Italien
Silvio Berlusconi hat ein furioses Finish hingelegt. Der ehemalige Premier hat sein Land auch 2013 wieder in Atem gehalten – ehe er im November aus dem Senat ausgeschlossen wurde. Doch zurück auf Anfang: Im Februar wählte Italien ein neues Parlament. Einen eindeutigen Sieger gab es nicht. Das Mitte-Links-Bündnis von Pier Luigi Bersani holte die Mehrheit im Abgeordnetenhaus, der Mitte-Rechts-Zusammenschluss um Silvio Berlusconi mehr als 50 Prozent der Sitze im gleichberechtigten Senat.
Der Präsident vermittelte, Bersani trat zurück und Enrico Letta schmiedete schließlich ein Bündnis mit dem Berlusconi-Lager. Lange hielt der Frieden nicht. Das Gericht verurteilte Berlusconi in letzter Instanz wegen Steuerbetrugs und verhängte ein Amtsverbot. Berlusconi versuchte, die Regierung zu Fall zu bringen und sei Politverbot aussetzen zu lassen – doch die Mehrheit seiner Partei ließ den Zampano fallen.
So bewerteten wir Italien 2012
13 Regierungschefs in 20 Jahren: Kontinuität ist in Italien ein Fremdwort. Mario Monti kündigte überraschend an, noch in diesem Jahr zurückzutreten. Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi plant sein Comeback. Investoren sind hochgradig verunsichert.
Note: 5
Monti hat viele Reformen angestoßen, von der Schuldenbremse über die Lockerung des Kündigungsschutzes bis hin zu einer Anhebung des Renteneintrittsalters.
Note: 2
Italien kann möglicherweise schon in diesem Jahr die Drei-Prozent-Grenze bei der Neuverschuldung einhalten. Dazu trägt auch das Sparpaket („Salva Italia“) bei, dass Einsparungen bei Pensionen vorsieht.
Note: 2
Italien war unter Monti in vielen Punkten (Ausnahme: Forderung nach Vergemeinschaftung der Schulden Europas) auf dem richtigen Weg. Mit seinem Rücktritt steht Italien vor einer ungewissen Zukunft.
Note: 4
„Er hat die Menschen manipuliert und gleichzeitig, Italien immer stärker geschwächt. Er hat in seiner gesamten politischen Karriere nicht zum Wohle Italiens gehandelt, sondern hat nur auf sich und seinen Reichtum geschaut“, rechnete der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, im Interview mit WirtschaftsWoche Online mit Berlusconi ab. „Hätte er auch nur ein bisschen Anstand, wäre er längst freiwillig gegangen.“
Betrachtet man das politische Theater in Italien in den vergangenen zwölf Monaten ist es kein Wunder, dass sich die wirtschaftliche Situation des Landes nicht sonderlich besserte. Die Arbeitsmarktreform blieb hinter den Erwartungen zurück, die Jugendarbeitslosigkeit stagniert auf dramatisch hohem Nivea (40 Prozent). Die Lohnstückkosten sind in keinem Land der Euro-Zone seit der Jahrtausendwende kräftiger gestiegen als in Italien. Von der allgemeinen Konjunkturaufhellung in Europa, die für 2014 erwartet wird, soll dennoch auch Italien profitieren. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft endlich wieder wachsen, wenn auch nur um geringe 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Italiens Abschlusszeugnis 2013
Ein Hort der Stabilität war Italien nie. Wohl kein anderes Land in Europa verschleißt so viele Ministerpräsidenten wie der Stiefelstaat (39 Regierungswechsel seit 1945). 2013 bildete keine Ausnahme: Die Wahlen endeten im Patt. Nur mit Mühe konnte eine Regierung gebildet werden. Nach wenigen Monaten stand diese fast schon wieder vor dem Aus. Wirtschaft und Investoren bleiben hoch nervös.
Note: 5
Lettas Vorgänger Mario Monti hatte eine Rentenreform angestoßen. Das Renteneintrittsalter soll bis 2022 auf 67 Jahre steigen. Der amtierende Regierungschef legte mit eine Finanz- und eine Arbeitsmarktreform nach. Im Oktober stieg der Mehrwertsteuersatz von 21 auf 22 Prozent. Die Neuordnung auf dem Arbeitsmarkt aber blieb Stückwerk. Der Kündigungsschutz ist weiterhin recht rigide: Gekündigte Mitarbeiter haben gute Chancen auf Wiedereinstellung zu klagen und hohe Entschädigungen zu erhalten. Das hemmt Einstellungen. Auch auf konjunkturelle Dellen sind die starren und zentralisierten Tarifverträge nicht vorbereitet.
Note: 3
Das Haushaltsdefizit wird sich in diesem Jahr ziemlich genau um die Maastrichter Drei-Prozent-Grenze bewegen – und damit auf dem Vorjahresniveau. Auch die Prognose für 2014 bewegt sich im Rahmen des Zulässigen (-2,7 Prozent), ohne spürbare Verbesserungen zu signalisieren. Mit Blick auf dem hohen Schuldenberg könnte und müsste Italien etwas mehr machen, findet auch die EU-Kommission. Rom komme nicht voran, heißt es aus Brüssel.
Note: 4+
Italien verfügt über starke Marken und Unternehmen, die Produkte höchster Qualität anbieten können. Trotz hoher Lohnstückkosten ist die Wettbewerbsfähigkeit kein Problem. Vom Aufschwung in Europa könnte das Land stärker als andere profitieren – wäre da nicht die Politik. Den Unternehmen fehlt es an Planungssicherheit, Investitionen werden aufgeschoben. Bei der Bildung hapert es, es gibt kaum qualifizierten Nachwuchs. So bleibt die (Jugend-) Arbeitslosenquote hoch.
