Frankreich entwickelt sich immer mehr zum Problemkind Europas. Das zumindest ist das Ergebnis eines 90-Seiten-Berichts, den die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im November veröffentlich hat. Wirtschaftliche und politische Reformen seien dringend nötig, so die OECD.
Denn es läuft schlecht in Frankreich. Mitte dieses Jahres hat die dritte große Rating-Agentur Fitch dem Land die Bestnote für die Kreditwürdigkeit entzogen. Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes würde die Bewertung AAA nicht mehr zulassen, so die Begründung. Hatten die beiden amerikanischen Rating-Agenturen Moody’s und Standard & Poor’s bereits vergangenes Jahr diesen Schritt getan, hatte Fitch dem Land zunächst Zeit für Reformen eingeräumt.
So bewerteten wir Frankreich 2012
Francois Hollande hat nach nur einem halben Jahr einen Großteil seiner Sympathien verspielt. Links- und Rechtsextreme gewinnen an Zulauf und machen Druck. Auch die Gewerkschaften machen Hollande das Leben schwer. Eine Regierungskrise ist zunächst aber nicht in Sicht.
Note: 3-
Der französische Präsident hat Reformen umgesetzt – doch diese dienen nicht gerade der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit (Reichensteuer, Absenkung des Renteneintrittsalters). An dem üppigen Sozialsystem wagt sich Hollande nicht heran, auch der Arbeitsmarkt mit seinem beinharten Kündigungsschutz bleibt unangetastet.
Note: 5
Frankreichs Defizit wird nur langsam zurückgefahren (in diesem Jahr von 5,2 Prozent des BIP auf 4,5). Gerade im aufgeblähten öffentlichen Dienst wird großes Sparpotenzial nicht genutzt. Privatisierungen kommen nicht voran.
Note: 4
Frankreich hat 2012 nichts getan, um auf die Herausforderungen der Globalisierung zu reagieren. Statt sich zu öffnen, schottet sich das Land ab. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone hat das Potenzial, die Krise zu meistern, besitzt kluge Köpfe und eine funktionierende Industrie. Ein Kandidat für den Euro-Rettungsschirm ist Frankreich derzeit nicht. Doch das kann sich ändern, ruht sich das Land weiter auf den Errungenschaften der Vergangenheit aus.
Note: 4
Die Stimmung in der französischen Wirtschaft ist dementsprechend schlecht. Laut einer Studie des französischen Meinungsforschungsinstituts Ifop planen rund 72 Prozent der Unternehmen mit bis zu 19 Beschäftigen keine Investitionen im kommenden Jahr. Diese machen fast 97 Prozent aller Unternehmen in Frankreich aus. Grund für die Zurückhaltung seien die hohen Steuerbelastungen. Knapp die Hälfte der Unternehmen wird zudem keine weiteren Beschäftigten einstellen. Weitere drei Viertel der Befragten fürchten erneute Steuererhöhungen im kommenden Jahr.
Frankreichs Abschlusszeugnis 2013
Nach 19 Monaten im Amt, steht Hollande vor den Scherben seiner Politik. Über alle Differenzen hinweg, hat sich eine Allianz aus Unternehmern, Parteien und Bürgern geformt, die ihn am liebsten aus dem Amt jagen würde. Vor allem die nationalistische Partei Front National profitiert davon und könnte bei den Europawahlen im Mai triumphieren. Neuwahlen ums Präsidentenamt sind derzeit aber kein Thema.
Note: 4-
Reformen sind dringend notwendig. Dies hat auch Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, jüngst in einem Interview betont. Frankreich habe zwar bereits einiges getan, dieser Weg müsse aber konsequent weitergegangen werden. Besonders in der Wettbewerbsfähigkeit und den Staatsfinanzen hinke Frankreich hinterher.
Note: 5
Die öffentliche Verschuldung Frankreichs ist seit der Krise regelrecht explodiert. Die Defizitquote wird auch in diesem Jahr wieder deutlich über drei Prozent liegen. Einsparungen im öffentlichen Dienst, die seit langem gefordert werden, sind immer noch ausgeblieben. Rund 23 Prozent aller Beschäftigten arbeiten in Frankreich für den Staat. In Deutschland sind es lediglich 13 Prozent.
Note: 5
Frankreich ist im vergangen Jahr weiter abgestürzt. Reformen sind dringend nötig, doch der Regierung fehlt die Kraft – und der Bevölkerung die Einsicht. Extreme Parteien vom rechten und linken Recht versuchen, aus der Untergangsstimmung Kapital zu schlagen.
Note: 5
Die Franzosen sehen die Schuld vor allem bei Hollande. Rund 80 Prozent der Franzosen sind mit der sozialistischen Regierung unzufrieden. 24 Prozent könnten sich vorstellen, bei der Europawahl im Frühling der nationalistischen Partei Front National um Marine Le Pen ihre Stimme zu geben. Nur 19 Prozent wollen die Regierungspartei wählen. Damit wäre die die Front National stärkste Partei.
Währenddessen wächst Frankreichs Staatsverschuldung weiter. Lag sie in diesem Jahr bei rund 91 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, könnte sie 2014 sogar auf 96 Prozent ansteigen, schätzt die OECD. Rund 11 Prozent der Franzosen sind arbeitslos. Das sind mehr als 3,2 Millionen Menschen. Besonders gravierend ist die Jugendarbeitslosigkeit im Land. Jeder Vierte unter 25 Jahren ist ohne Job.