Europäische Zentralbank Mario Draghi und das billige Geld

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Die Inflation frisst den Zins

12. Was wird aus Spareinlagen und Lebensversicherungen?

Sparer, die ihr Geld möglichst sicher anlegen wollen, sind gekniffen: Im Schnitt bekommen sie auf täglich verfügbares Tagesgeld schon jetzt nur 0,7 Prozent Zins. Zehnjähriges Festgeld bringt durchschnittlich 2,2 Prozent pro Jahr – vor Abzug der Abgeltungsteuer (inklusive Soli 26,4 Prozent).

Nach Steuerabzug verbleiben beim Zehnjahres-Festgeld so nur 1,6 Prozent. Das reicht knapp, damit nach Abzug der Inflation überhaupt noch ein minimaler Zinsertrag übrig bleibt. Im Klartext: Tagesgeld, Sparbücher und Festgeld sind derzeit keine Geldanlage, sondern schleichende Geldvernichtung.

Lebens-, Renten- oder Riesterversicherungen sind allerdings kein Ausweg. Denn die Versicherer legen das Geld ihrer Kunden selbst zu 90 Prozent zu festen Zinsen an; sie sind dem Niedrigzins also genauso ausgeliefert. Zwar hat der Zinsrutsch die Reserven der Versicherer erst einmal anschwellen lassen, weil von ihnen gehaltene (höher verzinste) Alt-Anleihen jetzt mehr wert sind.

Insgesamt saßen sie Ende 2012 so auf 70 Milliarden Euro Reserven. Doch davon profitieren nur Versicherte, deren Verträge auslaufen oder gekündigt werden: Sie müssen bislang einen Teil der Reserven ausgezahlt bekommen. Diese Beteiligung wird ab nun eingeschränkt. Ein neues Gesetz soll den Versicherern erlauben, Reserven aus Anleihen nicht mehr auszuschütten, solange ihre Kundenversprechen nicht ausreichend finanziert sind.

Langfristig helfen die Reserven den Versicherern sowieso nicht: Je länger die Zinsen extrem niedrig sind, desto stärker schlagen sie auf ihre laufenden Erträge durch, weil alte, höher verzinste Anleihen auslaufen. Auf Dauer ist das ein Risiko für die Stabilität der Versicherer, denn sie haben den Versicherten eine Mindestverzinsung auf den um Kosten geminderten Teil ihrer Einzahlungen garantiert – im Durchschnitt über alle Verträge 3,1 Prozent pro Jahr.

Bislang dürfen Versicherer in ihren Risikomodellen davon ausgehen, dass sie ab 2020 wieder 4,2 Prozent Rendite mit ihren Kapitalanlagen schaffen. Wäre das in der Praxis nicht machbar, müssten sie mehr Kapital zur Absicherung der Kundenansprüche vorhalten – das würde ihnen noch weniger Spielraum bei der Kapitalanlage und damit noch weniger Renditechancen geben. Die Versicherer bereiten sich bereits auf die Auswirkungen der Nullzinsen vor: Um die Last der Garantiezusagen auf lange Sicht abzumildern, sollen Neukunden ab 2015 nur noch 1,25 Prozent Mindestzins auf ihre um Kosten geminderten Beiträge bekommen – bislang gibt es 1,75 Prozent Garantiezins.

Kein Wunder also, dass der Verband der Versicherer (GDV) nun eine stärkere staatliche Förderung der Riester-Rente fordert. Die Versicherer brauchen dringend Verkaufsargumente, um Neukunden noch zum Abschluss bewegen zu können.

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