EZB Darauf müssen Sie beim Zinsentscheid achten

Die Europäische Zentralbank entscheidet erstmals nach dem Brexit-Votum über den Leitzins. Woran die Notenbanker drehen könnten, worauf zu achten ist.

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Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB). Quelle: dpa

Am Donnerstag trifft sich der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) zum ersten Mal nach dem Brexit-Votum in Großbritannien zum Zinsentscheid. Die Folgen des Referendums für die Euro-Zone dürften daher das beherrschende Thema der Sitzung sein.

Schon kurz nach der Abstimmung in Großbritannien hatte EZB-Chef Mario Draghi erklärt, das Wachstum könne in den kommenden drei Jahren insgesamt um 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte geringer ausfallen als zuvor angenommen.

Auch Fragen hinsichtlich der kritischen Lage der italienischen Banken muss sich Draghi wohl stellen.

Viel wurde daher im Vorfeld spekuliert, die EZB könnte schon im Juli ihre ultra-expansive Geldpolitik erneut lockern, etwa indem sie ihr Anleihekaufprogramm noch weiter ausbaut. Nachdem auch die Bank of England in der vergangenen Woche abgewartet hat und nicht an der Zinsschraube drehte, spricht einiges dafür, dass auch die EZB zunächst abwartet und ihre letzten Patronen noch zurückhält.

Denn viel bleibt nicht mehr: Der Leitzins ist mit null Prozent bereits auf einem Rekordtief und auch der Einlagenzins, den Banken zahlen, wenn sie Geld kurzfristig bei der EZB anlegen wollen, liegt bei minus 0,4 Prozent.

Geldpolitik der EZB: Belastungen durch Niedrigzinsen

Deutlich wahrscheinlicher wird eine Änderung der Geldpolitik beim nächsten Zinsentscheid der Notenbank im September, bei dem auch neue Prognosen zu Wachstum und Inflation in der Euro-Zone vorgestellt werden.

Spannend wird allerdings, ob die Notenbanker ihr milliardenschweres Anleihekaufprogramm nachjustieren. Immer mehr Anleihen notieren im negativen Bereich und sind, wenn sie unter dem Einlagezins von minus 0,4 Prozent liegen, für die EZB damit nicht mehr kaufbar. Gerade bei Bundesanleihen wird der Bestand der kaufbaren Anleihen immer dünner.

An diesen Stellschrauben könnte die EZB drehen:

Geldpolitik der EZB: Entlastungen durch Niedrigzinsen

- Bisher kauft sie die Anleihen nach dem Kapitalschlüssel der Notenbank. Die Bundesbank kauft entsprechend knapp 26 Prozent der Anleihen. Ein Ansatz wäre, diese Regel zu lockern. Die EZB könnte dann beispielsweise mehr italienische Anleihen kaufen und weniger deutsche. Das ist allerdings höchst umstritten und gilt daher als wenig wahrscheinlich. Die EZB würde damit einzelne Länder bevorzugen und den Eindruck der monetären Staatsfinanzierung erwecken.

- Möglich wäre auch, dass die EZB an der Regel zum Einlagezins dreht. Bisher kauft sie nur Anleihen, die höher rentieren als der Einlagezins von minus 0,4 Prozent. Anleihen unter dem Einlagezins zu kaufen macht für die EZB wenig Sinn, da sich die Notenbanken damit Verluste einhandeln. Gleichzeitig hält es Commerzbank-Analyst Michael Schubert für möglich, dass die EZB künftig Anleihen kauft, die im Durchschnitt über dem Einlagesatz rentieren, die Regel also nicht mehr für jede einzelne Anleihe anwendet, sondern für die Gesamtheit der jeweiligen Papiere.

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