Euro-Krise Schlechte Noten für Europas Krisenländer

Marode Banken, wackelige Regierungen und uneinsichtige Defizitsünder: Die Euro-Krise hat auch 2013 den Kontinent in Atem gehalten. Drei der acht Krisenländer fielen positiv auf – für die anderen hagelt es schlechte Noten.

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Silvio Berlusconi hielt sein Land erneut in Atem. Erst triumphierte er bei der Wahl, dann wurde er verurteilt - und zum Abschluss versuchte er, die gemeinsame Regierung zu stürzen. Politische Stabilität ist in Italien auch 2013 ein Fremdwort gewesen. Quelle: REUTERS

Italien

Silvio Berlusconi hat ein furioses Finish hingelegt. Der ehemalige Premier hat sein Land auch 2013 wieder in Atem gehalten – ehe er im November aus dem Senat ausgeschlossen wurde. Doch zurück auf Anfang: Im Februar wählte Italien ein neues Parlament. Einen eindeutigen Sieger gab es nicht. Das Mitte-Links-Bündnis von Pier Luigi Bersani holte die Mehrheit im Abgeordnetenhaus, der Mitte-Rechts-Zusammenschluss um Silvio Berlusconi mehr als 50 Prozent der Sitze im gleichberechtigten Senat.

Der Präsident vermittelte, Bersani trat zurück und Enrico Letta schmiedete schließlich ein Bündnis mit dem Berlusconi-Lager. Lange hielt der Frieden nicht. Das Gericht verurteilte Berlusconi in letzter Instanz wegen Steuerbetrugs und verhängte ein Amtsverbot. Berlusconi versuchte, die Regierung zu Fall zu bringen und sei Politverbot aussetzen zu lassen – doch die Mehrheit seiner Partei ließ den Zampano fallen.

So bewerteten wir Italien 2012

„Er hat die Menschen manipuliert und gleichzeitig, Italien immer stärker geschwächt. Er hat in seiner gesamten politischen Karriere nicht zum Wohle Italiens gehandelt, sondern hat nur auf sich und seinen Reichtum geschaut“, rechnete der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, im Interview mit WirtschaftsWoche Online mit Berlusconi ab. „Hätte er auch nur ein bisschen Anstand, wäre er längst freiwillig gegangen.“

Betrachtet man das politische Theater in Italien in den vergangenen zwölf Monaten ist es kein Wunder, dass sich die wirtschaftliche Situation des Landes nicht sonderlich besserte. Die Arbeitsmarktreform blieb hinter den Erwartungen zurück, die Jugendarbeitslosigkeit stagniert auf dramatisch hohem Nivea (40 Prozent). Die Lohnstückkosten sind in keinem Land der Euro-Zone seit der Jahrtausendwende kräftiger gestiegen als in Italien. Von der allgemeinen Konjunkturaufhellung in Europa, die für 2014 erwartet wird, soll dennoch auch Italien profitieren. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft endlich wieder wachsen, wenn auch nur um geringe 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Italiens Abschlusszeugnis 2013

Dann soll auch wieder ein Haushaltsüberschuss erwirtschaftet werden. Durch Steuererhöhungen konnte das Defizit in diesem Jahr bereits unter die Drei-Prozent-Marke gedrückt werden. Wohlgemerkt: Im Moment steigen die Staatschulden weiter. Bereits heute beträgt der Schuldenberg 127 Prozent der Wirtschaftsleistung. Italien ist damit weit entfernt vom Maastrichter Limit von 60 Prozent. Bis 2015 soll der Schuldenberg auf 133,1 Prozent des BIP steigen. Auch nach dem Ende der Berlusconi-Ära gehen Italien die Probleme sicher nicht aus.

Frankreich

Frankreich entwickelte sich 2013 immer mehr zu Europas Problemkind. Quelle: dpa

Frankreich entwickelt sich immer mehr zum Problemkind Europas. Das zumindest ist das Ergebnis eines 90-Seiten-Berichts, den die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im November veröffentlich hat. Wirtschaftliche und politische Reformen seien dringend nötig, so die OECD.

