EZB-Zinsentscheid Triumphator Draghi bereitet letzte Eskalationsstufe vor

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Neue Maßnahmen schon im Dezember?

Analysten rechnen bereits für den kommenden Monat mit weiteren Neuerungen. "Mario Draghi hat gleich mehrfach mit dem Zaunpfahl gewinkt", sagt Nordea-Analyst Holger Sandte. Ein weiteres Paket könne den Ankauf von Unternehmensanleihen und auch Agency-Anleihen wie solche der Europäischen Investitionsbank (EIB) umfassen. Auch günstigere Bedingungen bei den TLTROs seien möglich.

2014 – ein heikles Jahr für die EZB

Wenn Draghi Glück hat, reichen seine Ankündigungen aus, und die Euro-Zone kommt um ein umfassendes Anleihekaufprogramm herum. Dafür müsste sich aber die Lage bei den beiden Problemfeldern der EZB verbessern. Danach sieht es zumindest kurzfristig nicht aus.

Da ist zum einen die schwächelnde Wirtschaft. Die Herbstprognose der EU-Kommission sah düster aus, das Wachstum wird flächendeckend schwächer ausfallen. Für 2014 prognostizieren die Kommissare mittlerweile nur noch ein Plus von 0,8 Prozent statt der bisherigen 1,2 Prozent. Vor allem das Zugpferd Deutschland schwächelt. Für das dritte Quartal erwartet Brüssel, dass das Wachstum in Europas größter Volkswirtschaft stagniert. Gleichzeitig korrigierte auch das Münchner ifo-Institut seine Prognose herunter, der gleichnamige Index sank Ende Oktober unerwartet deutlich um 1,5 auf 103,2 Punkte auf den tiefsten Stand seit fast zwei Jahren.

Auch die OECD senkte ihre Prognose für die 20 größten Wirtschaftsnationen für dieses und das nächste Jahr leicht nach unten. Gleichzeitig forderte die Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung die EZB dazu auf, die Wirtschaft stärker zu unterstützen, um eine drohende Deflation zu vermeiden.

Denn sinkende Preise sind das zweite große Problemkind der EZB. Trotz der zahlreichen geldpolitischen Maßnahmen der Zentralbank verbleibt die Preissteigerungsrate in der Euro-Zone auf einem äußerst niedrigen Niveau. Die Rate lag im Euro-Raum zuletzt bei 0,4 Prozent und damit weit unter dem Niveau von knapp unter zwei Prozent, welches die EZB als Preisstabilität bezeichnet.

Die Märkte rechnen nach Draghis Äußerungen offenbar damit, dass die EZB nachlegen wird. Der Euro fiel auf den tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren, der Dax dagegen schoss nach Draghis Äußerungen deutlich ins Plus auf über 9400 Punkte.

Vieles deutet also darauf hin, dass die EZB die Märkte mit noch mehr billigem Geld beglücken wird. Denn auch wenn Draghi sich versöhnlich gegeben hat ist eins klar. Der Italiener ist nicht nur ein guter Schauspieler, er ist auch ein großer Stratege. Und wenn er will, wird er einen Weg finden, den EZB-Rat von neuen Maßnahmen zu überzeugen.

Ob die EZB aber gleich zum umfangreichen Kauf von Staatsanleihen greifen wird, bleibt fraglich. Denn Draghi ist nicht nur ein guter Schauspieler, er weiß auch dass diese Maßnahme höchst umstritten ist. Spätestens dann dürfte es ihm nicht mehr so leicht fallen, seine Kritiker vom Gegenteil zu überzeugen. Und genau daran hat der Italiener doch so viel Spaß.

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