Note: 4
Dann soll auch wieder ein Haushaltsüberschuss erwirtschaftet werden. Durch Steuererhöhungen konnte das Defizit in diesem Jahr bereits unter die Drei-Prozent-Marke gedrückt werden. Wohlgemerkt: Im Moment steigen die Staatschulden weiter. Bereits heute beträgt der Schuldenberg 127 Prozent der Wirtschaftsleistung. Italien ist damit weit entfernt vom Maastrichter Limit von 60 Prozent. Bis 2015 soll der Schuldenberg auf 133,1 Prozent des BIP steigen. Auch nach dem Ende der Berlusconi-Ära gehen Italien die Probleme sicher nicht aus.
Frankreich
Frankreich entwickelt sich immer mehr zum Problemkind Europas. Das zumindest ist das Ergebnis eines 90-Seiten-Berichts, den die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im November veröffentlich hat. Wirtschaftliche und politische Reformen seien dringend nötig, so die OECD.
Denn es läuft schlecht in Frankreich. Mitte dieses Jahres hat die dritte große Rating-Agentur Fitch dem Land die Bestnote für die Kreditwürdigkeit entzogen. Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes würde die Bewertung AAA nicht mehr zulassen, so die Begründung. Hatten die beiden amerikanischen Rating-Agenturen Moody’s und Standard & Poor’s bereits vergangenes Jahr diesen Schritt getan, hatte Fitch dem Land zunächst Zeit für Reformen eingeräumt.
So bewerteten wir Frankreich 2012
Francois Hollande hat nach nur einem halben Jahr einen Großteil seiner Sympathien verspielt. Links- und Rechtsextreme gewinnen an Zulauf und machen Druck. Auch die Gewerkschaften machen Hollande das Leben schwer. Eine Regierungskrise ist zunächst aber nicht in Sicht.
Note: 3-
Der französische Präsident hat Reformen umgesetzt – doch diese dienen nicht gerade der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit (Reichensteuer, Absenkung des Renteneintrittsalters). An dem üppigen Sozialsystem wagt sich Hollande nicht heran, auch der Arbeitsmarkt mit seinem beinharten Kündigungsschutz bleibt unangetastet.
Note: 5
Frankreichs Defizit wird nur langsam zurückgefahren (in diesem Jahr von 5,2 Prozent des BIP auf 4,5). Gerade im aufgeblähten öffentlichen Dienst wird großes Sparpotenzial nicht genutzt. Privatisierungen kommen nicht voran.
Note: 4
Frankreich hat 2012 nichts getan, um auf die Herausforderungen der Globalisierung zu reagieren. Statt sich zu öffnen, schottet sich das Land ab. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone hat das Potenzial, die Krise zu meistern, besitzt kluge Köpfe und eine funktionierende Industrie. Ein Kandidat für den Euro-Rettungsschirm ist Frankreich derzeit nicht. Doch das kann sich ändern, ruht sich das Land weiter auf den Errungenschaften der Vergangenheit aus.
Note: 4
Die Stimmung in der französischen Wirtschaft ist dementsprechend schlecht. Laut einer Studie des französischen Meinungsforschungsinstituts Ifop planen rund 72 Prozent der Unternehmen mit bis zu 19 Beschäftigen keine Investitionen im kommenden Jahr. Diese machen fast 97 Prozent aller Unternehmen in Frankreich aus. Grund für die Zurückhaltung seien die hohen Steuerbelastungen. Knapp die Hälfte der Unternehmen wird zudem keine weiteren Beschäftigten einstellen. Weitere drei Viertel der Befragten fürchten erneute Steuererhöhungen im kommenden Jahr.
Frankreichs Abschlusszeugnis 2013
Nach 19 Monaten im Amt, steht Hollande vor den Scherben seiner Politik. Über alle Differenzen hinweg, hat sich eine Allianz aus Unternehmern, Parteien und Bürgern geformt, die ihn am liebsten aus dem Amt jagen würde. Vor allem die nationalistische Partei Front National profitiert davon und könnte bei den Europawahlen im Mai triumphieren. Neuwahlen ums Präsidentenamt sind derzeit aber kein Thema.
Note: 4-
Reformen sind dringend notwendig. Dies hat auch Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, jüngst in einem Interview betont. Frankreich habe zwar bereits einiges getan, dieser Weg müsse aber konsequent weitergegangen werden. Besonders in der Wettbewerbsfähigkeit und den Staatsfinanzen hinke Frankreich hinterher.
Note: 5
Die öffentliche Verschuldung Frankreichs ist seit der Krise regelrecht explodiert. Die Defizitquote wird auch in diesem Jahr wieder deutlich über drei Prozent liegen. Einsparungen im öffentlichen Dienst, die seit langem gefordert werden, sind immer noch ausgeblieben. Rund 23 Prozent aller Beschäftigten arbeiten in Frankreich für den Staat. In Deutschland sind es lediglich 13 Prozent.
Note: 5
Frankreich ist im vergangen Jahr weiter abgestürzt. Reformen sind dringend nötig, doch der Regierung fehlt die Kraft – und der Bevölkerung die Einsicht. Extreme Parteien vom rechten und linken Recht versuchen, aus der Untergangsstimmung Kapital zu schlagen.
Note: 5
Die Franzosen sehen die Schuld vor allem bei Hollande. Rund 80 Prozent der Franzosen sind mit der sozialistischen Regierung unzufrieden. 24 Prozent könnten sich vorstellen, bei der Europawahl im Frühling der nationalistischen Partei Front National um Marine Le Pen ihre Stimme zu geben. Nur 19 Prozent wollen die Regierungspartei wählen. Damit wäre die die Front National stärkste Partei.