Denn es läuft schlecht in Frankreich. Mitte dieses Jahres hat die dritte große Rating-Agentur Fitch dem Land die Bestnote für die Kreditwürdigkeit entzogen. Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes würde die Bewertung AAA nicht mehr zulassen, so die Begründung. Hatten die beiden amerikanischen Rating-Agenturen Moody’s und Standard & Poor’s bereits vergangenes Jahr diesen Schritt getan, hatte Fitch dem Land zunächst Zeit für Reformen eingeräumt.

So bewerteten wir Frankreich 2012

Die Stimmung in der französischen Wirtschaft ist dementsprechend schlecht. Laut einer Studie des französischen Meinungsforschungsinstituts Ifop planen rund 72 Prozent der Unternehmen mit bis zu 19 Beschäftigen keine Investitionen im kommenden Jahr. Diese machen fast 97 Prozent aller Unternehmen in Frankreich aus. Grund für die Zurückhaltung seien die hohen Steuerbelastungen. Knapp die Hälfte der Unternehmen wird zudem keine weiteren Beschäftigten einstellen. Weitere drei Viertel der Befragten fürchten erneute Steuererhöhungen im kommenden Jahr.

Frankreichs Abschlusszeugnis 2013

Die Franzosen sehen die Schuld vor allem bei Hollande. Rund 80 Prozent der Franzosen sind mit der sozialistischen Regierung unzufrieden. 24 Prozent könnten sich vorstellen, bei der Europawahl im Frühling der nationalistischen Partei Front National um Marine Le Pen ihre Stimme zu geben. Nur 19 Prozent wollen die Regierungspartei wählen. Damit wäre die die Front National stärkste Partei.

Währenddessen wächst Frankreichs Staatsverschuldung weiter. Lag sie in diesem Jahr bei rund 91 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, könnte sie 2014 sogar auf 96 Prozent ansteigen, schätzt die OECD. Rund 11 Prozent der Franzosen sind arbeitslos. Das sind mehr als 3,2 Millionen Menschen. Besonders gravierend ist die Jugendarbeitslosigkeit im Land. Jeder Vierte unter 25 Jahren ist ohne Job.

Griechenland

2014 könnte für Griechenland das Jahr werden, in dem das Land auf den Pfad des wirtschaftlichen Wachstums zurückkehrt. Quelle: dapd

Es ist das erste Mal, das Griechenland eine Frist nicht reißt, sondern seine Ziele sogar früher erfüllt als geplant. Bereits für 2013 schließt das Land mit einem Primärüberschuss ab, ohne Zinsen und Schuldentilgung nimmt der Staat also mehr ein, als er ausgibt. Das war eigentlich erst für 2014 angepeilt. Dafür wird die Regierung von Premier Antonis Samaras international gefeiert. Als OECD-Generalsekretär Angel Gurria im November in Athen zu Gast war, jagte ein Superlativ den nächsten. Die Reformen im Land bildeten „das beeindruckendste Konsolidierungsprogramm, das ich je gesehen habe“, so Gurria. Auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gratulierte seinem Amtskollegen Angelos Venizelos zu dem Sparerfolgen. Einen ähnlichen Weg gehen auch die Ratingagenturen, die das Land in den letzten Monaten allesamt aufgewertet haben. Bei zwei Agenturen hat Griechenland sogar den Ramsch-Status abgelegt.

So schlug sich Griechenland 2012

Wenn man sich die Erfolge im Detail anschaut, wirkt das euphorische Vokabular allerdings reichlich überzogen. Denn die guten Nachrichten sind weniger ein Ergebnis realer Verbesserungen, sie drücken vor allem das gewachsene Vertrauen der Märkte aus. So geht mehr als eine Milliarde des Primärüberschusses von 2,7 Milliarden Euro darauf zurück, dass die Europäische Zentralbank griechische Staatsanleihen aufgekauft hat. Die Ratingagenturen wiederum begründen ihre Aufwertungen mit dem Vertrauen in die europäischen Rettungsmechanismen – die griechischen Reformen werden mit keiner Silbe erwähnt.

