Ohnehin ist die Dämonisierung der Deflation, wie sie von keynesianischen Ökonomen betrieben wird, ökonomisch nicht zu rechtfertigen. „In einer Marktwirtschaft werden Fehlentwicklungen durch Anpassungen der Preise korrigiert, dazu gehören auch Preissenkungen auf breiter Front, wenn die Preise zuvor zu stark gestiegen sind“, sagt Stefan Kooths, Ökonom am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Eine Deflation sei daher „nicht der Untergang des Abendlandes“.
Das zeigt das Beispiel Japan. Seit Ende der Neunzigerjahre sind die Verbraucherpreise dort im Schnitt um 0,5 Prozent pro Jahr gesunken. Anders als oft behauptet hat es keine deflationäre Abwärtsspirale gegeben. Statt wegen der sinkenden Preise den Kauf von Gütern aufzuschieben und so die Preise weiter unter Druck zu setzen, strömten die Japaner in die Shoppingmalls. Die Sparquote der privaten Haushalte sank von sieben Prozent im Jahr 2000 auf drei Prozent im Jahr 2011.
Zudem erwiesen sich die Sorgen vor einer steilen Kletterpartie der Realzinsen im Gefolge der Deflation als unbegründet. So lagen die Realzinsen in Japan zwischen 2000 und 2012 bei rund 1,6 Prozent – deutlich niedriger als in anderen Industrieländern (Deutschland: zwei Prozent). Die Gewinne der japanischen Unternehmen stiegen in dieser Zeit trotz rückläufiger Preise. Denn die Arbeitsmarktreformen Ende der Neunzigerjahre hatten die Löhne flexibler gemacht. Sie sanken sogar stärker als die Preise, sodass die Unternehmensgewinne in Relation zum Volkseinkommen zulegten.
Ein verlorenes Jahrzehnt hat es daher für Japan durch die Deflation nicht gegeben. Im Gegenteil: Von 2000 bis 2007 wuchs Nippons Wirtschaft um rund zehn Prozent – ähnlich kräftig wie die deutsche Wirtschaft. Beim Pro-Kopf-Einkommen ließen die Japaner sogar Frankreich hinter sich.
Dass Deflation – anders als von Nachfrageökonomen gerne behauptet – in der Regel nicht mit schweren Wirtschaftskrisen einhergeht, zeigt eine Studie der Federal Reserve Bank von Minneapolis. Die Ökonomen Andrew Atkeson und Patrick Kehoe haben für 17 Länder über einen Zeitraum von mehr als 180 Jahren untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen Deflation und Depression gibt. Sie fanden 73 Deflationsphasen, von denen jedoch 65 ohne Depression verliefen. Nur für die Weltwirtschaftskrise Anfang der Dreißigerjahre stellten sie einen signifikant negativen Einfluss der Deflation auf das Wirtschaftswachstum fest. „Insgesamt“, so urteilen die Forscher, „gab es viel mehr Deflationen, die mit kräftigem Wachstum statt mit einer schrumpfenden Wirtschaft verbunden waren.“ Und: „Depressionen sind häufiger mit Inflation statt mit Deflation verbunden.“ Dabei fanden die meisten deflationären Wachstumsphasen unter dem Währungsregime des Goldstandards statt.