Währenddessen wächst Frankreichs Staatsverschuldung weiter. Lag sie in diesem Jahr bei rund 91 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, könnte sie 2014 sogar auf 96 Prozent ansteigen, schätzt die OECD. Rund 11 Prozent der Franzosen sind arbeitslos. Das sind mehr als 3,2 Millionen Menschen. Besonders gravierend ist die Jugendarbeitslosigkeit im Land. Jeder Vierte unter 25 Jahren ist ohne Job.
Griechenland
Es ist das erste Mal, das Griechenland eine Frist nicht reißt, sondern seine Ziele sogar früher erfüllt als geplant. Bereits für 2013 schließt das Land mit einem Primärüberschuss ab, ohne Zinsen und Schuldentilgung nimmt der Staat also mehr ein, als er ausgibt. Das war eigentlich erst für 2014 angepeilt. Dafür wird die Regierung von Premier Antonis Samaras international gefeiert. Als OECD-Generalsekretär Angel Gurria im November in Athen zu Gast war, jagte ein Superlativ den nächsten. Die Reformen im Land bildeten „das beeindruckendste Konsolidierungsprogramm, das ich je gesehen habe“, so Gurria. Auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gratulierte seinem Amtskollegen Angelos Venizelos zu dem Sparerfolgen. Einen ähnlichen Weg gehen auch die Ratingagenturen, die das Land in den letzten Monaten allesamt aufgewertet haben. Bei zwei Agenturen hat Griechenland sogar den Ramsch-Status abgelegt.
So schlug sich Griechenland 2012
Präsident Samaras konnte im Sommer erst im zweiten Versuch eine Koalition bilden. Laut Umfragen ist die Mehrheit inzwischen gegen den Konservativen. Die Gewerkschaften rufen immer wieder zu Massendemonstrationen auf.
Note: 4
Auch wenn die Troika den Griechen ein positives Zeugnis ausstellt: Wirklich vorangekommen ist Athen erneut nicht. Die Öffnung der geschlossenen Berufe kommt nicht voran, Investoren meiden das Land weiter.
Note: 5
Das Defizit wird bei knapp sieben Prozent in diesem Jahr liegen. Dennoch leistet sich das Land den Kauf von Rüstungsgütern. Auch bei der Privatisierung von öffentlichen Unternehmen und Grundstücken kommt das Land nicht voran.
Note: 5
Griechenland bleibt das Euro-Sorgenkind Nummer 1. Fortschritte sind erkennbar, keine Frage. Doch angesichts der dramatischen Finanzlage sind die Verbesserungen zu gering und kommen zu langsam.
Note: 5
Wenn man sich die Erfolge im Detail anschaut, wirkt das euphorische Vokabular allerdings reichlich überzogen. Denn die guten Nachrichten sind weniger ein Ergebnis realer Verbesserungen, sie drücken vor allem das gewachsene Vertrauen der Märkte aus. So geht mehr als eine Milliarde des Primärüberschusses von 2,7 Milliarden Euro darauf zurück, dass die Europäische Zentralbank griechische Staatsanleihen aufgekauft hat. Die Ratingagenturen wiederum begründen ihre Aufwertungen mit dem Vertrauen in die europäischen Rettungsmechanismen – die griechischen Reformen werden mit keiner Silbe erwähnt.
Besonders hervorzuheben sind daher auch weniger die vermeintlichen Erfolge des griechischen Staats, sondern die der Realwirtschaft. Mit einem Umsatz von 17 Milliarden Euro hat der Tourismus 2013 alle Rekorde der Vergangenheit gebrochen. Das ist keineswegs selbstverständlich, war doch das öffentliche Bild Griechenlands in den vergangenen Jahren von brennenden Barrikaden anstatt vom Blau des Meeres geprägt. Das macht es nicht gerade leicht, eine Reisedestination zu entwickeln.
Hinzu kommt, dass Griechenland Stück für Stück an politischer Stabilität gewonnen hat. Zwar hat die Regierung Samaras keine Mehrheit mehr im Parlament, der Sparhaushalt für 2014 konnte zuletzt dennoch beschlossen werden. Die Opposition ist in sich so gespalten, dass von ihr keine echte Gefahr ausgeht, wenngleich der linke Politiker Alexis Tsipras weiter an Unterstützung gewinnt.
So schlug sich Griechenland 2013
Zuletzt konnte die Regierung von Präsident Samaras einen weiteren Sparhaushalt verabschieden. Eine eigene Mehrheit hat die Regierung im Parlament aber nicht mehr. Da die Opposition in sich völlig gespalten ist, droht dennoch keine unmittelbare Entmachtung. Öffentliche Proteste sind seltener geworden.
Note: 4
Wichtige Punkte sind weiter ungelöst: Die Öffnung der geschlossenen Berufe kommt nicht voran, die Privatisierung stockt. Hier und da gibt es aber kleine Erfolge, etwa beim Verkauf des Athener Flughafens
Note: 4
Erstmals wird ein Primärüberschuss erzielt. Der geht aber größtenteils auf das Konto der Staatsanleihekäufe durch die EZB. Dennoch ist das mehr, als die meisten Beobachter noch vor wenigen Monaten erwartet hätten.
Note: 3
Griechenland bleibt ein Euro-Sorgenkind. Doch es werden Fortschritte sichtbar, auch wenn das Land weiter voll und ganz von der Gnade der anderen Euro-Länder abhängt.
