Europäische Zentralbank Was das OMT-Urteil bedeutet

Das Bundesverfassungsgericht hat das umstrittene EZB-Programm OMT unter Auflagen gebilligt. Warum die Richter damit einen diplomatischen Weg wählen: Die wichtigsten Antworten zum Urteil.

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Auf eine Europafahne fallen in Karlsruhe Euro-Münzen Quelle: dpa

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat ein klares Signal gesendet und die Europäische Zentralbank (EZB) mit seinem Urteil gestärkt. Die Richter haben die Klagen gegen das umstrittene OMT-Programm, also Staatsanleihekäufe von Krisenländern, zurückgewiesen. Allerdings unter Auflagen. Das Rettungsprogramm der Notenbank sei mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit beim Ankauf von Staatsanleihen die Bedingungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) erfüllt würden, teilten die Karlsruher Richter am Dienstag mit.

Die EZB verstoße hiermit nicht gegen das Verbot der Staatsfinanzierung, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle. Bei Anleihekäufen müsse jedoch das Volumen vorab begrenzt werden. Zudem müsse unter anderem zwischen der Emission der Papiere und dem Ankauf durch die Währungshüter eine Mindestfrist liegen, Käufe dürfen auch nicht im Voraus angekündigt werden. Gehalten werden dürfen die Anleihen nur so lange, wie es für die Stabilisierung des Krisenstaates unbedingt notwendig ist.

In den ersten zwei Minuten nach der Entscheidung rutschte der Dax leicht ins Minus, legte dann aber zu und kletterte fast bis zur 10.000 Punkte-Marke. Auch beim Euro kam es nicht zu nennenswerten Kursschwankungen, hätten die Karlsruher Richter den Klägern Recht gegeben, hätte es wohl mehr Unruhen an den Finanzmärkten gegeben. "Das heutige Urteil des BVerfG dürfte die wenigsten Marktteilnehmer überrascht haben", schreiben Analysten der DZ Bank in einem Kommentar. Viele Investoren hätten darauf vertraut, dass sich die bisherige europafreundliche Rechtsprechung der Verfassungsrichter weiter fortsetze.

Der Europäische Gerichtshof hatte das Programm der EZB bereits in seiner Entscheidung 2015 als europarechtskonform bezeichnet. Dem haben sich die Richter in Karlsruhe nun angeschlossen.

Während die EZB-Verantwortlichen aufatmen dürften, kommt das Urteil aus Karlsruhe nicht bei allen gut an. „Die Richter haben es nicht gewagt, die EZB beim Kauf von Staatsanleihen stärker in die Schranken zu weisen", sagt Clemens Fuest, Präsident des Münchener ifo-Instituts. Fuest bedauerte das, denn es sei offensichtlich, dass mit dem Programm hauptsächlich das fiskalische Ziele verfolgt würde, hochverschuldeten Staaten den Zugang zu Krediten zu erhalten.

Zustimmung kam dagegen vom Wirtschaftsweisen Lars Feld. "Das Bundesverfassungsgericht hat heute eine äußerst kluge Entscheidung getroffen, weil es die Europäische Union vor einer institutionellen Krise bewahrt und zugleich Grenzen für das Handeln europäischer Institutionen, in diesem Fall der EZB, aufzeigt", sagte Feld der "Rheinischen Post".

Auch die DZ-Bank-Analysten warnen vor den Konsequenzen, die ein anderes Urteil der Verfassungsrichter gehabt hätte. "Hätte das Verfassungsgericht tatsächlich von seinem Einspruchsrecht Gebrauch gemacht, wären die rechtlichen Folgen immens gewesen - selbst den rechtlichen Bestand europäischer Verträge hätte dies in Zweifel ziehen können", heißt es im Kommentar. Für die Kritiker sei das Urteil aber eine Schlappe, es sei zu befürchten, dass auch andere ausstehende Klagen, beispielsweise gegen die Käufe von Unternehmensanleihen seitens der EZB, scheitern könnten.

Da das OMT-Programm nie angewendet wurde, ergeben sich aus dem Urteil keine unmittelbaren Konsequenzen. Was die Entscheidung dennoch für die Bundesbank bedeutet und andere wichtige Fragen und Antworten zum OMT-Programm.

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