Europäische Zentralbank Mario Draghi und das billige Geld

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Der Appetit auf Hochprozenter wächst

Gold läuft zurzeit eher schlecht, weil Anleger ihr Geld vor allem in Aktien stecken und Krisenängste verflogen sind. Doch als Sicherheitsanker gehört es ins Depot, auch um mögliche Kursverluste bei Aktien kompensieren zu können. Dass Gold keine Zinsen oder Dividenden abwirft, könnten Anleger im Nullzinsszenario leichter verschmerzen, für ihr Geld bekommen sie ja auch nichts. Die Opportunitätskosten der Goldhaltung – das, was man alternativ für Zinsanlagen bekommen würde – gehen gegen null. Und wenn das dicke Ende – Inflation oder gar ein Zusammenbruch des Geldsystems – doch noch kommt, bietet Gold den besten Schutz.

Wenn sichere Anleihen keinen Zins mehr bringen, wächst auch der Appetit auf Hochprozenter. Allerdings sind Hochzinsanleihen von halbwegs sicheren Emittenten schon jetzt teuer. Beispiel: Eine bis 2019 laufende Staatsanleihe Mexikos mit einem Coupon von 8,125 Prozent ist derzeit für 134 Prozent zu haben. Das Mexiko-Papier bringt damit nur 1,5 Prozent Rendite.

Risiko und Rendite stehen bei Hochzinsanleihen oft in keinem gesunden Verhältnis, wie die Pleiten bei deutschen Mittelstandsanleihen gezeigt haben. Je niedriger die Zinsen, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass finanzschwache Unternehmen Anleihen auflegen. Anleihen aus Südeuropa zudem notieren – weil die mit üppigem EZB-Geld gefütterten Banken sie kaufen – jenseits von Gut und Böse, ihre Renditen werden künstlich unten gehalten.

Viele der derzeit gehandelten Hochzinsanleihen kommen von Emittenten aus Schwellenländern. Sollte es zu einem Aktiencrash kommen, werden die Anleger aus Europa und Nordamerika ihr Geld zuerst aus den Schwellenländern abziehen. Auch Anleihen wären davon betroffen – was Kursverluste zur Folge hätte. Bei einem langfristigen Nullzins sind Hochprozenter keine echte Alternative, weil die Kurse zu hoch und die Renditen zu niedrig wären.

11. Was bedeutet das Zinstief für den Immobilienmarkt?

Niedrige Zinsen treiben die Immobilienpreise in doppelter Hinsicht. Häuslebauer und -käufer kommen günstig an Geld, das steigert die Nachfrage. Wenn die Verzinsung anderer Anlagen sinkt, werden Immobilien zudem attraktiver als Kapitalanlage für institutionelle Investoren.

Immer mehr Geld fließt so in die Immobilienmärkte, es droht eine Blasenbildung. Das gilt insbesondere für Nordeuropa, aber auch für südeuropäische Krisenländer wie Spanien oder Griechenland, wo die Immobilienpreise stark eingebrochen waren und bald schneller anziehen könnten, als es die wirtschaftliche Lage rechtfertigt.

In Deutschland ist nach Einschätzung der Bundesbank zwar noch keine Blase entstanden, wenn man das gesamte Land betrachtet. Doch für die städtischen Immobilienmärkte konstatiert die Bundesbank Überbewertungen von bis zu 25 Prozent in Metropolen. Schon im November hatten die Bundesbanker im Finanzstabilitätsbericht 2013 gewarnt: „Inzwischen gibt es Hinweise, dass sich der Preisanstieg von den Städten ins Umland ausbreitet.“

Und weiter: „Aus Finanzstabilitätssicht besteht das Risiko, dass eine Spirale aus steigenden Preisen am deutschen Wohnimmobilienmarkt und einer nicht nachhaltigen Kreditvergabe der Banken in Gang kommt.“ Ein schuldenfinanzierter Immobilienboom sei „eines der schwerwiegendsten Risiken für die Finanzstabilität“.

Noch gibt es Faktoren, die dem entgegenwirken. „Die Banken verhalten sich bei der Kreditvergabe sehr umsichtig“, sagt Tobias Just, Professor für Immobilienwirtschaft an der International Real Estate Business School in Eltville. „Die Marktdynamik in Deutschland ist längst nicht so stark fremdkapitalfinanziert, wie sie es in den USA oder Spanien vor 2007 war, sondern viel stärker eigenkapitalfinanziert.“

Die Mietpreisbremse mindert auch den Zustrom von Investorengeldern, denn nur wer Mieten erhöhen kann, kann auch seine Rendite steigern. „Bereits die Debatte über eine mögliche Blase hilft zu verhindern, dass tatsächlich eine entsteht“, sagt Just, die Risiken blieben so im Bewusstsein.

Auch andere Faktoren wie sinkende Studentenzahlen dürften in den nächsten Jahren den Preisanstieg bremsen. „Es wird eine Schwächung der Nachfrage und damit eine Beruhigung der Preisdynamik geben“, prognostiziert Just.

Größere Risiken schlummern mittlerweile bei den Gewerbeimmobilien. „Einzelhandelsimmobilien sind enorm teuer geworden, deshalb wenden sich Investoren Büroimmobilien zu“, sagt der Experte. „Ich halte das in einigen Märkten für eine gefährliche Entwicklung.“ Denn es gibt hohe Leerstände, die Mietzuwächse waren in den letzten Jahren nur sehr gering – selbst in den Top-Lagen.

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