Note: 4+
So dürfte 2014 das Jahr werden, in dem Griechenland die Chance hat, auf den Pfad des wirtschaftlichen Wachstums zurückzukehren. Nach wie vor ist die Arbeitslosigkeit immens (27 Prozent), aber das gewonnene Vertrauen der Märkte macht zumindest weitere Substanzkürzungen entbehrlich. Auch ein neuerlicher Schuldenerlass kündigt sich an. So hat Griechenland 2014 erstmals wieder Luft, sich zu entwickeln. Zudem stehen einige große Investitionen an, gerade hat die EU eine Milliardenförderung für mehrere Autobahnprojekte freigegeben. Wenn Griechenland die Investitionen umsetzt und zugleich die angekündigten Reformen endlich angeht, besteht die reelle Option, das die Wirtschaft gesundet. Geschafft ist jedoch noch nichts.
Slowenien
Elf Monate lang galt Slowenien als nächster Kandidat für den Rettungsschirm. Erst im Dezember 2013 zeigt ein Stresstest: Die Lage der Banken des Euro-Landes ist sehr ernst, aber zunächst kann die Regierung in Ljubljana die Institute aus eigener Kraft stabilisieren. Fünf Milliarden Euro sind dazu notwendig. Viel, aber wohl nicht zu viel für das kleine Land in Osteuropa.
„In den acht Monaten, in denen ich die Regierung führe, haben wir in einer Art Feuerwehreinsatz die ärgsten Probleme schnell gelöst“, sagte die slowenische Regierungschefin Alenka Bratusek Anfang Dezember der „Welt“. „Offenbar haben wir das Feuer tatsächlich gelöscht.“
So bewerteten wir Slowenien 2012
Korruption in den Kommunen, ein Premier im Visier der internationalen Ermittler und unfähige Oppositionspolitiker: Sloweniens Politiker machen einen verheerenden Eindruck. Die Wut der Bürger nimmt zu, Demonstrationen sind zuletzt in Gewalt umgeschlagen.
Note: 4
Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes kommt nicht voran. Die Rentnerpartei „DeSUS“ blockiert eine Reform des Rentensystems. Viele Bürger gehen bereits mit 58 Jahren in den Ruhestand.
Note: 5
Slowenien versucht mit Privatisierungen sein Haushaltsdefizit zu verkleinern und den Schuldenberg abzubauen. Doch weder eine der maroden staatlichen Banken noch die Fluglinie Adria Airways konnte bisher abgestoßen werden. Weitere Ideen hat die Politik derzeit nicht.
Note: 4
Experten im In- und Ausland sind sich sicher: Ohne Hilfe von außen wird Slowenien nicht durch die Krise kommen. Zu marode sind die Banken, zu löchrig der Haushalt. Hinzu kommt, der mangelnde Reformeifer und Sparwille der Regierung. 2012 war kein gutes Jahr für Slowenien.
Note: 4-
Fakt ist: Der Staatsbankrott ist abgewendet, der Sprung unter den Euro-Rettungsschirm vorerst auch. Die Renditen für slowenische Zehn-Jahres-Anleihen fielen am Freitagmittag erstmals seit acht Monaten wieder unter sechs Prozent. Im vergangenen April hatte Slowenien zeitweise über sieben Prozent Zinsen zahlen müssen. Und auch der Arbeitsmarkt und das Rentensystem wurden reformiert. Künftig wird das Renteneintrittsalter auf 65 Jahre steigen – nachdem viele Slowenen bislang mit 58 oder 59 Jahren in den Ruhestand gegangen sind. Damit sind wichtige Schritte eingeleitet. Alle Probleme sind aber längst nicht gelöst.
So schrumpft die Wirtschaft immer weiter. Nach einem Minus beim Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent in 2012, soll das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um weitere 2,7 Prozent schrumpfen. Kein Wunder, dass sich die Arbeitslosenquote bei über zehn Prozent hält. Und auch der Haushalt ist von einer schwarzen Null noch ein gutes Stück entfernt. Die Mitte-Links-Koalition von Regierungschefin Alenka Bratusek will das Haushaltsdefizit im kommenden Jahr auf 2,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) und im Jahr danach auf 2,4 BIP-Prozente begrenzen. Helfen soll unter anderem eine Immobiliensteuer, die dem Land jährliche Mehreinnahmen in Höhe von 400 Millionen Euro einbringen soll.
Sloweniens Abschlusszeugnis 2013
Die Mitte-Links-Koalition von Regierungschefin Alenka Bratusek sitzt fest im Sattel. Erst am Sonntag hat die Regierung eine Vertrauensabstimmung mit 50 zu 31 Stimmen gewonnen. Die Bürger ziehen mit, nur vereinzelt gibt es Demonstrationen. Allerdings: In den Kommunen herrscht zuweilen Korruption und Unvermögen.
Note: 3+
Seit dem 1. Januar 2013 ist die Rentenreform in Kraft. Die Slowenen können nun erst deutlich später in Rente als bisher (65 statt 59 Jahre). Höhere Steuern wurden verabschiedet, eine Immobiliensteuer wurde eingeführt. 15 staatliche Unternehmen sollen teilweise privatisiert werden, die Staatsbediensteten weniger verdienen. Und: Auf Geheiß der slowenischen Notenbank wurden zwei maroden Banken kontrolliert abgewickelt. Mehr kann man nicht verlangen.
Note: 1
Mit den neu geschaffenen Einnahmen (Immobiliensteuer, Anhebung der Mehrwertsteuer) soll das Haushaltsdefizit reduziert werden. Das ist auch dringend nötig, waren die Löcher zuletzt riesig. 2011 betrug das Defizit 6,3 Prozent des BIP, 2013 immerhin 5,8 Prozent. Darin enthalten sind Kosten für die Bankenrettung. Rechnet man diese raus, bleibt aber immer noch ein Minus von 4,0 Prozent. Die Ziele der Regierung für die kommenden Jahre sind ambitionierter (-2,5 Prozent).