Besonders hervorzuheben sind daher auch weniger die vermeintlichen Erfolge des griechischen Staats, sondern die der Realwirtschaft. Mit einem Umsatz von 17 Milliarden Euro hat der Tourismus 2013 alle Rekorde der Vergangenheit gebrochen. Das ist keineswegs selbstverständlich, war doch das öffentliche Bild Griechenlands in den vergangenen Jahren von brennenden Barrikaden anstatt vom Blau des Meeres geprägt.  Das macht es nicht gerade leicht, eine Reisedestination zu entwickeln.

Hinzu kommt, dass Griechenland Stück für Stück an politischer Stabilität gewonnen hat. Zwar hat die Regierung Samaras keine Mehrheit mehr im Parlament, der Sparhaushalt für 2014 konnte zuletzt dennoch beschlossen werden. Die Opposition ist in sich so gespalten, dass von ihr keine echte Gefahr ausgeht, wenngleich der linke Politiker Alexis Tsipras weiter an Unterstützung gewinnt. 

So schlug sich Griechenland 2013

So dürfte 2014 das Jahr werden, in dem Griechenland die Chance hat, auf den Pfad des wirtschaftlichen Wachstums zurückzukehren. Nach wie vor ist die Arbeitslosigkeit immens (27 Prozent), aber das gewonnene Vertrauen der Märkte macht zumindest weitere Substanzkürzungen entbehrlich. Auch ein neuerlicher Schuldenerlass kündigt sich an. So hat Griechenland 2014 erstmals wieder Luft, sich zu entwickeln. Zudem stehen einige große Investitionen an, gerade hat die EU eine Milliardenförderung für mehrere Autobahnprojekte freigegeben. Wenn Griechenland die Investitionen umsetzt und zugleich die angekündigten Reformen endlich angeht, besteht die reelle Option, das die Wirtschaft gesundet. Geschafft ist jedoch noch nichts.

Slowenien

Der Staatsbankrott ist abgewendet, der Sprung unter den Euro-Rettungsschirm auch - vorerst. Quelle: dpa Picture-Alliance

Elf Monate lang galt Slowenien als nächster Kandidat für den Rettungsschirm. Erst im Dezember 2013 zeigt ein Stresstest: Die Lage der Banken des Euro-Landes ist sehr ernst, aber zunächst kann die Regierung in Ljubljana die Institute aus eigener Kraft stabilisieren. Fünf Milliarden Euro sind dazu notwendig. Viel, aber wohl nicht zu viel für das kleine Land in Osteuropa.

„In den acht Monaten, in denen ich die Regierung führe, haben wir in einer Art Feuerwehreinsatz die ärgsten Probleme schnell gelöst“, sagte die slowenische Regierungschefin Alenka Bratusek Anfang Dezember der „Welt“. „Offenbar haben wir das Feuer tatsächlich gelöscht.“

So bewerteten wir Slowenien 2012

Fakt ist: Der Staatsbankrott ist abgewendet, der Sprung unter den Euro-Rettungsschirm vorerst auch. Die Renditen für slowenische Zehn-Jahres-Anleihen fielen am Freitagmittag erstmals seit acht Monaten wieder unter sechs Prozent. Im vergangenen April hatte Slowenien zeitweise über sieben Prozent Zinsen zahlen müssen. Und auch der Arbeitsmarkt und das Rentensystem wurden reformiert. Künftig wird das Renteneintrittsalter auf 65 Jahre steigen – nachdem viele Slowenen bislang mit 58 oder 59 Jahren in den Ruhestand gegangen sind. Damit sind wichtige Schritte eingeleitet. Alle Probleme sind aber längst nicht gelöst.

So schrumpft die Wirtschaft immer weiter. Nach einem Minus beim Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent in 2012, soll das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um weitere 2,7 Prozent schrumpfen. Kein Wunder, dass sich die Arbeitslosenquote bei über zehn Prozent hält. Und auch der Haushalt ist von einer schwarzen Null noch ein gutes Stück entfernt. Die Mitte-Links-Koalition von Regierungschefin Alenka Bratusek will das Haushaltsdefizit im kommenden Jahr auf 2,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) und im Jahr danach auf 2,4 BIP-Prozente begrenzen. Helfen soll unter anderem eine Immobiliensteuer, die dem Land jährliche Mehreinnahmen in Höhe von 400 Millionen Euro einbringen soll.

