Europa-SPD Großbritannien legt akzeptables Brexit-Angebot vor

Die Schlussrechnung für den EU-Austritt der Briten galt lange als Zankapfel. Jetzt deutet sich laut britischen Medien eine Einigung zwischen London und Brüssel an.

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Theresa May Quelle: REUTERS

Großbritannien hat nach Angaben der Europa-SPD erstmals ein detailliertes Angebot für Zahlungen nach dem Brexit vorgelegt, das auf wichtige Forderungen der Europäischen Union eingeht. „Es liegt ein Angebot vor, das für die EU akzeptabel erscheint“, sagte der SPD-Europaabgeordnete Jens Geier am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Er bezog sich auf Informationen der oppositionellen Labour-Partei aus Großbritannien.

Der Charme für Großbritannien sei, dass das Angebot keine Summen enthalte. Das habe die EU aber auch nie gefordert, sagte Geier. Wichtig sei die Bestätigung, dass zum Beispiel langfristige Pensionszahlungen der EU anteilig mitbezahlt würden. Dasselbe gelte für die Förderung von Projekten, die noch im laufenden Haushaltsrahmen bis 2020 begonnen, aber erst später abgeschlossen werden. Wie hoch diese Summen letztlich sein würden, lasse sich heute noch nicht exakt berechnen. Entscheidend sei die Verpflichtung zu langfristigen Zahlungen, sagte Geier.

Zuvor hatten britische Medien von einer Grundsatzeinigung in der in den Brexit-Verhandlungen seit Monaten umstrittenen Frage der Schlussrechnung für Großbritannien berichtet. Der "Telegraph" berichtete am Dienstagabend

unter Berufung auf Verhandlungskreise, beide Seiten hätten sich im Grundsatz geeinigt.

Eine genaue Summe sei noch nicht festgelegt worden, sie werde aber je nach Auslegung einer vereinbarten Berechnungsmethode zwischen 45 und 55 Milliarden Euro liegen.

Die EU-Kommission will diese Einigung aber nicht bestätigen, sondern verweist auf ein entscheidendes Gespräch von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit der britischen Premierministerin Theresa May am Montag.

Angesichts der in den Berichten angepeilten Summe waren die Reaktionen in Großbritannien überwiegend negativ. Der ehemalige Ukip-Chef Nigel Farage, der maßgeblich am Zustandekommen des britischen Referendums zum EU-Austritt beteiligt war, nannte die mutmaßliche Einigung einen „Ausverkauf“. „Ich habe immer argumentiert, dass kein Deal besser ist als ein schlechter“, sagte der Europaparlamentarier am Dienstag. „55 Milliarden Euro zum Verlassen der EU ist ein sehr, sehr schlechter Deal.“

Der Chef der EU-freundlichen Liberalen, Vince Cable, zeigte sich unterdessen besorgt. „Wenn diese Zahlen korrekt send, dann zahlen wir einen hohen Preis für das Verlassen einer Institution, die unser Land über Jahrzehnte hinweg bereichert hat.“ Er wiederholte die Forderung seiner Partei, der Bevölkerung in einem zweiten Referendum die Möglichkeit zu geben, sich von dem EU-Austritt zurückzuziehen.

Der Labour-Abgeordnete Chuka Umunna beklagte derweil, dass Brexit-Befürworter wie Außenminister Boris Johnson und Umweltminister Michael Gove niemals gesagt hätten, dass es eine „hohe Rechnung für die Scheidung“ geben werde - „ganz im Gegenteil“.

Brüssel hatte London bis kommende Woche Zeit für Zugeständnisse bei den Brexit-Verhandlungen gegeben. Bis dahin muss „ausreichender Fortschritt“ in drei Punkten erreicht sein, um wie ursprünglich geplant Mitte Dezember die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen beiden Seiten einzuleiten. Neben der Brexit-Schlussrechnung geht es um die EU-Außengrenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland sowie die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien und der Briten auf dem Kontinent. Die irische Grenzfrage gilt derzeit als heikelster Punkt.

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