Euro-Krise Wann knickt der Euro ein?

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Wie stark ist der Euro wirklich?

Euro Dollar Quelle: REUTERS

Dazu kommt: In Krisenzeiten profitiert eine Währung von einer besonders hohen Liquidität, denn Anleger können sicher sein, sie jederzeit wieder verkaufen zu können. Doch langfristig reicht das nicht.

Dann ist die wirtschaftliche Verfassung des Währungsraums entscheidend, sagt Währungsexperte Manfred Neumann von der Universität Bonn, und da macht das starke Deutschland die Schwäche anderer Euro-Länder wett. Zwar steckt die Euro-Zone in einer tiefen Krise, „doch besonders der flexible Arbeitsmarkt hat die Bundesrepublik noch wettbewerbsfähiger gemacht“, weiß Neumann. Wenn auch einzelne Länder wie Griechenland oder Portugal immense Importüberschüsse aufweisen, insgesamt ist die Leistungsbilanz der Euro-Zone ausgeglichen: Sie nimmt durch den Export von Waren und Dienstleistungen ins außereuropäische Ausland so viel ein, wie sie für ihren Import ausgibt. Dagegen leiden die USA seit 20 Jahren an einem horrenden Importüberschuss. In diesem Punkt ist also der Euro tatsächlich in einer besseren Verfassung als der Dollar.

Triebkraft für den Wechselkurs

Die stärkste Triebkraft für den Wechselkurs einer Währung ist aber letztlich die Entwicklung des Preisniveaus. Und hier droht der Euro-Zone großes Ungemach – gerade weil es Deutschland so gut geht. Eine hohe Teuerungsrate schwächt eine Währung, weil die Bürger aus Angst vor dem Wertverfall ihr Geldvermögen entweder in Sachwerte wie Immobilien tauschen und so Preisblasen entstehen lassen oder in stabilere ausländische Währung umtauschen. „Das bisher stabile Preisniveau in der Euro-Zone ist trügerisch“, sagt Ansgar Belke vom Berliner Forschungsinstitut DIW, „es wird zur Inflation kommen.“ Diese Einschätzung teilt auch Barry Eichengreen von der Universität Berkeley: Die Euro-Zone werde ein deutlich größeres Problem mit der Inflation bekommen als der Dollar-Raum. Das liegt zum einen an dem vielen Geld, das die EZB geschaffen und nicht mehr so leicht wieder einsammeln kann, aber auch an der sehr guten wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands und dem deutlich schwächeren Wachstum der übrigen Mitgliedsländer.

Die Ungleichgewichte belasten den Euro also stärker, als es bisher im Wechselkurs sichtbar ist, und sie werden auch dafür sorgen, dass die Zinspolitik der europäischen Zentralbank scheitern muss. Denn der zukünftige Leitzins für die Euro-Zone insgesamt wird für Deutschland viel zu niedrig sein und die Inflation anheizen. Für den Rest der Euro-Zone dagegen wird er aber immer noch zu hoch sein und dort die ohnehin schwächelnde Wirtschaft völlig abwürgen.

Fazit: Der Euro ist in Wahrheit deutlich schwächer, als es der Euro-Dollar-Kurs suggeriert. Gemessen an der Kaufkraftparität (das ist der Wechselkurs, zu dem mit 100 Euro in den USA genauso viel Waren und Dienstleistungen zu haben sind wie in der Währungsunion), ist der Euro zum Dollar derzeit um fünf Prozent zu hoch bewertet.

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