Sloweniens Abschlusszeugnis 2013

Die geplanten Privatisierungen hingegen stocken. Bisher kontrolliert der Staat rund die Hälfte der Wirtschaft, etwa in vielen Sektoren wie der Bankenbranche, dem Einzelhandel, der Telekommunikation und bei den Medien. Nun stehen Telekom Slovenia, Adria Airways und der internationale Flughafen Ljubljana zum Verkauf. Nur: Es mangelt an Interessenten.

Zypern

Die wirtschaftlichen Aussichten sind auf der Mittelmeerinsel düster. Quelle: dpa

Gerade erst gab es ein Lob aus Brüssel. Zypern liege „im Plan“ mit den Reformauflagen der Troika, gab Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem nach der jüngsten Sitzung der Finanzminister der Eurozone erfreut bekannt. Der Auszahlung der nächsten Tranche aus dem Hilfspaket von insgesamt zehn Milliarden Euro steht nichts mehr im Wege.

Zypern hebt sich damit von Griechenland ab, wo sich die aktuelle Mission der Troika wegen vieler Ungereimtheiten ins neue Jahr ziehen wird. Die wirtschaftlichen Aussichten sind auf der Mittelmeerinsel allerdings düster. Nachdem das Bruttoinlandsprodukt (BIP)  in diesem Jahr den Berechnungen der EU-Kommission zufolge um 8,7 Prozent einbrechen dürfte, steht im kommenden Jahr ein Minus von 3,9 Prozent bevor. Erst 2015 rechnet die Kommission wieder mit Wachstum.

So bewerteten wir Zypern 2012

Die Beratungsfirma Ernst & Young hält dieses Szenario noch für viel zu optimistisch. Für das kommende Jahr sagt sie einen weiteren Einbruch des BIP um acht Prozent voraus und erwartet erst wieder im Jahr 2017 Wachstum. Vor allem der Mangel an privaten Investitionen könnte sich als Problem erweisen, heißt es.

Finanzminister Harris Georgiades hofft, dass die für die kommenden Jahre geplanten Strukturreformen internationale Investoren ins Land locken. Das Gesundheits- und Steuersystem soll komplett überarbeitet werden. Die konservative Regierung plant ebenfalls umfassende Privatisierungen, die mit dem Verkauf des staatlichen Telekomunternehmens CyTA beginnen soll. Im November kündigte Georgiades ein Ende der Kapitalverkehrskontrollen für die „kommenden Monate“ an. Die Sperre war im März eingeführt wurden, um den Abfluss von Geldern in großem Stil zu verhindern. Doch ein konkretes Datum liegt noch nicht vor.

Zyperns Abschlusszeugnis 2013

Die Bankensanierung hat tiefe Spuren in den Staatsfinanzen hinterlassen. Die Schulden, die sich in diesem Jahr voraussichtlich auf 116,0 Prozent des BIP belaufen, werden im kommenden Jahr auf 124,4 Prozent des BIP steigen und 2015 sogar auf 127,4 Prozent. Die Regierung schließt trotzdem Steuererhöhungen aus und setzt auf Ausgabenkürzungen.

Spanien

Es gibt vermehrt Anzeichen dafür, dass Spanien das Schlimmste überstanden haben könnte. Quelle: dpa

Endlich wieder gute Nachrichten: Nach über zwei Jahren ist die Wirtschaft im dritten Quartal 2013 erstmals wieder gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt legte um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu. Die längste Rezession Spaniens seit dem Ende der Franco-Diktatur (1939 bis 1975) ist damit beendet. Gleichzeitig kann das Land aus dem europäischen Rettungsprogramm aussteigen, dass für die Sanierung der Banken gebraucht wurde. „Todo bien?“ Ist damit wieder alles gut im Euro-Krisenland?

Keine Frage: Es gibt vermehrt Anzeichen dafür, dass Spanien das Schlimmste überstanden haben könnte. So legen die Exporte zu, ausländische Investoren kaufen Anteile an spanischen Unternehmen und auch an den Anleihemärkten genießt das Urlaubsland neues Vertrauen. Ende Oktober sind die Renditen für spanische Staatsanleihen erstmals seit Monaten wieder unter die Marke von 4,0 Prozent gefallen. Und: Die Ratingagentur Fitch droht Madrid nicht länger mit einer Abstufung. Der Ausblick der Kreditbewertung wurde von „negativ“ auf „stabil“ angehoben.

