EZB in der Kritik Die Crux mit der Kreditvergabe

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Viel Kritik aus der Politik

Gründe für die schwächelnde Kreditvergabe gibt es einige. Zum einen horten die Unternehmen dank des billigen Geldes viele Eigenmittel. Zum anderen lastet weiterhin eine hohe Unsicherheit auf der Investitionslust der Unternehmen. Ökonom Zeuner erwartet, dass die Investitionsbereitschaft erst wieder wachsen wird, wenn in den Unternehmen das Vertrauen in die globale Konjunktur zurückkehrt. Zuletzt signalisierten Stimmungsindikatoren dagegen Sorgen um die Realwirtschaft.

Für EZB-Chef Mario Draghi sind die neuen Prognosen der EZB keine gute Nachricht. Der Italiener verkündete im März ein wahres Feuerwerk an Maßnahmen, um dem EZB-Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent endlich näher zu kommen. Unter anderem senkte die Zentralbank den Leitzins auf null Prozent und weitere das Anleihekaufprogramm, welches im März vergangenen Jahres startete, um 20 auf 80 Milliarden Euro monatlich aus.

Die neuen Kreditprognosen könnten einmal mehr darauf hindeuten, dass das billige Geld der Notenbank ins Leere läuft und sein Ziel verfehlt. Zumindest in Deutschland wurde die Kritik an der EZB-Politik zuletzt immer lauter. Mehrere Politiker der Union riefen zuletzt zu einer Kehrtwende der Geldpolitik auf. „Die EZB fährt einen hoch riskanten Kurs und nimmt enorme Risiken in Kauf“, warnte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) in der „Welt am Sonntag“.

"Angriff auf das Vermögen der Deutschen"

„Der Wegfall der Zinsen produziert eine klaffende Lücke in der Altersvorsorge der Bürger.“ Gleichzeitig werde ein „fatales Signal“ gesetzt: „Nämlich, dass Vorsorge und Sparen keinen Sinn haben.“ Bayerns Finanzminister Markus Söder klagte gegenüber dem "Spiegel": "Die Nullzinspolitik ist ein Angriff auf das Vermögen von Millionen Deutschen, die ihr Geld auf Sparkonten und in Lebensversicherungen angelegt haben“.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble äußerte jüngst die Befürchtung, dass "die Auswirkungen der Geldpolitik in Deutschland zunehmend euroskeptische Bestrebungen nähren". Offenbar will der Finanzminister auf dem anstehenden Treffen mit seinen Kollegen der G-20 für einen Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik werben.

Immer lauter wird die EZB-Kritik auch seitens der Banken. Der neue Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Hans-Walter Peters, sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, die Zinspolitik der EZB zerre an den Zinsmargen, der Haupteinnahmequelle vieler Institute.

Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon warf der EZB ebenfalls vor, mit ihrer Nullzinspolitik das Finanzsystem zu gefährden und das Vertrauen in den Euro zu zerstören.

Die EZB wehrt sich verbal gegen die Kritik. Ratsmitglied Benoit Coeure erklärte auf einer Notenbankkonferenz am vergangenen Donnerstag in Frankfurt, er würde sich auch freuen, wenn nicht mehr alle Probleme der Euro-Zone auf dem Tisch der EZB landen würden. Sein Kollege, EZB-Chefvolkswirt Peter Praet, erklärte, die viele Kritik an der EZB sei manchmal schwer zu schlucken.

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