilität konzentrieren.

Eine andere Möglichkeit wäre, die Eba auszubauen. Allerdings ist nicht klar, wie aus der schwächlichen Behörde, eine starke Macht werden kann. Nur im absoluten Ausnahmefall hat die Eba bisher Durchgriffsrechte. Welche Art von Informationen die nationalen Aufseher an die Eba weiterreichen, ist von politischen Interessen geprägt. Vor allem aber hat die Eba bei dubiosen Zahlen keinerlei Handhabe gegen den nationalen Aufseher, genauso wenig kann sie vor Ort Kontrollen veranlassen. Raimund Röseler, Exekutivdirektor Bankenaufsicht bei der deutschen BaFin, kommentierte trocken: "Die Eba hat das Problem, dass sie da ist, aber dass sie niemand mag."

Völlig unklar ist auch, wie viele Banken der europäischen Aufsicht unterstehen werden. Von 30 ist die Rede, sinnvoll wäre es vor allem, die grenzüberschreitend tätigen europäisch zu beaufsichtigen.

Über eine gemeinsame Einlagensicherung und einen Abwicklungsfonds will Kanzlerin Merkel allerdings erst dann ernsthaft diskutieren, wenn die europäische Aufsicht steht. Dazu hat Binnenmarktkommissar Michel Barnier Anfang Juni einen Vorschlag vorgestellt. Danach sollen sich die nationalen Abwicklungsfonds im Bedarfsfall gegenseitig Geld leihen. Barnier geht davon aus, dies würde das System viel stabiler machen. Unter den Mitgliedstaaten aber herrscht Misstrauen: Im Zweifel will man lieber nicht für die maroden Banken des anderen einstehen.

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