Europäische Union Die nächste Stufe der Griechenlandrettung

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Dritter Knackpunkt: das Vertrauen

Das Problem der Europäer: Wenn sie einen geringeren Primärüberschuss akzeptieren, wird ein Schuldenschnitt wahrscheinlicher. Denn mit einem geringeren Primärüberschuss wäre die Gesamtschuldenlast für Athen kaum zu stemmen, ein Schuldenschnitt würde immer zwingender werden. Auf diese Entwicklung wollen sich die Europäer aber nicht erst einlassen. Ökonom Jens Bastian empfiehlt, eine langfristige Perspektive für Griechenland zu entwickeln. Der Primärüberschuss sollte seiner Meinung nach nicht nur für den Schuldendienst verwendet werden. „Investitionen in Infrastruktur oder Bildung sind dringend notwendig.“

Dritter Knackpunkt: Alle Seiten misstrauen einander. Die Europäer, allen voran die Deutschen, haben den Griechen von Beginn an Auflagen gemacht. Geld nur gegen Reformen lautet die Formel seit dem Jahr 2010. Bei den Griechen kam das nie gut. Vor zwei Jahren wählten sie dann den Linken Alexis Tsipras ins Amt, von dem sie hofften, dass er den Geldgebern die Stirn bieten würde.

Genau das tat der junge Premier auch, lehnte die Forderungen der Europäer ab, ließ das zweite Hilfspaket platzen und führte Griechenland beinahe aus der Eurozone. Ein Grexit schien für einige Zeit tatsächlich möglich. Letztlich konnten sich Tsipras und die Geldgeber zwar auf ein neues Hilfspaket einigen, doch das Vertrauen ist seitdem schwer beschädigt.

Erst im Dezember stieß Tsipras die Geldgeber erneut vor den Kopf. Kurz vor Weihnachten veranlasste er eine Sonderzahlung an Bezieher von Niedrigrenten. 650 Millionen Euro hatte dieses Weihnachtsgeschenk gekostet. Später musste die griechische Regierung den Geldgebern schriftlich zusichern, dass sich ein solcher Alleingang nicht wiederholen wird.

Auch diesmal werden sich Geldgeber und Griechen wohl einig werden, frisches Geld wird fließen. Eigenständig und souverän ist Griechenland aber noch lange nicht.

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