So bewerteten wir Spanien 2012

Dennoch: Die Krise ist noch lange nicht vorbei, sagt etwa Clemens Fuest, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). „Der Optimismus, der momentan vielerorts ventiliert wird, ist übertrieben.“ So habe der Rettungsschirm der EZB zum Sinken der Risikoaufschläge der Staatsanleihen geführt. „Mit einer Marktbewertung hat das nichts zu tun“, so Fuest über die Situation in Spanien. „Im spanischen Bankensystem liegen faule Kredite im Volumen von vielen Milliarden Euro, und auch die Arbeitslosigkeit ist immer noch extrem hoch.“

In der Tat ist von einer Erholung auf dem Arbeitsmarkt nichts zu sehen. Im Gegenteil: Die Lage hat sich 2013 weiter verschlechtert. Die Arbeitslosigkeit stieg von 25 auf 27 Prozent. Von den jungen Leuten zwischen 16 und 24 Jahren sind in Spanien 57,4 Prozent ohne Job. Das sind fünf Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Die OECD geht davon aus, dass die Arbeitslosenquote 2014 ihren Höhepunkt erreichen wird.

Auch die Staatsverschuldung steigt weiter.  Bis Ende 2014 soll sie auf 99,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen sein. Das sind rund 1,05 Billionen Euro. Erst ab 2016 rechnet Spanien mit einem Rückgang der Staatsverschuldung.

Spaniens Abschlusszeugnis 2013

Erste Löcher sollen mit höheren Steuereinnahmen gestoppt werden. Aus den Haushaltplänen des Landes, den Spanien in Brüssel vorgelegt hat, rechnet man unter anderem durch die Anpassung der Renten 2014 mit Einsparungen von 800 Millionen Euro pro Jahr. Zudem sollen durch Reformen der öffentlichen Verwaltung bis 2015 rund 37,7 Milliarden Euro eingespart werden.

Irland

Als erstes Land verlassen die Iren gerade den Rettungsschirm. Quelle: dpa

Irland ist und bleibt der Sonderfall unter den Krisenstaaten Europas. Anders als im Süden des Kontinents gingen die Schuldenprobleme hier nicht von der öffentlichen Hand aus, sondern von der Bankbranche. Dennoch musste sich das Land einem Konsolidierungsprogramm unterwerfen. Und ist auch dabei wieder ein Spezialfall: Als erstes Land verlassen die Iren gerade den Rettungsschirm. Bereits im Lauf des Jahres hatte die Regierung von Premier Enda Kerry begonnen, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Mit großem Erfolg: Irland verfügt inzwischen über Kreditlinien von gut 20 Milliarden Euro, die würden im Zweifel genügen, um den Staatshaushalt bis 2015 zu finanzieren.

So bewerteten wir Irland 2012

Dennoch werden die Märkte weiter ein Auge auf das Land haben, das sogar darauf verzichtet hat, den Ausstieg aus dem Rettungsprogramm mit vorübergehenden Kreditlinien abzusichern. Im Verlauf des nächsten Jahres wollen die Iren eine weitere große Auktion von Staatsanleihen wagen, dann wird sich weisen, ob die neue Selbstständigkeit tatsächlich den Test am freien Markt besteht. Ein erster Testlauf kurz nach dem Abschied vom Rettungsschirm hat bereits gut funktioniert.

