EZB-Anleihekaufprogramm Draghi flutet weiter

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Droht der Eurozone die nächste Großkrise?

Zudem behält sich die EZB vor, auch Anleihen mit negativen Renditen zu kaufen, die unter dem Einlagensatz der EZB von minus 0,4 Prozent liegen. In diesem Fall wären ihre Verluste aus dem Kauf der Anleihen größer als die Gewinne aus dem Einlagenzins, den die Geschäftsbanken an die EZB überweisen. Das schmälert den Gesamtgewinn der EZB und belastet letztlich die Steuerzahler.

Die Beschlüsse der Währungshüter zeigen, dass sie nicht im Traum daran denken, den Fuß vom geldpolitischen Gaspedal zu nehmen. Lieber laufen sie Gefahr, eine gigantische Vermögenspreisblase aufzupumpen, die neben den Aktien- und Anleihemärkten auch die Immobilienmärkte erfassen wird. Platzt diese Blase, droht der Eurozone die nächste Großkrise.

Warum, so mag man sich fragen, verhalten sich die Mannen um Draghi wie die Hasardeure und blenden die Risiken ihrer Geldvermehrungspolitik aus? Die Antwort liegt im Süden der Währungsunion. Die Krisenländer dort, allen voran Italien, sind angesichts ihrer gigantischen Schuldenberge, ihres faktischen Nullwachstums und ihrer Reformresistenz auf die Bonsai-Zinsen made in Frankfurt angewiesen, um nicht in den Staatsbankrott zu schlittern.

Das Schlimme ist: Je weiter und länger die EZB die Zinsen durch ihre  Anleihekäufe nach unten drückt, desto geringer wird der Reformdruck auf die Regierungen im Süden der Eurozone. Dass Draghi behauptet, es gäbe keinen Zusammenhang zwischen der Höhe des Zinsniveaus und der Bereitschaft der Regierungen zu Reformen ist vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in Italien, Griechenland und Portugal geradezu lächerlich.

Lassen die Regierungen die Reform- und Konsolidierungszügel weiter schleifen, wovon auszugehen ist, nimmt der Druck auf die EZB zu, die Zinsen dauerhaft unten zu halten. Es entsteht ein Teufelskreis aus Niedrigzinsen, Reformattentismus und wirtschaftlichem Niedergang. Kommt später dann noch die Inflation hinzu, werden die Bürger nicht nur das Vertrauen in die Politik sondern auch das Vertrauen in das Geld verlieren. Spätestens dann stellt sich die Frage nach der Zukunft der Währungsunion.

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