Note: 3-
Slowenien stand 2013 vor großen Problemen und hat alles getan, um der Lage Herr zu werden. Anders als andere Pleitekandidaten flüchtete man nicht unter den Euro-Rettungsschirm. Die Defizite sind hoch, ebenso die Arbeitslosigkeit – aber insgesamt hat Slowenien 2013 einen guten Job gemacht und sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich verbessert.
Note: 2
Die geplanten Privatisierungen hingegen stocken. Bisher kontrolliert der Staat rund die Hälfte der Wirtschaft, etwa in vielen Sektoren wie der Bankenbranche, dem Einzelhandel, der Telekommunikation und bei den Medien. Nun stehen Telekom Slovenia, Adria Airways und der internationale Flughafen Ljubljana zum Verkauf. Nur: Es mangelt an Interessenten.
Zypern
Gerade erst gab es ein Lob aus Brüssel. Zypern liege „im Plan“ mit den Reformauflagen der Troika, gab Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem nach der jüngsten Sitzung der Finanzminister der Eurozone erfreut bekannt. Der Auszahlung der nächsten Tranche aus dem Hilfspaket von insgesamt zehn Milliarden Euro steht nichts mehr im Wege.
Zypern hebt sich damit von Griechenland ab, wo sich die aktuelle Mission der Troika wegen vieler Ungereimtheiten ins neue Jahr ziehen wird. Die wirtschaftlichen Aussichten sind auf der Mittelmeerinsel allerdings düster. Nachdem das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr den Berechnungen der EU-Kommission zufolge um 8,7 Prozent einbrechen dürfte, steht im kommenden Jahr ein Minus von 3,9 Prozent bevor. Erst 2015 rechnet die Kommission wieder mit Wachstum.
So bewerteten wir Zypern 2012
Eine Einigung der geteilten Insel (türkisch im Norden, griechisch-zypriotisch im Süden) ist nicht in Sicht. Kommunist Christofias wird bei der Präsidentschaftswahl im Februar 2013 nicht erneut antreten, offen ist, wer an seine Stelle tritt. Die orthodoxe Kirche hat einen großen Einfluss.
Note: 4
Der öffentliche Sektor ist aufgebläht, Christofias mied jede Reform. Die Troika will er nicht ins Land lassen, lieber lässt sich die Regierung mit einem Kredit aus Russland helfen.
Note: 6
Zypern verfehlt die Maastricht-Kriterien deutlich. Das Haushaltsdefizit liegt in diesem und im kommenden Jahr bei deutlich über fünf Prozent. Dennoch lehnt Christofias ein Sparporgramm entschieden ab.
Note: 6
Zypern hat 2012 bewiesen, dass es politisch nicht nach Westeuropa passt. Das Land ist nicht willens zu sparen und blockiert nötige Reformen. Europas Glück: Das Land ist zu klein, um die Währungsunion nachhaltig zu schaden.
Note: 5-
Die Beratungsfirma Ernst & Young hält dieses Szenario noch für viel zu optimistisch. Für das kommende Jahr sagt sie einen weiteren Einbruch des BIP um acht Prozent voraus und erwartet erst wieder im Jahr 2017 Wachstum. Vor allem der Mangel an privaten Investitionen könnte sich als Problem erweisen, heißt es.
Finanzminister Harris Georgiades hofft, dass die für die kommenden Jahre geplanten Strukturreformen internationale Investoren ins Land locken. Das Gesundheits- und Steuersystem soll komplett überarbeitet werden. Die konservative Regierung plant ebenfalls umfassende Privatisierungen, die mit dem Verkauf des staatlichen Telekomunternehmens CyTA beginnen soll. Im November kündigte Georgiades ein Ende der Kapitalverkehrskontrollen für die „kommenden Monate“ an. Die Sperre war im März eingeführt wurden, um den Abfluss von Geldern in großem Stil zu verhindern. Doch ein konkretes Datum liegt noch nicht vor.
Zyperns Abschlusszeugnis 2013
Die Zyprioten arbeiten die Brüsseler Vorgaben recht geflissentlich ab. Darin unterscheiden sie sich ganz klar von Griechenland.
Note: 2
Die Regierung hat von ihren Vorgängern einen aufgeblähten Staatsapparat geerbt. Im kommenden Jahr sollen die Staatsausgaben um zehn Prozent gekürzt werden. Finanzminister Georgiadis kündigt auch für die kommenden Jahre einen Sparkurs an.
Note: 2
Präsident Nicos Anastasiadis regiert mit einer Mehrheit, und nach anfänglicher Sperenzchen hat er kapiert, dass die Troika es mit ihren Auflagen ernst meint. Problematisch ist eher die Politkultur. Die Parteien bringen immer noch viel Zeit mit gegenseitigen Schuldzuweisungen zu. Dass Anastasiadis verdächtigt wird, beim Haircut Insiderhandel betrieben zu haben, spricht für sich.
Note: 3
Im März noch war die Regierung von Nicos Anastasiadis für das Chaos bei der Zyper-Rettung verantwortlich. Im Sommer legte der Präsident mit einem Brief nach und klagte über ungerechte Behandlung. Mittlerweile hat er verstanden, dass er den Interessen seines Landes als Teamspieler am besten dient.
Note: 2
Die Bankensanierung hat tiefe Spuren in den Staatsfinanzen hinterlassen. Die Schulden, die sich in diesem Jahr voraussichtlich auf 116,0 Prozent des BIP belaufen, werden im kommenden Jahr auf 124,4 Prozent des BIP steigen und 2015 sogar auf 127,4 Prozent. Die Regierung schließt trotzdem Steuererhöhungen aus und setzt auf Ausgabenkürzungen.