Mit der Sanierung des Staatshaushalts sind die Iren in den vergangenen Jahren  hervorragend vorangekommen. Bereits ab dem kommenden Jahr macht sich das Land nun daran, den durch die Bankenrettung auf horrende 124 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angewachsenen Schuldenstand zu reduzieren. 2019 soll die Grenze von 100 Prozent unterschritten werden, als Fernziel hat Kerry die Marke von 60 Prozent ausgerufen. Anders als in den meisten südeuropäischen Staaten haben die harten sozialen Einschnitte und die grassierende Arbeitslosigkeit – zuletzt knapp 13 Prozent – in Irland nicht zu einer politischen Krise geführt. Die Regierung sitzt recht fest im Sattel, Generalstreiks sind auf der Insel im Atlantik kein Thema. Viele Iren erklären das damit, dass sie anders als die Menschen in Portugal oder Griechenland wüssten, dass ein gewichtiger Teil der Schuld für die Misere bei Ihnen selbst liegt. Denn in Irland musste keiner tatenlos zusehen, wie das Staatsbudget Jahr für Jahr von ein paar reichen Cliquen geplündert wird. Mit riskanten Immobilieninvestments hat fast jeder Ire erst kräftig mitverdient, um dann höchstpersönlich vor der Pleite zu stehen.

Irlands Abschlusszeugnis 2013

So geht das größte Risiko für Irland auch nicht davon aus, dass der Reformeifer zu ermatten drohte. Die Lohnstückkosten sind bereits massiv gesunken, die wichtigsten Budgetkürzungen sind vollzogen. Stattdessen stehen die Banken längst noch nicht so gut da, wie viele Iren hoffen. Beim anstehenden Stresstest der EU gelten sie als größte Wackelkandidaten. Denn in ihren Büchern finden sich nach wie vor reihenweise problematische Immobilienpakete. Stärker als jedes andere Land hängt Irland damit auch weiterhin vom Wohlgefallen der Märkten und der Entwicklung ihrer Banken ab. Sollten letztere ihre Arbeit ebenso gut gemacht haben wie die Regierung, könnte der erste Sanierungsfall in ein oder zwei Jahren tatsächlich als abgeschlossen gelten.

Portugal

Portugal will 2014 wieder auf eigenen Beinen stehen. Quelle: dapd

2014 will Portugal wieder auf eigenen Beinen stehen. Ministerpräsident Pedro Passos Coelho sagte kürzlich, die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Monate  deute darauf hin, dass Portugal kein zweites Hilfspaket benötige, sondern Mitte des Jahres das internationale 78 Milliarden Euro schwere Programm verlassen werde. Anfang Dezember hatte sich die Regierung durch einen Anleihetausch Luft verschafft: Staatsanleihen über 6,5 Milliarden wurden um drei Jahre verlängert.

Aber noch ist unsicher, ob der Wunsch der Regierung Wirklichkeit wird. In diesem Jahr verpasst Portugal sein Haushaltsziel wie schon im Vorjahr. Eigentlich hatte die Regierung von Passos Coelho mit den internationalen Geldgebern für dieses Jahr ein Haushaltsdefizit von 5,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukt (BIP) vereinbart. Herauskommen werden aber 5,5 Prozent nach 6,4 Prozent im Jahr 2012. Finanzministerin Maria Luis Albuquerque spielt die Differenz hinunter und betont, das Land befinde sich „auf einem guten Wege“.

So bewerteten wir Portugal 2012

Ein Ende der Rezession ist in der Tat in Sicht. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Wirtschaft im kommenden Jahr zum ersten Mal seit 2010 wieder wachsen wird und zwar um 0,8 Prozent. Für 2015 erwartet sie beim Bruttoinlandsprodukt sogar ein Plus von 1,5 Prozent.

Portugals wirtschaftliche Zukunft hängt allerdings ganz entscheidend von den Finanzmärkten ab. Passos Coelho geht davon aus, dass die langfristigen Zinsen deutlich senken werden, sobald das portugiesische Verfassungsgericht die Sparmaßnahmen des Haushalts 2014 abgesegnet hat. Aber eine Garantie für ein positives Votum der obersten Richter gibt es nicht. In der Vergangenheit haben sie bereits vier Mal die Regierung zu Korrekturen bei ihrem Sparkurs gezwungen.

Portugals Abschlusszeugnis 2013

Weil sich Irland für einen Exit aus dem Hilfsprogramm ohne Sicherheitsnetz entschieden hat, fehlt Portugal nun auch die Blaupause für seinen Weg. Sollte Portugal im Sommer 2014 sein Programm enden, dürfte es mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Kreditlinie angewiesen sein. Und die käme mit neuen Bedingungen.

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