ESM Schlagen Spanien und Italien nun beim ESM zu?

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Warum soll der ESM "gehebelt" werden?

Die Herren über den Euro
Mario Draghi ist seit 1. November Präsident der EZB. Zuvor war er Gouverneur der Banca d'Italia (2006-2011) und Vizepräsident von Goldman Sachs in London (2004-2005). Quelle: rtr
Vizepräsident der EZB ist der Portugiese Vítor Constâncio. Als er Anfang 2010 auf seinen Posten gewählt wurde, unterstützte auch die Bundesregierung seine Kandidatur. Ihr Kalkül: Durch die Wahl eines Südeuropäers auf den Vize-Posten sollten die Chancen vom damaligen Bundesbank-Chef Axel Weber auf die EZB-Präsidentschaft steigen. Daraus wurde bekanntlich nichts, weil Weber im Rat isoliert war und zurücktrat. Constâncio gilt als Befürworter des Ankaufs von Staatsanleihen der Krisenländer. Quelle: rtr
Jörg Asmussen ist im EZB-Direktorium verantwortlich für Internationales . Der frühere Staatssekretär wechselte direkt aus dem deutschen Finanzministerium in die EZB. Eigentlich wollte Bundeskanzlerin Merkel ihn als Chefvolkswirt durchsetzen... Quelle: rtr
... doch seine Kandidatur scheiterte. Da sich EZB-Chef Draghi nicht zwischen ihm und dem Franzosen Benoit Coeure entscheiden wollte, berief er stattdessen den Belgier Peter Praet  als neuen Chefvolkswirt . Dieser gilt als solider Fachmann - und als großer Befürworter von Anleihekäufen. Quelle: dpa
Der Franzose Benoit Coeure  bekam die Leitung der Abteilung Märkte . Damit hat er auch eine wichtige Rolle bei der Koordination der umstrittenen Staatsanleihenkäufe der EZB. Quelle: rtr
Neben dem EZB-Direktorium ist der EZB-Rat  das formale Beschlussorgan der Euro-Notenbank. Der EZB-Rat besteht aus den sechs Mitgliedern des Direktoriums sowie den 17 Chefs der nationalen Notenbanken der Eurozone. Obwohl im Direktorium geldpolitische Entscheidungen vorbereitet werden, trifft der EZB-Rat formal die Beschlüsse und legt die Geldpolitik im Euro-Raum fest. Der Rat tritt in der Regel zweimal monatlich zusammen. Seine Mitglieder sind ... Quelle: dpa
Luc CoeneGouverneur der belgischen Zentralbank . Im Amt seit 1. April 2011. Coene gilt als fachlich gut und stabilitätsorientiert. Quelle: rtr

Wieso wird über eine Hebel-Funktion des Rettungsschirms gesprochen – und wie funktioniert die?

Derzeit haben Spanien und Italien kein Interesse an Rettungsaktionen des ESM. Das kann sich aber rasch ändern. Sollten die Unternehmen weiter schwächeln, die Haushaltseinnahmen schrumpfen und das Vertrauen der Investoren gering bleiben, könnten sich Rom und/ oder Madrid gezwungen sehen, doch Hilfe durch den ESM einzufordern. Um die dritt- (Italien) und viertgrößte Volkswirtschaft (Spanien) der Eurozone stützen zu können, würden die 700 Milliarden Euro des ESM kaum reichen.

Dem wollen die Euro-Retter mit dem „Hebel“ vorbeugen. Mit dem Instrument, das ursprünglich aus dem Finanzsektor kommt, wurde bereits der ESM-Vorgänger, der der befristeten Rettungsfonds EFSF, gestärkt. Zum Einsatz kam die Hebelfunktion aber nicht, da die Luxemburger Hilfseinrichtung keine Schuldtitel aufkaufte.

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Mit Hilfe des „Hebels“ sollen private Gläubiger motiviert werden, sich an der Rettung kriselnder Euro-Länder zu beteiligen. Als Gegenleistung erhalten die Gläubiger eine Garantie für einen Teil ihrer Anlagen. Sprich: Bei einem Schuldenschnitt zahlen zunächst nicht die privaten Gläubiger, sondern der Rettungsschirm. Das Problem ist, dass für den ESM die Ausfallrate insgesamt steigt. Das Geld steht mehr im Risiko.

„Dadurch werden auch die Finanzierungskosten für die Euro-Retter steigen. Der ESM begibt ja bekanntlich Anleihen, mit denen er sich refinanziert. Wenn die Ausfallraten und die Garantiesummen aufgrund der Hebelfunktion steigen, wird sich das im Zins widerspiegeln – und im Rating“, erklärt Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance and Management. „Ein Triple-A-Rating ist dann wohl nicht mehr möglich.“ An den Haftungsobergrenzen der Mitgliedstaaten ändert sich zunächst nichts. Ist das Geld verbrannt und werden neue Garantien verlangt, muss der Bundestag befragt werden.

Was passiert, wenn der ESM nicht ausreicht und im Bundestag keine Zustimmung für eine Aufstockung zu erreichen ist?

Dann könnte die Europäische Zentralbank (EZB) einspringen. Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer könnten unter Schulden ächzende Euro-Staaten wegen der ESM-Stoppschilder aus Karlsruhe mehr Druck auf die EZB ausüben. Diese könnte im großem Stil Anleihen der Euro-Schuldenstaaten kaufen, die am Markt zu hohe Zinsen zahlen müssen. Aber nur auf dem Sekundärmarkt, also von Banken, nicht direkt von Staaten. "Die EZB dürfte einen größeren Beitrag für die Errichtung einer Haftungsunion leisten als der ESM", meint Krämer. Deutschland haftet bei der EZB mit 27 Prozent, über diesen Umweg könnten im schlimmsten Fall höhere Risiken als beim ESM drohen.

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