Spanien
Endlich wieder gute Nachrichten: Nach über zwei Jahren ist die Wirtschaft im dritten Quartal 2013 erstmals wieder gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt legte um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu. Die längste Rezession Spaniens seit dem Ende der Franco-Diktatur (1939 bis 1975) ist damit beendet. Gleichzeitig kann das Land aus dem europäischen Rettungsprogramm aussteigen, dass für die Sanierung der Banken gebraucht wurde. „Todo bien?“ Ist damit wieder alles gut im Euro-Krisenland?
Keine Frage: Es gibt vermehrt Anzeichen dafür, dass Spanien das Schlimmste überstanden haben könnte. So legen die Exporte zu, ausländische Investoren kaufen Anteile an spanischen Unternehmen und auch an den Anleihemärkten genießt das Urlaubsland neues Vertrauen. Ende Oktober sind die Renditen für spanische Staatsanleihen erstmals seit Monaten wieder unter die Marke von 4,0 Prozent gefallen. Und: Die Ratingagentur Fitch droht Madrid nicht länger mit einer Abstufung. Der Ausblick der Kreditbewertung wurde von „negativ“ auf „stabil“ angehoben.
So bewerteten wir Spanien 2012
Rajoy hat eine stabile Mehrheit im Parlament, doch der Druck von der Straße ist groß. Gewerkschaften und Arbeiter machen gegen seinen Sparkurs mobil, das Baskenland und Katalonien wollen sich abspalten.
Note: 3-
Eine Bonuszahlung für die Anstellung junger Leute, eine Lockerung des Kündigungsschutzes und weniger Tarifverträge: Rajoy hat Reformen angestoßen. Doch oft sind sie nicht entschieden genug. So müssen Zeitverträge nach zwei Jahren in volle Stellen umbesetzt werden, Abfindungen bleiben hoch.
Note: 4
Spanien wird 2012 wohl mit einem Haushaltsminus von acht Prozent des BIPs abschließen. Auch 2013 sieht die Prognose ein kräftiges Minus voraus (6,0 Prozent). Die Sparmaßnahmen sind weitgehend Kosmetik.
Note: 5
Spanien bleibt ein Sorgenkind. Premier Rajoy muss in Zukunft deutlich mehr sparen als 2012 und auch unliebsame Reformen gegen die Gewerkschaften durchführen. Gelingt das nicht, braucht Spanien 2013 Hilfe von außen – nicht nur für seine Banken.
Note: 4-
Dennoch: Die Krise ist noch lange nicht vorbei, sagt etwa Clemens Fuest, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). „Der Optimismus, der momentan vielerorts ventiliert wird, ist übertrieben.“ So habe der Rettungsschirm der EZB zum Sinken der Risikoaufschläge der Staatsanleihen geführt. „Mit einer Marktbewertung hat das nichts zu tun“, so Fuest über die Situation in Spanien. „Im spanischen Bankensystem liegen faule Kredite im Volumen von vielen Milliarden Euro, und auch die Arbeitslosigkeit ist immer noch extrem hoch.“
In der Tat ist von einer Erholung auf dem Arbeitsmarkt nichts zu sehen. Im Gegenteil: Die Lage hat sich 2013 weiter verschlechtert. Die Arbeitslosigkeit stieg von 25 auf 27 Prozent. Von den jungen Leuten zwischen 16 und 24 Jahren sind in Spanien 57,4 Prozent ohne Job. Das sind fünf Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Die OECD geht davon aus, dass die Arbeitslosenquote 2014 ihren Höhepunkt erreichen wird.
Auch die Staatsverschuldung steigt weiter. Bis Ende 2014 soll sie auf 99,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen sein. Das sind rund 1,05 Billionen Euro. Erst ab 2016 rechnet Spanien mit einem Rückgang der Staatsverschuldung.
Spaniens Abschlusszeugnis 2013
Der Widerstand gegen die Einsparungen ist groß. Im November stapelte sich in der Hauptstadt Madrid der Müll, als Mitarbeiter der Stadtreinigung wegen Kürzungen streikten. Im gleichen Monat gingen Zehntausende wegen einer Schulreform auf die Straße. Auch im neuen Jahr ist keine Entspannung in Sicht. Katalonien etwa plant für 2014 einen Volksentscheid über die Unabhängigkeit, den der spanische Ministerpräsident Rajoy ablehnt.
Note: 4+
Spanien bekommt den Haushalt nicht in den Griff. Eine Finanzreform muss her. Zudem müssen die (arbeitslosen) jungen Menschen besser geschult werden, um in Arbeit zu kommen. Ansonsten hat die Regierung viel getan, um den Arbeitsmarkt neu aufzustellen: Kurzarbeit wurde eingeführt, temporäre Lohnkürzungen und Stundenkonten erlauben den Unternehmen flexibler zu agieren. Die Liberalisierung ließ zunächst die Arbeitskosten sinken. Zwischen dem ersten Quartal 2012 und dem ersten Quartal 2013 sanken die Lohnstückkosten laut OECD um 3,2 Prozent, mehr als in jedem anderen entwickelten Land. Auch eine Rentenreform wurde im September beschlossen.
Note: 2-
Mit einer Rentenreform und der Verschlankung des Staatsapparats sind erste wichtige Schritte eingeleitet. Doch es braucht mehr, um die hohen Haushaltsdefizite zu drücken. Die Regierung hofft auf steigende Steuereinnahmen bei anziehender Konjunktur. Das Kalkül dürfte nicht aufgehen. 2013 liegt der Haushalt 6,8 Prozent im Minus, auch 2014 und 2015 stehen ähnliche Zahlen im Raum (-5,9 bzw. -6,6 Prozent). So ist der Anstieg der Staatsverschuldung nicht zu stoppen.
