Kann die EZB eine steigende Inflation verhindern?
Schon der Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek wusste, dass Inflation zu verhindern kein „technisches“, sondern ein „politisches“ Problem ist. Die EZB kann jederzeit die unbegrenzte Vergabe billigen Geldes an die Geschäftsbanken stoppen. Sie könnte dafür die Anforderungen an die Sicherheiten anheben, die Institute für Zentralbank-Geld bieten müssen. Doch viele Banken in den Peripheriestaaten werden nur durch die EZB am Leben gehalten. Am Markt würden sie nur schwer an Geld kommen, viele bräuchten staatliche Hilfen. Der politische Druck auf die EZB, teure Bankrettungen zu verhindern, ist hoch.
Zentralbank-Chef Mario Draghi hat aber angekündigt, das Geld wieder einzusammeln, dass er für den Kauf von Anleihen geschöpft hat. Bisher hat er das Versprechen formal eingelöst. Er hat den Banken angeboten, Geld in Höhe der Anleihekäufe bei der EZB in verzinslicher Form für eine Woche anzulegen. Das haben die Institute bisher auch getan. Kommt die Wirtschaft jedoch wieder in Fahrt, müsste er den Banken deutlich mehr zahlen als den derzeitigen Zins von knapp über null.
Sonst würden die Banken mit der Kreditvergabe deutlich mehr Geld verdienen. Experten wie der Geldtheoretiker Manfred Neumann oder Commerzbank-Analyst Michael Schubert gehen davon aus, dass der Zins dann bei vier Prozent liegen müsste. Doch damit würde Draghi das allgemeine Zinsniveau anheben und die Erholung in den Krisenländern belasten. „Es ist fraglich, ob die Währungshüter angesichts des massiven politischen Drucks einen solchen Kurs durchhalten können. Der Ankündigung der EZB, das Geld wieder einzusammeln, ist nicht zu trauen“, sagt Neumann.
Wie aussagekräftig ist die Inflationsstatistik?
Unmittelbar nach der Euro-Einführung spürten viele, dass die offizielle Inflationsstatistik nicht alles sagt. Der Lebensmitteleinkauf, der Restaurantbesuch oder die Rechnung an der Tankstelle wurden deutlich teurer, doch die staatlichen Behörden vermeldeten stabile Preise. Der Grund: Das Statistische Bundesamt errechnet die Inflationsrate jeden Monat aus der Veränderung der Preise Tausender Produkte, darunter auch seltener Anschaffungen wie Computer und Fotoapparate. Für den Bürger ist jedoch entscheidend, wie oft er ein Produkt kauft, weil davon abhängt, wie stark er den Preisanstieg spürt.
Der verstorbene Statistik-Professor Hans Wolfgang Brachinger von der Schweizer Universität Freiburg hat darum vor Jahren das Konzept der „gefühlten Inflation“ entwickelt. Er gewichtete die Preise von häufig gekauften Gütern im Warenkorb stärker als andere Preise – und kam zu dem Ergebnis, dass die gefühlte Inflation nicht selten stärker steigt als die amtlich ermittelte Teuerung. So ist für die meisten Bürger die Miete der dickste Belastungsposten im monatlichen Budget.
Da die Mieten aber nicht zuletzt aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur selten steigen, stabilisieren sie das amtlich gemessene Preisniveau. Zudem spürt der Bürger mögliche Erhöhungen nicht so sehr, da die Miete meist nur einmal im Monat von seinem Konto abgebucht wird. Anders sieht es dagegen bei Brötchen, Butter und Benzin aus. Werden sie teurer, spüren das die Menschen, da sie häufig nach diesen Produkten greifen.