Europas Notenbanken EZB rechtfertigt Anleihekäufe der nationalen Notenbanken

Nationale Notenbanken kaufen im Rahmen eines Abkommens des Eurosystems Anleihen, der Vorwurf der heimlichen Staatsfinanzierung steht im Raum. Die EZB will nun aufklären, denn alles sei gar nicht so schlimm.

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EZB-Präsident Mario Draghi bei einer Pressekonferenz im Euro-Turm. Quelle: REUTERS

In Deutschland regt sich mehr und mehr Kritik am offenbar geheimen Anleihekaufprogramm der nationalen Notenbanken der Euro-Zone. Politiker fordern von der Europäischen Zentralbank (EZB), die Öffentlichkeit über die intransparenten Käufe aufzuklären. "Die EZB sollte offenlegen, in welchem Maß nationale Notenbanken im Europäischen System der Zentralbanken Aufkäufe von Staatsanleihen getätigt haben", sagte beispielsweise der CDU-Fraktionsvize Michael Fuchs gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Auch Politiker anderer Parteien erklärten, die Notenbanken seien zu mehr Transparenz verpflichtet. Ökonomen sehen dagegen die Glaubwürdigkeit der Zentralbank in Gefahr.

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Der Berliner Finanzwissenschaftler Daniel Hoffmann machte in seiner Doktorarbeit auf Wertpapierkäufe aufmerksam, die seitens der nationalen Notenbanken im Euro-System getätigt werden. Über diese war zuvor nichts bekannt, die Zahlen dazu errechnete Hoffmann aus den Bilanzen der jeweiligen Institute. In den vergangenen Tagen berichteten auch mehrere Medien wie die "Welt" und die FAZ über das Thema. Der Verdacht: die Notenbanken könnten die Käufe als Form der indirekten Staatsfinanzierung nutzen.

Wie genau funktioniert das?

Zwischen den nationalen Notenbanken und der EZB besteht ein Abkommen, das sogenannte Anfa-Abkommen (Agreement on net-financial assets). Dieses erlaubt der Bundesbank, der Banca d'Italia und den anderen Notenbanken in bestimmter Höhe Anleihen auf eigene Rechnung zu kaufen. Wie hoch diese Beträge sein dürfen, wird im Abkommen selber geregelt. Dieses behält die EZB allerdings unter Verschluss. EZB-Chef Mario Draghi erklärte vergangene Woche, die Käufe seien Sache der nationalen Notenbanken. Mehrfach betonte der Zentralbankpräsident, dass es sich bei den Käufen nicht um monetäre Staatsfinanzierung handele. Die Notenbanken würden die Papiere über den Sekundärmarkt kaufen, so Draghi. Es handelt sich also um gewöhnliche Offenmarktgeschäfte, die verzinst werden müssen. Der Zins fließt in das Eurosystem.

Wie viel wird gekauft?

Berichten zufolge haben sich die Anfa-Käufe in den Krisenjahren auf über 500 Milliarden Euro verdoppelt. Laut FAZ liegt das Volumen aktuell bei 565 Milliarden Euro. Aber nicht alle Notenbanken gehören zu den Käufern. Am beliebtesten sind die Geschäfte offenbar bei der italienischen und der französischen Notenbank. Andere Häuser, wie auch die Deutsche Bundesbank, kaufen keine oder nur sehr wenige Papiere im Rahmen des Anfa-Abkommens. Welche Papiere genau gehandelt werden ist nicht bekannt, aber naheliegend wären Käufe eigener Anleihen.

Kritik regte sich auch, weil Mario Draghi auf Nachfrage sagte, es sei sehr schwer zu verstehen, warum bestimmte Notenbanken bestimmte Anleihen kaufen würden. Oft würden die Anleihen für Pensionsfonds gekauft. Kritiker erläuterten, es könne nicht sein, dass selbst der EZB-Chef nicht wüsste, wofür die Anleihen gekauft würden. Wollen die Notenbanken ihre Glaubwürdigkeit nicht komplett verspielen, sollten sie dringend für eine transparente Aufklärung der Anfa-Käufe sorgen.

Das hat die EZB sich nun zu Herzen genommen und ist um Aufklärung bemüht. Auf ihrer Internetseite veröffentlichte die Zentralbank am Donnerstag eine Erklärung, worum es sich bei den Anfa-Käufen handele. Die Notenbank erklärt, die Käufe und das Abkommen basierten auf den Aufgaben nationaler Notenbanken. Teilweise seien die Käufe beispielsweise auf die Pensionsverpflichtungen der Notenbanken gegenüber ihren Mitarbeitern zurückzuführen, so die EZB. Notenbanken, welche über keine eigenen Goldreserven verfügen, hätten sich etwa auf diese Weise ein Investmentportfolio aufgebaut, erklärte EZB-Direktor Yves Mersch am Mittwochabend gegenüber Journalisten in Frankfurt.

Wichtig sei, dass diese Aufgaben der nationalen Notenbanken nichts mit der einheitlichen Geldpolitik der Euro-Zone zu tun habe. Zudem sei die EZB entgegen einiger Behauptungen über sämtliche Käufe aufgeklärt. "Wir werden monatlich über die Käufe informiert", sagte Mersch. Die EZB kenne jede einzelne Wertpapierkennziffer.

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