Note: 4
Die Wirtschaft scheint langsam wieder auf die Beine zu kommen, auch bei der Sanierung der Banken hat Spanien Erfolge vorzuweisen. Dank der Arbeitsmarkreform sind die Voraussetzungen geschaffen, dass das Land wieder wachsen kann. Doch das braucht Zeit. Fraglich, ob Rajoy diese bekommt. Und: Auch die Finanzlage des Staates ist zunehmend prekär. Die Schulden steigen so stark wie in kaum einem anderen Euro-Land.
Note: 3
Erste Löcher sollen mit höheren Steuereinnahmen gestoppt werden. Aus den Haushaltplänen des Landes, den Spanien in Brüssel vorgelegt hat, rechnet man unter anderem durch die Anpassung der Renten 2014 mit Einsparungen von 800 Millionen Euro pro Jahr. Zudem sollen durch Reformen der öffentlichen Verwaltung bis 2015 rund 37,7 Milliarden Euro eingespart werden.
Irland
Irland ist und bleibt der Sonderfall unter den Krisenstaaten Europas. Anders als im Süden des Kontinents gingen die Schuldenprobleme hier nicht von der öffentlichen Hand aus, sondern von der Bankbranche. Dennoch musste sich das Land einem Konsolidierungsprogramm unterwerfen. Und ist auch dabei wieder ein Spezialfall: Als erstes Land verlassen die Iren gerade den Rettungsschirm. Bereits im Lauf des Jahres hatte die Regierung von Premier Enda Kerry begonnen, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Mit großem Erfolg: Irland verfügt inzwischen über Kreditlinien von gut 20 Milliarden Euro, die würden im Zweifel genügen, um den Staatshaushalt bis 2015 zu finanzieren.
So bewerteten wir Irland 2012
Regierungschef Enda Kenny verfügt über breiten Rückhalt im Parlament. Auch Teile der Opposition unterstützen grundsätzlich Irlands Reformkurs. Widerstand kommt von den Gewerkschaften und aus der Wirtschaft.
Note: 2-
Die Lohnstückkosten wurden drastisch reduziert, die Wettbewerbsfähigkeit erhört, verkrustete Strukturen wurden aufgehoben.
Note: 2
In einer seiner ersten Amtshandlungen reduzierte Kenny sein Gehalt als Premier um sieben Prozent. Das Haushaltsdefizit wurde um fünf Prozentpunkte reduziert, Kritiker fordern aber mehr.
Note: 4+
Irland hat deutliche Fortschritte gemacht. Der Reformeifer ist hoch, der Sparwille fast befriedigend. Zieht die Konjunktur in den wichtigsten Abnehmerländern (Großbritannien, Deutschland) etwas an, dürfte Irland Ende 2013 wieder auf eigenen Beinen stehen können.
Note: 3+
Dennoch werden die Märkte weiter ein Auge auf das Land haben, das sogar darauf verzichtet hat, den Ausstieg aus dem Rettungsprogramm mit vorübergehenden Kreditlinien abzusichern. Im Verlauf des nächsten Jahres wollen die Iren eine weitere große Auktion von Staatsanleihen wagen, dann wird sich weisen, ob die neue Selbstständigkeit tatsächlich den Test am freien Markt besteht. Ein erster Testlauf kurz nach dem Abschied vom Rettungsschirm hat bereits gut funktioniert.
Mit der Sanierung des Staatshaushalts sind die Iren in den vergangenen Jahren hervorragend vorangekommen. Bereits ab dem kommenden Jahr macht sich das Land nun daran, den durch die Bankenrettung auf horrende 124 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angewachsenen Schuldenstand zu reduzieren. 2019 soll die Grenze von 100 Prozent unterschritten werden, als Fernziel hat Kerry die Marke von 60 Prozent ausgerufen. Anders als in den meisten südeuropäischen Staaten haben die harten sozialen Einschnitte und die grassierende Arbeitslosigkeit – zuletzt knapp 13 Prozent – in Irland nicht zu einer politischen Krise geführt. Die Regierung sitzt recht fest im Sattel, Generalstreiks sind auf der Insel im Atlantik kein Thema. Viele Iren erklären das damit, dass sie anders als die Menschen in Portugal oder Griechenland wüssten, dass ein gewichtiger Teil der Schuld für die Misere bei Ihnen selbst liegt. Denn in Irland musste keiner tatenlos zusehen, wie das Staatsbudget Jahr für Jahr von ein paar reichen Cliquen geplündert wird. Mit riskanten Immobilieninvestments hat fast jeder Ire erst kräftig mitverdient, um dann höchstpersönlich vor der Pleite zu stehen.
Irlands Abschlusszeugnis 2013
Die Regierung von Premier Enda Kenny verfügt über eine solide Mehrheit. Auch in der Bevölkerung gibt es keine grundsätzliche Kritik am Kurs der Regierung. Gewerkschaft und Wirtschaft grummeln zwar hier und da, zetteln aber keine großen Konflikte an.
Note: 2
Die Lohnstückkosten wurden drastisch reduziert, verkrustete Strukturen aufgehoben. Durch das Ende des Rettungsschirms erspart sich Irland zudem eine schmerzhafte Reform seines Steuermodells.
Note: 2
Bereits 2014 soll mit dem Abbau des Schuldenstands begonnen werden, bis 2019 soll die Marke von 100 Prozent fallen. Bisher hat Irland seine Ziele in dieser Hinsicht recht gut eingehalten.
Note: 3
Irland hat den Schritt aus dem Rettungsschirm vollzogen. Das allein ist eine echte Leistung. Dennoch drohen weiter Gefahren, auf die das Land kaum Einfluss nehmen kann. Das Zeugnis fällt daher gut aus, ist aber mit überdurchschnittlichen Risiken behaftet.
