Europwahl So kämpfen die deutschen Parteien um die Macht in Brüssel

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CDU: Werben um Protestwähler, CSU: "Vernunftswahlkampf"

Die CDU legt mit ihren Forderungen zur Europawahl einen Spagat hin: Offiziell ist die Partei von Kanzlerin Angela Merkel proeuropäisch und will die Institutionen in Brüssel stärken. Doch sind da noch die Wähler, die gegen die als bürokratisch und teuer empfundene EU stimmen und Protestparteien unterstützen könnten. Um diese Protestler, die nicht bei der aufstrebenden rechten AfD landen sollen, will die Union werben. Also heißt es, Europa bloß nicht zu positiv darstellen. Auch wenn der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident David McAllister nun zum Spitzenkandidaten der Union ausgerufen wurde, bleibt Angela Merkel der Kopf, mit dem die stärkste Partei in Deutschland die SPD und kleinere wie AfD oder FDP auf Abstand halten will.  Merkel  wird als solide und bedachte Unterhändlerin in Europa dargestellt, die vor allem deutsche Interessen im Blick hält.

Bei dieser Positionierung kommt ein zwar 77 Seiten langes, aber in vielen Passagen undeutliches Programm zur Europawahl heraus. Frei nach dem Motto: Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.  Im Zweifel  funktioniert immer noch die etwas doppelbödige Argumentation, die auch andere Parteien pflegen: Wir sind für mehr EU, falls aber in Europa was schief geht, waren es die anderen, im Zweifelsfall die EU-Kommission in Brüssel.

Die CDU will die Schuldenbremse nach deutschem Vorbild auch in Europa einführen, sie  fordert eine solide Finanz- und Haushaltspolitik, die sie im eigenen Land nicht immer so strikt eingehalten hat wie von manchen Nachbarn gefordert. Am Adhoc-Kurs der Eurorettung, bei dem Merkel viele Wünsche der Krisenstaaten abwehrte, aber nicht immer klar wurde, welche Ziele sie verfolgt, will die CDU festhalten. Finanzschwache Länder sollten Hilfe zur Selbsthilfe bekommen, heißt der Slogan dafür. Das stärkere Zusammenwachsen der nun 28 Mitgliedstaaten soll Vorrang vor einer Erweiterung der Union haben.  Außerdem wirbt die CDU für eine Energiewende nach deutschem Vorbild in der ganzen Staatengemeinschaft. Wie realistisch das ist, bleibt unerwähnt. 

David McAllister hat einen deutschen und einen britischen Pass. Er ist in zwei EU-Ländern verwurzelt. Mit Details der europäischen Verträge und Finten muss sich der 43jährige freilich erst noch auseinandersetzen.  Dennoch hat er Chancen, dem SPD-Spitzenmann und Profi-Parlamentarier in Brüssel, Martin Schulz eins auszuwischen. Sollte McAllister EU-Kommissar werden, reicht es für Schulz nach gängiger Rechnung nicht zum Kommissionspräsidenten. Im obersten Brüsseler Gremium  sitzt aus jedem Land immer höchstens ein Vertreter.

CSU: „Vernunftwahlkampf“

Die CSU hat ihre Europa-Liste für die Wahl am 25. Mai 2014 schon  im Januar aufgestellt. An der Spitze steht der langjährige Europa-Abgeordnete Markus Ferber aus bayrisch Schwaben. Das war nicht von vornherein selbstverständlich, denn Parteichef Horst Seehofer zürnte mehrfach wegen Ferbers angeblich zu großer Europafreundlichkeit. Hierin zeigt sich bereits die CSU-Marschrichtung. „Wir wollen Europa, wir stehen zu Europa“, sagt Seehofer und fügt dann das übliche Aber hinzu: „Aber die überbordende Bürokratie, das Einmischen in alle Kleinigkeiten des Alltags, das bewegt die Leute.“ Und bewegt damit die CSU, die stets Vox Populi sein will. Dazu zählt die CSU auch ein klares Nein gegen Armutszuwanderung.

Programmatisch ist die CSU für ein eher kleineres Europa. So will sie die Zahl der derzeit 28 EU-Kommissare halbieren. Wenn EU-Kommissare Zeit hätten, sich um Themen wie Olivenölkännchen und Staubsauger zu kümmern, so Spitzenkandidat Ferber süffisant, „dann haben wir wohl ein paar zu viel davon“. Bei solchen Sticheleien und kleineren Korrekturen will es die Seehofer-Partei indes belassen. Es solle schließlich ein „Vernunftwahlkampf für Europa“ geben, meint CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Damit grenzt sich die weiß-blaue Partei doch deutlich von der Alternative für Deutschland  ab.

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