EZB-Chef Draghi Starker Gegenwind vor dem Zinsentscheid

Bevor die Europäische Zentralbank Donnerstag über ihre künftige Geldpolitik entscheidet, wettern vor allem Banken und Sparkassen gegen die Pläne von EZB-Chef Mario Draghi. Kein Wunder: Er muss endlich Erfolge liefern.

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Alarmstufe rot? Das Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main. Quelle: dpa

Selten war der Gegenwind für die Europäische Zentralbank (EZB) schon vor einem Zinsentscheid so stark wie dieses Mal. Vor der Entscheidung am Donnerstag steht EZB-Präsident Mario Draghi unter großem Druck. Die Inflationsraten sind aus Sicht der EZB weiterhin viel zu niedrig, Banken fürchten noch höhere Strafzinsen auf kurzfristige Einlagen und Sparer haben Angst davor, dass die Zentralbank noch mehr billiges Geld in den Markt pumpt als bisher.

Da dennoch vieles dafür spricht, dass Mario Draghi am Einlagezins dreht und diesen von aktuell minus 0,3 Prozent auf minus 0,4 oder sogar 0,5 Prozent absenkt, machen vor allem Banken dagegen mobil, allen voran Sparkassen und Volksbanken. Laut "Handelsblatt" warnen die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe in einem Positionspapier vor "Aktionismus" der Notenbank. Mit übereilten geldpolitischen Maßnahmen leiste die EZB der Krisenstimmung Vorschub, heißt es offenbar im dem Schreiben. Damit einher gehe ein Vertrauensverlust in die Euro-Zone. Die Sparkassen-Volkswirte fürchten, dass der Vertrauensverlust dafür sorgen könnte, dass Unternehmen sich mit Investitionen noch stärker zurückhalten könnten als vorher.

Wird das Inflationsziel für längere Zeit nicht eingehalten, sei das laut den Ökonomen dagegen nicht so tragisch. Mario Draghi könnte das allerdings anders sehen. Neben einer weiteren Absenkung des Einlagezinses könnte die Notenbank auch das Anleihekaufprogramm ausweiten. Bisher kaufen Europas Notenbanken monatlich Staatsanleihen im Wert von 60 Milliarden Euro, laut Plan soll das noch bis Ende März 2017 so bleiben. Möglich ist aber, dass Draghi das Volumen des Programms erhöht, um endlich das Ziel der Preisstabilität bei einer Teuerungsrate rund zwei Prozent zu erreichen.

Schon am Freitag erklärte Uwe Fröhlich, der Präsident des Verbands der Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), der Spielraum für Zinssenkungen der EZB sei sehr begrenzt. Auch Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer fordert, die EZB müsse zu angemessenen Zinsen zurückkehren. Der Volkswirt fordert, die Notenbank müsse konkrete Pläne für einen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik vorlegen. Ein Grund, so Krämers Argumentation, ist, dass die Geldpolitik in ihrer jetzigen Form der Euro-Zone nicht mehr dabei hilft, zu mehr Wachstum zurückzukehren.

Ähnlich sieht das Pimco-Chefökonom Joachim Fels. Die Geldpolitik stoße zunehmend an ihre Grenzen, sagte Fels im Interview mit der WirtschaftsWoche. Das gelte allerdings nicht nur für die EZB, sondern auch für andere Notenbanken wie die amerikanische Fed oder die Bank of Japan. Fels erwartet dennoch, dass die Zinsen weiter sinken werden. Möglich sei aber, so der Ökonom, dass die EZB den Einlagezins zwar weiter absenken, aber einen gestaffelten Zins einführen. Den höchsten Strafzins müssten Banken dann beispielsweise nur auf Überschussreserven zahlen, die durch zusätzliche Anleihekäufe der EZB entstehen.

Ähnliches erwartet auch Franck Dixmier, globaler Anleihenchef von Allianz Global Investors. Der Staffelzins, so Dixmier, wie er aus der Schweiz und Japan schon bekannt ist, könnte dazu dienen, exzessive Cash-Reserven der Banken zu bestrafen. "Für die EZB steht viel auf dem Spiel", sagt der Allianz-Experte. Sie dürfte keinen Zweifel daran erwecken, dass sie ihr Ziel der Preisstabilität nicht aus den Augen verliert. "Zum anderen muss sie dem wachsenden desinflationären Druck entgegenwirken", sagt Dixmier.

Für Mario Draghi ist die Situation ungemütlich. Handelt er im Sinne seines Mandats? Oder geht er auf die Kritik ein und agiert im Sinne von Sparern oder Banken? Schwierig wird vor allem eins: es richtig zu machen. Denn auch nach der Sitzung am Donnerstag dürfte der Gegenwind für den Italiener nicht weniger werden, denn Draghis Geldpolitik zeigt bisher kaum Wirkung. Er muss endlich liefern!

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