Note: 2-
So geht das größte Risiko für Irland auch nicht davon aus, dass der Reformeifer zu ermatten drohte. Die Lohnstückkosten sind bereits massiv gesunken, die wichtigsten Budgetkürzungen sind vollzogen. Stattdessen stehen die Banken längst noch nicht so gut da, wie viele Iren hoffen. Beim anstehenden Stresstest der EU gelten sie als größte Wackelkandidaten. Denn in ihren Büchern finden sich nach wie vor reihenweise problematische Immobilienpakete. Stärker als jedes andere Land hängt Irland damit auch weiterhin vom Wohlgefallen der Märkten und der Entwicklung ihrer Banken ab. Sollten letztere ihre Arbeit ebenso gut gemacht haben wie die Regierung, könnte der erste Sanierungsfall in ein oder zwei Jahren tatsächlich als abgeschlossen gelten.
Portugal
2014 will Portugal wieder auf eigenen Beinen stehen. Ministerpräsident Pedro Passos Coelho sagte kürzlich, die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Monate deute darauf hin, dass Portugal kein zweites Hilfspaket benötige, sondern Mitte des Jahres das internationale 78 Milliarden Euro schwere Programm verlassen werde. Anfang Dezember hatte sich die Regierung durch einen Anleihetausch Luft verschafft: Staatsanleihen über 6,5 Milliarden wurden um drei Jahre verlängert.
Aber noch ist unsicher, ob der Wunsch der Regierung Wirklichkeit wird. In diesem Jahr verpasst Portugal sein Haushaltsziel wie schon im Vorjahr. Eigentlich hatte die Regierung von Passos Coelho mit den internationalen Geldgebern für dieses Jahr ein Haushaltsdefizit von 5,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukt (BIP) vereinbart. Herauskommen werden aber 5,5 Prozent nach 6,4 Prozent im Jahr 2012. Finanzministerin Maria Luis Albuquerque spielt die Differenz hinunter und betont, das Land befinde sich „auf einem guten Wege“.
So bewerteten wir Portugal 2012
Coelhos Zweier-Koalition macht einen stabilen Eindruck. Auch in der Bevölkerung genießt der Premier das Vertrauen. Je länger die Krise aber andauert, desto schwerer wird es für ihn, sich gegen die aufkeimende Wut der Gewerkschaften und Angestellten zu wehren.
Note: 3
Lob von allen Seiten und das – anders als im Fall Griechenland – zu Recht: Portugal hat seine Arbeits- und Rentenmarkt in weiten Teilen neu gestaltet und sich so fit für die Zukunft gemacht. Trotz aller Schmerzen während der Übergangszeit.
Note: 2
2010 lag das Haushaltsdefizit noch bei 9,8 Prozent. Inzwischen wurde es fast halbiert. 2013 rechnet die EU-Kommission mit einem Minus von 4,5 Prozent. Dass es nicht besser läuft, liegt an der Rezession in Südeuropa (allen voran in Spanien). Viel mehr sparen kann Portugal nicht.
Note: 2
Portugal hat 2012 vieles richtig gemacht. Neben Irland ist das Land der einzige Lichtblick unter den Hilfsgeldempfängern Europas. Doch die Abhängigkeit von Spanien macht eine schnelle Genesung unmöglich. Portugal wird noch Zeit brauchen.
Note: 2
Ein Ende der Rezession ist in der Tat in Sicht. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Wirtschaft im kommenden Jahr zum ersten Mal seit 2010 wieder wachsen wird und zwar um 0,8 Prozent. Für 2015 erwartet sie beim Bruttoinlandsprodukt sogar ein Plus von 1,5 Prozent.
Portugals wirtschaftliche Zukunft hängt allerdings ganz entscheidend von den Finanzmärkten ab. Passos Coelho geht davon aus, dass die langfristigen Zinsen deutlich senken werden, sobald das portugiesische Verfassungsgericht die Sparmaßnahmen des Haushalts 2014 abgesegnet hat. Aber eine Garantie für ein positives Votum der obersten Richter gibt es nicht. In der Vergangenheit haben sie bereits vier Mal die Regierung zu Korrekturen bei ihrem Sparkurs gezwungen.
Portugals Abschlusszeugnis 2013
Portugal hat seine Wettbewerbsfähigkeit in den vergangenen Jahren erheblich gestärkt. In diesem Jahr dürfte es einen Leistungsbilanzüberschuss von einem Prozent erreichen. Eine nach innen gerichtete Wirtschaft hat sich erfolgreich internationalisiert. Im Bildungssektor etwa müssen aber weitere Reformen folgen, um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern.
Note: 3
Die Regierung tut ihr Bestes, aber das ist nicht gut genug, wenn das Verfassungsgericht die Maßnahmen anschließend wieder kassiert. 2013 wird Portugal – wie schon im Vorjahr – sein Defizitziel verpassen.
Note: 4
Im Sommer stand die Regierung kurz vor dem Aus, eine Umbildung der Koalition verhinderte Neuwahlen. Seither scheinen sich die beiden Koalitionspartner zusammengerauft zu haben. Vor allem verzichtet der kleine Koalitionspartner von Regierungschefs Pedro Passos Coelho auf Profilierungsversuche.
Note: 3
Der Wunsch, das Hilfsprogramm 2014 zu verlassen könnte sich als unrealistisch erweisen. Dass die Regierung das Ziel als solches fest im Blick behält, ist aber positiv.
Note: 4+
Weil sich Irland für einen Exit aus dem Hilfsprogramm ohne Sicherheitsnetz entschieden hat, fehlt Portugal nun auch die Blaupause für seinen Weg. Sollte Portugal im Sommer 2014 sein Programm enden, dürfte es mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Kreditlinie angewiesen sein. Und die käme mit neuen Bedingungen.
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