Euro-Krise Die EZB hält Griechenland über Wasser

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Die Frage nach der Zukunft der Währungsunion

Dass die Banken in Griechenland auf Notkredite ihrer eigenen Zentralbank zurückgreifen müssen, statt sich wie die Banken in anderen Ländern über reguläre Geldleihgeschäfte mit Zentralbankgeld zu versorgen, haben sie ihrer eigenen Regierung zu verdanken. Kaum im Amt, erklärte Tsipras das vereinbarte Reformprogramm für beendet. Die Währungshüter der EZB beschlossen daraufhin, griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheiten für reguläre Geldleihgeschäfte mit den Banken zu akzeptieren.

Was droht Griechenland und seinen Banken?

Das betrifft Papiere im Wert von rund zwölf Milliarden Euro. Erschwerend kommt hinzu, dass die EZB ab März auch keine von der Regierung garantierten Bankanleihen mehr als Sicherheit für reguläre Geldleihgeschäfte zulässt. Im Gegenzug erlaubte sie aber der griechischen Notenbank, die Geldhäuser des Landes durch Notkredite mit Zentralbankgeld zu versorgen.

Dabei sind die Notkredite eigentlich ein Fremdkörper in der gemeinsamen Geldpolitik. „Ökonomisch betrachtet handelt es sich um ein Allmende-Problem – die übermäßige Nutzung gemeinschaftlicher Ressourcen“, sagt Frank Westermann, Professor an der Universität in Osnabrück. Will heißen: Jede Notenbank kann so Zentralbankgeld aus dem Nichts schöpfen.

Tatsächlich dürfen die nationalen Zentralbanken bis zu einem bestimmten Umfang in Eigenregie ELA-Kredite vergeben – vorausgesetzt, die Banken leiden nur unter vorübergehenden Liquiditätsengpässen, sind aber im Grunde genommen solvent. Dabei geben sie sich meist mit Sicherheiten zufrieden, die die EZB wegen mangelnder Qualität bei normalen Geldleihgeschäften nicht akzeptiert. Dafür müssen die Institute dann aber einen höheren Zins zahlen. In Bankenkreisen heißt es, die griechischen Institute müssten derzeit 1,55 Prozent Zinsen für ELA-Kredite berappen, 1,5 Prozentpunkte mehr als für reguläre Geldleihgeschäfte bei der EZB. Die Risiken aus den Geldleihgeschäften liegen offiziell bei den nationalen Zentralbanken.

Kredite des Euro-Systems an die Banken in der Euro-Zone Quelle: EZB

Da ELA-Kredite kein Element der einheitlichen Geldpolitik sind, bleibt die EZB bei der Entscheidung über ELA zunächst außen vor. Beläuft sich der Notkredit für eine Bank oder eine Bankengruppe auf weniger als 500 Millionen Euro, informiert die nationale Zentralbank die EZB lediglich im Nachhinein über den Kredit. Übersteigt der Kredit die Schwelle von 500 Millionen Euro, muss die nationale Zentralbank die EZB im Vorfeld informieren. Überschreitet der Kredit die Marke von zwei Milliarden Euro, prüft die EZB, ob das Leihgeschäft mit den Aufgaben des Euro-Systems vereinbar ist. Auf Antrag der nationalen Zentralbank kann die EZB in diesem Fall eine Obergrenze für ELA festlegen. Diese liegt im Falle Griechenlands derzeit bei 68,3 Milliarden Euro. Im Gegenzug verzichtet sie darauf, den einzelnen ELA-Krediten zu widersprechen, solange diese sich im vereinbarten Rahmen bewegen. So erhalten die nationalen Zentralbanken eine Art Freibrief, Notkredite ohne Einzelfallprüfung durch die EZB an die Banken zu vergeben.

Stoppen kann die EZB die Kredite nur mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der stimmberechtigten Mitglieder im Zentralbankrat. Derzeit sind von den insgesamt 25 Mitgliedern des Rats nur 21 stimmberechtigt. Für einen Stopp der ELA-Kredite wären daher 14 Stimmen nötig. Zwar waren in der Sitzung am vergangenen Mittwoch die Notenbanker Griechenlands, Zyperns und Irlands, die bisher von ELA-Krediten profitierten, wegen der Rotation nicht stimmberechtigt.

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