Mario Draghi dagegen warnt vor gefährlichen Zweitrundeneffekten des Preisverfalls am Ölmarkt. Dabei gehe es nicht mehr um ein kurzfristiges Phänomen, es bestehe also die Gefahr, dass so eine wirtschaftliche Abwärtsspirale in Bewegung gesetzt wird. Es wäre beunruhigend, so Draghi, dass der Zusammenhang zwischen Inflationsrate und Ölpreis weiter zugenommen hätte.
Im März stellt die EZB ihre neue Inflationsprognose vor. Aktuell sieht es so aus, als müsste sie diese nach unten korrigieren. Bisher erwarten die Zentralbank-Volkswirte eine Teuerung von 1,0 Prozent für das laufende Jahr. Revidieren sie ihre Prognose nach unten, erleichtert das für Draghi die Rechtfertigung einer noch expansiveren Geldpolitik.
Der Kampf der EZB gegen die Krise
Nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers öffnen die großen Zentralbanken die Geldschleusen, um mitten in der Panik an den Finanzmärkten die Geschäfte am Geldmarkt am Laufen zu halten.
Die wichtigsten Notenbanken der Welt senken gemeinsam die Zinsen - ein historischer Schritt.
Die EZB senkt ihren Leitzins überraschend um einen dreiviertel Prozentpunkt auf 2,5 Prozent. Es ist der größte Zinsschritt seit der Einführung des Euro.
Die EZB stellt den Banken der Euro-Zone erstmals für ein ganzes Jahr Liquidität zur Verfügung. Mehr als 1000 Banken rufen 442 Milliarden Euro ab.
Die EZB beginnt mit dem Ankauf von Anleihen Italiens und Spaniens. Beide Länder waren zuvor ins Visier der Märkte geraten.
Der neue EZB-Präsident Mario Draghi startet seine Amtszeit mit einem Paukenschlag und senkt den Leitzins auf 1,25 Prozent. Unter seinem Vorgänger Jean-Claude Trichet hatte die EZB den Schlüsselzins zuvor in zwei Schritten von einem auf 1,5 Prozent angehoben.
In einer koordinierten Aktion stellen die EZB, die amerikanische Fed sowie die Zentralbanken Kanadas, Japans, Großbritanniens und der Schweiz den von der Krise gebeutelten europäischen Banken Dollar zur Verfügung. Den Instituten fiel es zuvor schwer, sich Dollar-Kredite zu beschaffen - viele US-Investoren hatten ihnen aus Angst vor den Folgen der Schuldenkrise den Geldhahn zugedreht.
Die EZB senkt den Leitzins auf ein Prozent. Zudem werden die Refinanzierungsgeschäfte für die Banken angekündigt.
Die EZB stellt den Geschäftsbanken in zwei Tranchen zusammen mehr als eine Billion Euro an Liquidität zur Verfügung.
Die EZB senkt den Leitzins auf 0,75 Prozent. Sie kappt zudem den Einlagesatz auf null Prozent. Sie will damit die Institute ermuntern, mehr Geld an Unternehmen und Haushalte zu verleihen.
Draghi erklärt in einer mittlerweile berühmten Rede, die Zentralbank werde "alles tun, was nötig ist, um den Euro zu retten". Dieses Versprechen gilt bis heute vielen Experten als Wendepunkt in der Krise. Seitdem haben die Schwankungen an den Finanzmärkten deutlich abgenommen und die Länder können sich wieder günstiger verschulden.
Der EZB-Rat beschließt gegen den Widerstand der Bundesbank neue umfangreiche Staatsanleihenkäufe am Sekundärmarkt. Ziel des sogenannten OMT-Programms ist es, die Zukunft des Euro in der Schuldenkrise zu sichern. Tatsächlich wurden aber bis heute keine Anleihen aus dem Programm gekauft.
Die EZB senkt ihren Leitzins auf 0,25 Prozent. Als Grund nennt sie die Gefahr einer zu langen Periode zu niedriger Teuerungsraten - sie will also mit noch billigerem Geld verhindern, dass die Wirtschaft der Euro-Zone in einen Teufelskreis aus sinkenden Preisen und Investitionen gerät.
Die EZB senkt den Leitzins auf 0,15 Prozent. Erstmals ist zudem der Einlagesatz für Banken negativ. Das hat zur Folge, dass Institute, die lieber Geld bei der Notenbank parken als es an Unternehmen und Haushalte zu verleihen, künftig eine Strafgebühr von 0,1 Prozent zahlen müssen.
Die EZB senkt die Leitzinsen auf das Rekordtief von 0,05 Prozent. Sie will zudem mit zusätzlichen milliardenschweren Geldspritzen die schlappe Konjunktur in der Währungsunion anschieben und die für den Geschmack der Notenbank viel zu niedrige Inflation anheizen. Die EZB kündigte an, ab Oktober den Banken Kreditverbriefungen und auch Pfandbriefe abzukaufen.
Die EZB kündigt an, monatlich für 60 Milliarden Euro Staatsanleihen und andere Wertpapiere zu kaufen. Bis Herbst 2016 dürften auf diese Weise mehr als eine Billion Euro zusammenkommen.
„Die EZB läuft Gefahr, Hoffnungen zu wecken, die sie nicht erfüllen kann“, sagt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Die Notenbank solle sich lieber in Demut üben und den Finanzmärkten zeigen, dass sie nicht allmächtig ist.
Ein zu starker Fokus der EZB auf die reine Inflationsrate wäre in jedem Fall falsch. Vielmehr sollte sie positive Entwicklungen wie die gestiegene Kreditvergabe in der Euro-Zone stärker bewerten. Diese zeigt, dass Maßnahmen greifen. „Schub für die Wirtschaft kommt eher vom tiefen Ölpreis, nicht so sehr von der Geldpolitik“, sagt Holger Sandte, Europa-Chefvolkswirt bei Nordea.
Schon jetzt ist der Konsum einer der Treiber des Aufschwungs. Die Verbraucher sparen bei den Benzinpreisen und können so mehr konsumieren, energieabhängige Unternehmen produzieren günstiger und könnten investieren. So ein Kreislauf braucht keine expansivere Geldpolitik, bei zuletzt steigenden Löhnen ist die Deflationsgefahr nicht akut.
Leider ist es für eine abwartende Haltung seitens der EZB wohl schon zu spät. Mario Draghi hat mit seinen mehrfachen Satz-Wiederholungen mal wieder eine Erwartungshaltung der Märkte erzeugt. Liefert die Notenbank im März nicht und lockert ihre Geldpolitik erneut, in dem sie möglicherweise auch ihr Anleihekaufprogramm ausbaut, dann werden die Märkte erneut bitter enttäuscht sein. Schon im Dezember machte sich Ernüchterung breit, als Mario Draghi „nur“ den Einlagenzins auf minus 0,3 Prozent senkte und das Anleihekaufprogramm nur verlängerte, anstatt es auszuweiten.
Insgesamt wäre es wohl besser gewesen, Mario Draghi hätte auf seinen Kommunikationskurs verzichtet.